Kulturelle Vielfalt
Das UNESCO-Übereinkommen zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen von 2005 gilt als Magna Charta der internationalen Kulturpolitik. Es wurde 2006 von Deutschland ratifiziert, die Europäische Union ist ebenfalls beigetreten. Die Konvention statuiert zum ersten Mal in völkerrechtlich verbindlicher Weise das souveräne Recht der Staaten, „ihre Kulturpolitik zu formulieren und umzusetzen, sowie Maßnahmen zu beschließen, um die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen zu schützen und zu fördern sowie die internationale Zusammenarbeit zu verstärken“ (Artikel 5).
Insofern als die UNESCO-Konvention die Besonderheit kultureller Aktivitäten, Güter und Dienste anerkennt, ihre Bedeutung stärkt und Freiräume für die menschliche Kreativität schafft, ist sie ein wichtiges Gegengewicht zum WTO-Recht (GATT/GATS). Zugleich betont sie „equal dignity and respect for all cultures“ (Art. 2 (3) ebd.).
Der UNESCO-Lehrstuhl befasst sich mit der Forschung zur Umsetzung dieses völkerrechtlichen Vertrags. Um eine universelle Ratifikation des UNESCO-Übereinkommens zu erleichtern und die Umsetzung durch die Vertragsparteien in Zukunft wissenschaftlich zu begleiten, gab der UNESCO-Lehrstuhl für Internationale Beziehungen in Kooperation mit Prof. Dr. Peter-Tobias Stoll (Göttingen) einen englischsprachigen Kommentar zu diesem Übereinkommen heraus. An ihm wirkten Experten aus aller Welt mit, die über langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen, des WTO-Rechts und der Entwicklungszusammenarbeit verfügen. Der Kommentar zur UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen erschien 2012 gedruckt und als e-Book im Springer Verlag Berlin/Heidelberg.
Global Reports 2015 und 2018
2015 wurde der erste Weltbericht zur Vielfalt kultureller Ausdruckformen veröffentlicht, verfasst von 14 Kulturexperten, unter ihnen die Leiterin des Fachbereichs Kultur der Deutschen UNESCO-Kommission Christine M. Merkel. Der Weltbericht mit dem Titel "Re | Shaping Cultural Policies: A Decade Promoting the Diversity of Cultural Expressions for Development" stellt fest, dass viele Länder auf der Grundlage der UNESCO-Konvention von 2005 die kulturellen Wertschöpfungsketten erfolgreich gestärkt haben. Noch besonderer Handlungsbedarf besteht jedoch bei der Einbindung der Zivilgesellschaft, beim weltweiten Austausch von kulturellen Gütern und Dienstleistungen sowie bei der Künstlermobilität.
Im Dezember 2017 folgte der zweite Weltbericht mit dem Titel "Re | Shaping Cultural Policies: Advancing Creativity for Development". Die Autoren verzeichnen zahlreiche Fortschritte in der Kulturpolitik, kritisieren aber auch Defizite, beispielsweise beim ausgewogenen Zugang zu Handelsmärkten und bei der Künstlerfreiheit, Mobilität und Geschlechtergerechtigkeit. Ein besonderes Augenmerk legt der Bericht auf Kultur als Grundpfeiler für nachhaltige Entwicklung. Die Autoren fordern höhere Investitionen in Kreativität, mehr Arbeitsplätze im Kultursektor, die Beseitigung von Ungleichheiten sowie mehr Einsatz für nachhaltige Produktion und Konsum (Pressemitteilung der DUK).
Diese wichtige Schnittstelle von Kultur und nachhaltiger Entwicklung steht auch im Fokus der Arbeit des UNESCO-Lehrstuhls für Internationale Beziehungen (Forschungsprojekte).
Weitere Aktivitäten des UNESCO-Lehrstuhls zur kulturellen Vielfalt
Sabine von Schorlemer fungierte als Expertin der Domestic Advisory Group on EU-Korea Cultural Cooperation der EU-Kommission in Brüssel. Bei den Beratungen standen audiovisuelle Dienste und Möglichkeiten und Grenzen von Vorzugsbehandlungen (preferential treatment) im Vordergrund.
Hier erfahren Sie mehr über weitere Projekte des UNESCO-Lehrstuhls.
Ausgewählte Veröffentlichungen zur kulturellen Vielfalt
- Cultural Diversity, in: Rüdiger Wolfrum (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Max Planck Institute for Public International Law, Oxford University Press, Oxford 2009. Cultural Diversity (umfassende Überarbeitung und Aktualisierung im Erscheinen 2018)
- Sabine von Schorlemer; Peter-Tobias Stoll (Hrsg.): The UNESCO Convention on the Protection and Promotion of the Diversity of Cultural Expressions. Explanatory Notes, S. 778. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag, 2012
- Sabine von Schorlemer: Kulturpolitik im Völkerrecht verankert. Das neuen UNESCO-Übereinkommen zum Schutz der kulturellen Vielfalt, in: Zeitschrift Vereinte Nationen 6/2005, S. 217-223
- Sabine vom Schorlemer, Kunst und Freihandel. Der UNESCO-Streit um kulturelle Vielfalt, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 5/2005, S. 619-626
- Heidrun Groß, Kulturelle Vielfalt und Urheberrecht: Urheberrecht als Instrument im Rahmen des UNESCO-Übereinkommens zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen. In Sabine von Schorlemer (Hrsg.): Dresdner Schriften zu Recht und Politik der Vereinten Nationen 18, Frankfurt am Main: Peter Lang, 2013
Die vollständige Publikationsliste finden Sie hier.