Realitäts-Check auf regionaler Ebene: Implikationen der CBD-COP15 für Sachsen
Beschreibung: Auf dem Weltbiodiversitätsgipfel in Montreal (CBD-COP 15) schlossen im Dezember 2022 fast 200 Teilnehmerstaaten eine globale Vereinbarung für Schutz, nachhaltige Nutzung und Wiederherstellung der Natur, das Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework. Das Artensterben und die Zerstörung von Lebensräumen sind auch in Sachsen drängende Herausforderungen, die eine umfassende politische und gesellschaftliche Antwort erfordern. Die Interim Dresdner Nexus-Konferenz (DNCi 2023) brachte daher Experten aus Wissenschaft, Industrie, Landwirtschaft, politischen Institutionen und Zivilgesellschaft zusammen, um zu diskutieren, wie Sachsen zu diesen globalen Zielen beitragen kann. Die DNCi 2023 zum Thema „Realitäts-Check auf regionaler Ebene: Implikationen der CBD-COP 15 für Sachsen“ ist eine gemeinsame Veranstaltung von der United Nations University Institute for Integrated Management of Material Fluxes and of Resources (UNU-FLORES), dem Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) und der Technische Universität Dresden (TU Dresden) mit Unterstützung des Sächsischen Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft (SMEKUL) im Rahmen seiner Kooperation mit UNU-FLORES.
Eindrücke des Tages sehen Sie in dem Video. Den Ergebnisbericht zur Veranstaltung finden Sie hier. Das Video wird in Kürze folgen.
Leitung/ Bearbeitung: Vera Braun (TU Dresden / UNU-FLORES), André Lindner (TU Dresden), Wolfgang Wende (IOER), Nora Adam (UNU-FLORES)
Laufzeit: 1 April 2023 – 31 Dezember 2023
Projektpartner: United Nations University Institute for Integrated Management of Material Fluxes and of Resources (UNU-FLORES), Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR), Sächsischen Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft (SMEKUL)
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
Zwei wichtige Ziele des Kunming-Montreal Global Biodiversity Frameworks sind die Wiederherstellung von mindestens 30 Prozent der geschädigten Land-, Binnengewässer-, Küsten- und Meeresökosysteme (Ziel 2), sowie effektiver Schutz und Bewirtschaftung von mindestens 30 Prozent der Land-, Binnengewässer-, Küsten- und Meeresökosysteme (Ziel 3) bis 2030. Wir empfehlen den Freistaat Sachsen, für den Schutz und die nachhaltige Nutzung von Biodiversität bestehende Landschaftspläne schnell umzusetzen und mit Umsetzungsfinanzierung auszustatten. Darüber hinaus sollte Sachsen das bundesweite grüne Infrastrukturkonzept aufgreifen und weiter detaillieren sowie ausbauen. Dieses Konzept sollte über die bestehende Schutzgebietskulisse hinausgehen und rechtlich verbindlich ausgestaltet werden. Die Schaffung eines bundesweiten Biotopverbunds sollte unterstützt werden, um die Vernetzung von Lebensräumen zu fördern. Um die Wiederherstellung degradierter Ökosysteme zu unterstützen, müssen geeignete Flächen in Sachsen identifiziert und Förderprogramme für eine gezielte Umsetzung geschaffen werden.
Etwa die Hälfte der Fläche Sachsens wird landwirtschaftlich genutzt. Die Landwirtschaft spielt eine wichtige Rolle für die Biodiversität, da sie maßgeblich die Landschaft prägt. Vor diesem Hintergrund sollten Biodiversitätsleistungen in der Landwirtschaft honoriert werden. Darüber hinaus empfehlen wir der Politik in Sachen kleinteilige und vielfältige Bewirtschaftungsformen, Smart Farming und Innovation im Bereich „Biologicals“ (biologischer Pflanzenschutz) für eine umfassende Pestizidreduktion, sowie den Anbau von angepassten lokalen und trockenheitsresistenten Arten zu fördern. Multifunktionale Landnutzung im Sinne der Biodiversität, z.B. Kombination von Photovoltaikanlagen mit landwirtschaftlicher Produktion, Paludikultur oder Agroforstwirtschaft, sollte ebenso bedacht wie gefördert werden.
Um die globalen Biodiversitätsziele zu erreichen ist eine Transformation aller Sektoren nötig. Unternehmen können eine bedeutende Rolle im Schutz, der nachhaltigen Nutzung und der Wiederherstellung der Biodiversität spielen, indem sie Biodiversitätsmanagement strategisch verankern. Die Politik in Sachsen sollte daher Anreize und Rahmenbedingungen schaffen, welche die Unternehmen dazu motivieren, biodiversitätsfreundliche Praktiken zu implementieren. Wir empfehlen daher das Schaffen von Förderprogrammen und Beratungsangeboten zu Managementkonzepten und Biodiversität-Assessment, biodiversitätsfreundlichen Landnutzungspraktiken und zu Weiterbildungsangeboten. Zudem kann eine Einführung von Labels, Zertifizierungssystemen und detaillierten Anforderungen unterstützen, die eine klare Kennzeichnung von biodiversitätsfreundlichen Produkten ermöglichen. Darüber hinaus sollte die Vergabe von öffentlichen Geldern an Biodiversitätsleistungen gebunden werden.
Für die Umsetzung des Global Biodiversity Framework spielt Bildung eine entscheidende Rolle durch die Sensibilisierung für die Bedeutung der Biodiversität und der ökologischen Zusammenhänge. Eine konsequente Einbindung des Themas Biodiversität in die Bildung auf allen formalen und informellen Ebenen ist daher von großer Bedeutung. Prozesse des lebenslangen Lernens und ebenso unterschiedliche Weltanschauungen, Werte und Wissenssysteme sind dabei anzuerkennen. Vor diesem Hintergrund sollte Biodiversität in seiner Komplexität und Interdisziplinarität in den Schulalltag wirkungsvoll implementiert werden. Projektwochen zum Thema Biodiversität könnten verpflichtend an Schulen eingeführt werden. Aufgrund der Anschlussfähigkeit an eine Bildung für Nachhaltige Entwicklung sind fächerverbindende und fächerübergreifende Zugänge, bspw. Projektunterricht und forschendes Lernen, besonders geeignet, um Biodiversität im Schulalltag zu verankern. Als Voraussetzung dafür müssen Lehrer:innen im Studium intensiver für den Umgang mit dem Thema geschult bzw. entsprechende Weiterbildungsangebote geschaffen und implementiert werden.
Ein zentraler Hebel für den Beitrag Sachsens zu dem Global Biodiversity Framework ist die Zusammenarbeit auf allen Ebenen und von allen Sektoren. Biodiversitätsziele müssen in alle politischen Sektoren integriert werden. Dazu wurde bereits eine interministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich regelmäßig treffen sollte, um die Biodiversitätsziele zu koordinieren und umzusetzen. Zudem empfehlen wir den Aufbau von regionalen Netzwerken um eine Plattform für Vernetzung und Zusammenarbeit von Wirtschaftsakteur:innen, Landwirt:innen, Wissenschaft und Naturschützer:innen zu unterstützen.