01.06.2021
Neues DFG-Projekt
Lars Koch, Professor für Medienwissenschaft und Neuere Deutsche Literatur an der TU Dresden sowie Leiter des SFB-Teilprojekts K: "Theater der Diskriminierung. Darstellung und Reflexion invektiver Dynamiken in Gegenwartstheater, Performance und Aktionskunst", hat ein neues DFG-Projekt eingeworben, das demnächst starten und dann für 3 Jahre laufen wird:
"Schauergeschichten. Literarische Emotionspraktiken der Angst um 1800"
Das Projekt untersucht die literarische Bearbeitung von Angst in der deutschsprachigen Schauerliteratur um 1800. Es erforscht, wie sich literarische Angst in praxeologischer Perspektive hinsichtlich ihrer Gegenstände, Formen und Funktionen als Element einer Emotionspraxis der Sattelzeit genauer bestimmen lässt. Das literaturwissenschaftlich ausgerichtete Projekt macht es sich unter Einbeziehung emotionsgeschichtlicher und medienkulturwissenschaftlicher Ansätze zum Ziel, die spezifische historische Signatur der Angst im Untersuchungszeitraum herauszuarbeiten. Dementsprechend fasst das Projekt Angst als wissensgeleitete, performative Praktik, an die sich zwei Fragen richten lassen: nach der ästhetischen Gestalt historischer Angst in der Literatur einerseits, nach den produktiven Effekten populärliterarischer Kommunikation für die Ausprägung zeitgenössischer Angst andererseits. Daraus abgeleitet bearbeitet das Projekt drei Forschungsdesiderate: Es profiliert Angst in ihrer historischen Gestalt als eine Leitemotion deutschsprachiger Literatur um 1800 (1); es arbeitet an einer umfassenden emotionsgeschichtlichen Historisierung und Funktionsbestimmung der deutschsprachigen Schauerliteratur (2) und setzt literaturwissenschaftliche Emotionsforschung und Emotionsgeschichte in ein produktives Verhältnis zueinander (3).
Vor diesem Hintergrund will das Projekt anhand des im 19. Jahrhundert populären Genres der Schauerliteratur untersuchen, welche literarischen Verfahren und Techniken Angst in zeittypischer Weise artikulieren. Fokussiert wird dabei – einem weiten Begriffsverständnis von Schauerliteratur folgend – ein Korpus, der beispielsweise Friedrich Schillers Romanfragment Der Geisterseher (1787) ebenso miteinschließt wie E.T.A. Hoffmanns Nachtstücke (1816) oder auch Wilhelm Hauffs satirisch-schauerlicher Novelle Mittheilungen aus den Memoiren des Satans (1825/26), der besonders aber auch populärliterarische Texte der ‚zweiten‘ und ‚dritten‘ Reihe berücksichtigt. Um ein entsprechendes Ensemble von Primärtexten unter emotionspraxeologischen Gesichtspunkten analysieren zu können, gilt es deren wissens- und diskursgeschichtliche Kontexte miteinzubeziehen, also die schauerliterarische Angst auf ihre wechselseitigen Interferenzen mit dem zeitgenössischen Gefühlswissen einerseits und prominenten Angstdiskursen (Gespenster, Scheintod, Geheimbünde, Traum und Wahnsinn) andererseits zu befragen.
Wir gratulieren zur Bewilligung des spannenden Projekts!