European Association of Biblical Studies kurz vorgestellt
Nach nunmehr sechs Jahren wird Prof. Dr. Maria Häusl ihre Tätigkeit im Vorstand der European Association of Biblical Studies (EABS) im August 2021 beenden.
Die EABS ist eine internationale wissenschaftliche Gesellschaft, deren Ziel es ist, die Forschung zur Bibel und der verwandten Fächer zu voranzubringen, die Vernetzung der Wissenschaflter:innen zu stärken und eine Forum für die Präsentation der Ergebnisse zu bieten. Die EABS wurde 1996 gegründet, um den Austausch der Wissenschaftler:innen im Feld der Biblischen Theologie in Europa zu unterstützen. Inzwischen ist EABS eine kosmopolitische Gesellschaft, deren Mitglieder aus allen Regionen der Welt kommen. Allein, dass die jährliche Konferenz in einer Stadt in Europa stattfindet, zeigt noch den Bezug zu Europa.
In den vergangenen sechs Jahren, als Maria Häusl im Vorstand der EABS mitarbeitete, entwickelten sich die EABS zu einer wissenschaftlichen Gesellschaft mit mehr als 800 Mitglieder, viele davon wirken in Europa, viele kommen aber auch aus anderen Ländern der Erde. Und die EABS wächst weiter, besonders das Interesse der Nachwuchswissenschafter:innen am internationalen Austausch ist groß. Das wichtigste Ereignis der EABS ist die jährlich in einer europäischen Stadt veranstalteten Konferenz. Im Jahr 2021, das noch immer von Corona geprägt ist, wird die Konferenz vom 2.-5. August 2021 im virtuellen Raum stattfinden und von der Universität Wuppertal ausgerichtet werden. Für diese Konferenz sind knapp 500 Vorträge angemeldet, ein Programm, das gedruckt ca. 90 Seiten umfassen würde. Im Jahr 2022 Jahr ist die Konferenz in Toulouse (Frankreich) und im Jahr 2023 in Syrakus (Sizilien) geplant.
Dass es in Großbritannien und in Deutschland eine lange Tradition biblischer Forschung und eine hervorragende Forschungslandschaft gibt, dürfte vielen bekannt sein. In der EABS kommt aber die biblische Forschung aus allen Teilen Europas, von Island bis Russland und Bulgarien, von Finnland bis Sizilien, sowie aus den außereuropäischen Kontexten, aus Israel, Nordamerika, Afrika und Asien zur Sprache.
Die große Stärke der EABS ist, dass die Mitglieder ihre Forschung anhand gemeinsamer konkreter Forschungsthemen organisieren. Dieses Prinzip hält die EABS lebendig und aktuell. Man kann an den Titeln der Forschungsgruppen die aktuell in der internationalen Biblischen Theologie diskutierten Themen gut erkennen. Die Titel zeigen, dass nicht mehr einfach einzelne biblische Bücher, sondern differenzierte historische, kultur- und religionsgeschichtliche Forschungen im Fokus stehen. Drei wichtiger Felder seien genannt:
Archäologie und Ikonographie gehören inzwischen als Grundlagendisziplinen zur biblischen Forschung, zumal neue Grabungen und Funde neue Erkenntnisse eröffnen. Aktuell ist die Materialität des Schreibens (scroll approach) ein wichtiger Ausgangspunkt für die Frage nach der Entstehung der biblischen Schriften. Wie konnte etwa der Pentateuch als Einheit wahrgenommen werden, wen er für eine Schriftrolle zu umfangreich war?
Die Rezeptionsgeschichte wird in die Biblische Theologie hereingeholt und nicht mehr anderen Wissenschaften überlassen. Der moderne Film wird ebenso in den Blick genommen wie die slawonische Bibel oder die Rezeption der Bibel im iberischen Kontext, der vom Miteinander jüdischer, islamischer und christlicher Religion geprägt war.
Und schließlich ist eine breite Methodendiskussion zu erkennen, die von der Kritik historisch-kritischer Ansätze über die Reflexion zeitgenössischer Kontextualisierungen (z.B. Postcolonial und Queer Studies) bis hin zur Diskussion der Chancen der digital humanities (Einsatz von computergestützter Verfahren in den Geisteswissenschaften) für die Exegese.
Zwei Forschungsgruppen will ich exemplarisch herausgreifen.
Die Forschungsgruppe „Cultural Hegemony and the Power of Sacred Texts” (verantwortlich: Benedetta Rossi, Pontifical Biblical Institute und Danilo Verde, KU Leuven) stellt sich für die Entstehung und Rezeption der Biblischen Texte folgende Fragen, die bis heute Aktualität besitzen: Welche Rolle spielen biblische Erzählungen für die Konstruktion der Vergangenheit und die Kontrolle von Zukunftsentwürfen? In welchem Maß trägt die erzählende Erschaffung von Historie zur kulturellen Vorherrschaft (Hegemonie) im Antiken Israel / im sich entwickelnden Judentum bei? Was trägt das Eingreifen der Gottheit in die Geschichte zur Sicherung hegemonialer Ansprüche bei? Spiegeln konfligierende Erzählungen die Konflikte verschiedener hegemonialer Ansprüche? Sind in den biblischen Erzählungen anti-hegemoniale Stimmen bewahrt?
Die zweite Forschungsgruppe “Politization of Bibles and Biblization of Politics in the Twenty-First Century" (verantwortlich: Jeremy Punt, Stellenbosch University und Steffi Fabricius, University of Siegen) schließt hier unmittelbar an, wenn sie die Rezeption biblischer Narrative und Motive für die Programme, Reden und Zweck von Politiker:innen im 21. Jh. zum Thema machen. In diesem Jahr wird sich die Forschungsgruppe speziell mit der Indienstnahme der Bibel durch Populisten beschäftigen.