Exkursion nach Pannonien im Herbst 2000
Bei der Ankunft in Szeged am 25. September wurden wir sehr herzlich vom dortigen Institut für Klassische Philologie begrüßt. Im Anschluss an das Mittagessen und die Ankunft im Quartier unternahmen wir einen Stadtrundgang durch Szeged. Besonders interessant war der Domplatz, auf dem sich der Demetriusturm aus dem 2. Jh. befindet.
Am Abend des selben Tages wurden wir zu einem Vortrag von Frau Tar über die lateinische Literatur in Ungarn eingeladen. Dabei brachte uns Frau Tar auch die wechselvolle Geschichte Ungarn nahe, in deren Kontext sie die lateinische Literatur Ungarns stellte. Die älteste erhaltene Schrift stammt aus dem 11. Jh. Sie berichtet von der Gründung einer Abtei. Aus dem 12. Jh. kennen wir die Gesta Hungarorum, die die Geschichte Ungarns beschreiben. Darüber hinaus wurden wir mit dem Janus Pannonius bekannt gemacht, der Epigramme schrieb und sich nicht scheute, dafür Anregungen bei Martial, Catull, Ovid oder Tibull zu nehmen. Im Anschluss an den Vortrag fand ein Empfang statt, bei dem wir das Institut und dessen Mitarbeiter und Studenten näher kennenlernten.
Am 26. September besuchten wir das Museum in Szeged, das einen großen Teil seiner Fläche den Avaren widmet, die im 6. Jh. aus Asien in das Gebiet kamen.
Die Synagoge, die 1900 bis 1903 erbaut wurde und sich in der Gutenberg utca befindet, wird nun zwar renoviert. Trotzdem hatten wir die Möglichkeit, die kunstvollen Fenster, auf denen Szenen aus dem Alten Testament dargestellt sind, in der Festbeleuchtung der Synagoge zu betrachten. Von außen sieht das Jugendstilgebäude eher schlicht aus. Es ist das größte Gotteshaus in Szeged und zugleich die größte Synagoge Europas. Die jüdische Gemeinde hatte vor dem 2. Weltkrieg etwa 7000 Mitglieder.
In der Stadtbibliothek sahen wir in einer Ausstellung bibliophile Kostbarkeiten. In der Sondersammlung des Kirchenmannes Somogyi findet man eine sorgfältig zusammengestellte Sammlung von Büchern zu allen Gebieten. Somogyi wählte die Exemplare mit Bedacht aus, las alles, was er kaufte und versah es mit Kommentaren. Die Sammlung wurde nach der katastrophalten Überschwemmung 1879 in Szeged der Stadt gestiftet und sollte Grundlage für die Neugründung einer Universität sein. Diese fand schließlich 1921 statt.
Am 27. September brachen wir mit Frau Tar und einigen ungarischen Studenten zu einer Arbeitsfahrt zu bedeutenden römischen Ausgrabungen in Ungarn auf. Unsere erste Etappe war die römische Stadt Gorsium.
Die Bilder unten zeigen das Theater und den sogenannten Apollontempel, der derzeit in zwei Schichten freigelegt wird. Im Lapidarium kann man sehen, dass Motive aus dem Trojanischen Krieg sehr beliebt waren, nicht nur bei den Einwohnern von Gorsium, wie wir erfuhren, sondern in ganz Pannonien.
Szombathely hält einige Ausgrabungen bereit. Im Ruinengarten können eine Straße, Bodenmosaike, Hypocausten betrachtet werden. Im Keller einer Bank kann die Ausgrabung einer Staßenkreuzung besichtigt werden. In einem kleinen Museum sind zahlreiche Inschriftenfunde ausgestellt. Im Zentrum der Stadt werden derzeit Ausgrabungen durchgeführt, die eine Schicht aus dem 4. Jh. freilegen sollen.
Nahe der österreichischen Grenze liegt Sopron. Dort ist inbesondere das didaktisch vorbildlich gestaltete Museum erwähnenswert, in dessen Keller sich ein umfangreiches Lapidarium befindet. Im Keller eines Versicherungsgebäudes ist ein Teil des Forums zu besichtigen. Dort soll die kapitolinische Trias gestanden haben und wahrscheinlich zwei Reiterstatuen, von denen die Basen erhalten sind.Der 61 Meter hohe Feuerturm besitzt einen quadratischen Sockel mit römischen Elementen, einen romanischen Teil (ein Erbe des Mittelalters), der Uhrenturm schließlich wurde in der Spätrenaissance bzw. Barock hinzgefügt.
Nach einem Abstecher auf das Schloss Esterhazy, errichtet von dem Feldmarschall Nikolaus Joseph Esterhazy Ende des 18. Jh., der übrigens auch Mäzen Haydns war, gelangten wir nach Budapest.Die ungarische Nationalbibliothek, die wir am 30. September besuchten, enthält 7 Mio. Bücher und Handschriften. In einer Sonderausstellung konnten wir u.a. erhaltene Blätter eines sonst verlorenen Codex und eine ungarische reich illustrierte Bibel sehen.
Wir sahen am selben Tag die Ausgrabungen der Militärstadt von Aquincum. Eindrucksvoll war nicht zuletzt die Rekonstruktion eines Gartens mit in römischer Zeit gepflegten archäologisch nachgewiesenen Pflanzen.
Das Hypocaustensystem römischer Gebäude wurde durch Ausgrabungen sowie Rekonstruktionen eindrucksvoll veranschaulicht.
In einem eigenen Gebäude wurde an Modellen rekonstruiert, wie Kleidung hergestellt und gefärbt wurde.Das angeschlossene Museum zeigt außerdem eine in Aquincum gefundene Wasserorgel sowie einen funktionierenden Nachbau. Eine zweite Wasserorgel wurde lediglich in Pompeji gefunden.