Forschungsfelder
Die Professur MST ist in vier Forschungsbereiche unterteilt:
A) Laseroptische Verfahren zur Messung komplexer Strömungen
Strömungsvorgänge in der Natur und Technik umfassen eine Vielzahl von interessanten Phänomenen. An der Professur MST werden neuartige Strömungsmessverfahren untersucht, mit denen spannende Anwendungen zur Strömungsmechanik erschlossen werden können. Beispiele sind die präzise Vermessung von Scherschichten oder Einspritzvorgängen, die Mikro- und Nanofluidik sowie Strömungen im Bereich der Biomedizin. Interferometrische und spektroskopische Verfahren kommen für die Schall- und Verbrennungsmessung zum Einsatz.
B) Adaptive computergestützte Endoskopiesysteme
Bestehende mikroendoskopische Systeme sind durch die Nutzung von Linsensystemen im Messkopf in ihrer minimalen Größe beschränkt und auf 2D-Abbildungen limitiert.
An der MST werden neuartige linsenlose 3D-Endoskopiesysteme mit Durchmessern unter 500 µm grundlegend untersucht, mit Industriepartnern realisiert und bei Forschungspartnern beispielsweise in der Optogenetik und Hirntumordiagnostik angewandt. Hierfür werden Methoden aus der digitalen Holographie zur In-vivo-Kalibrierung, der adaptiven Optik, der Ultrakurzpulslasertechnik, der Speckle-Messtechnik und digitalen Signalverarbeitung mittels Deep Learning angewendet.
C) Ultraschallbasierte Verfahren zur Untersuchung von mehrdimensionalen Strömungen opaker Medien
In einer Vielzahl von industriellen Anwendungen spielen Strömungen flüssiger Metalle eine zentrale Rolle. Liegen dabei magnetische Felder vor, kommt es zu komplexen Wechselwirkungen zwischen Strömung und Magnetfeld (Magnetohydrodynamik). Durch Modellexperimente mit niedrigschmelzenden Metallen können solche Prozesse nachgebildet und verstanden werden. An der Professur MST werden 3D-Ultraschall-Messverfahren entwickelt, mit denen die dort auftretenden komplexen Strömungen volumetrisch und mit hoher Bildrate erfasst werden können. Dazu kommen spezielle Ultraschall-Arrays und -Phased-Arrays zum Einsatz. Einhergehend mit numerischer Simulation werden die Kristallzuchtprozesse von Silizium untersucht, womit Aufschlüsse für die Realisierung von verbesserten Solarzellen gewonnen werden können.
D) Adaptive Lasersysteme für die Biomedizin.
Störungen bei der Lichtausbreitung können optische Messungen dramatisch verschlechtern oder sogar vollständig verhindern. Beispiele sind fluktuierende Oberflächen von Flüssigkeiten oder Licht streuendes biologisches Gewebe. Mit der Verfügbarkeit moderner adaptiver Optiken, wie deformierbaren Spiegeln und Flüssigkristallmodulatoren besteht die Möglichkeit, solche Lichtverzerrungen zu korrigieren. An der Professur MST wird erforscht, welche Methoden, Regelungsstrategien und Komponenten in optische Messverfahren implementiert werden können, um Messungen auch in Anwesenheit starker Störungen oder tief in biologischem Gewebe zu erlauben.
E) Informationsübertragung durch Multimode-Fasern
Thema:
Fortschritte bei Glasfasersystemen ermöglichen eine Verdoppelung des Datendurchsatzes alle neun Monate, was für die Weiterentwicklung des Internets von entscheidender Bedeutung ist. Um mit diesem anhaltenden exponentiellen Wachstum gemäß dem Keckschen Gesetz fertig zu werden, müssen neue Glasfaserkommunikationssysteme entwickelt werden. Im Gegensatz zu aktuellen Singlemode-Fasern haben Multimode-Fasern durch räumliches Multiplexing (SDM) erhebliches Potenzial. Es gibt jedoch herausfordernde Streueffekte in MMFs wie modales Übersprechen, das zu Kanalstörungen führt. Ein intelligenter (De)-Multiplexer mit KI wurde für die Kommunikation unter Ausnutzung von SDM realisiert. Physikalisch fundiertes Deep Learning ermöglicht die Korrektur der Streuung, was zu einer Verbesserung der Sicherheit und der Datenrate führt. Die Kontrolle der lateralen Phase von strukturiertem Licht verspricht Fortschritte in der klassischen und Quantenkommunikation mit Verschränkungsaustausch.
“Multimode Optical Interconnects on Silicon Interposer Enable Confidential Hardware-to-Hardware Communication”, Sensors, 2023
“AI-driven projection tomography with multicore fibre-optic cell rotation”. Nature Communications, 15, (2024)
“Securing Data in Multimode Fibers by Exploiting Mode-Dependent Light Propagation Effects”, Research, (2023)
“Intensity-only Mode Decomposition on Multimode Fibers using a Densely Connected Convolutional Network”, IEEE/OSA Journal of Lightwave Technology, (2021)
Leiter der Gruppe:
Jürgen Czarske wuchs auf einem 20 Hektar großen Bauernhof in dem kleinen Dorf Garbek in Schleswig-Holstein auf. Sein Abitur machte er mit Auszeichnung. Bis 1991 studierte er an der Leibniz Universität Elektrotechnik und Physik, gefördert durch ein Stipendium der Siemens AG. Mit summa cum laude wurde er 1995 promoviert. Von 1995 bis 2004 arbeitete er am Laser Zentrum Hannover, zuletzt als Leiter der Abteilung Messtechnik. Von 1996 bis 2001 führte er Kurzzeitaufenthalte an Forschungseinrichtungen in Japan und den USA durch. Nach seiner Habilitation im Bereich Lasermesstechnik im Jahr 2003 ist er seit 2004 C4-Professor an der Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik der TU Dresden. Prof. Czarske ist seit 2016 Direktor des Instituts für Schaltungen und Systeme und seit 2019 des Zentrums Biomedical Computational Laser Systems (BIOLAS). Er ist seit 2017 gewähltes Mitglied der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Lasertechnik (WLT e.V.), Erlangen, und Berater des OPTICA-SPIE-Student Chapter der TU Dresden. Im Jahr 2022 wurde er zum herausragenden Herausgeber von Light: Advanced Manufacturing (LAM) von Nature Publishing, China, ausgewählt. Seit 2023 ist Prof. Czarske Mitglied des Redaktionsausschusses von Light: Science and Applications.