Geschichte der Fakultät Maschinenwesen
Maschinenwesen als Keimzelle der TU Dresden
Die Entstehung und Entwicklung der Fakultät Maschinenwesen ist eng mit dem industriellen Aufschwung in Deutschland und Europa im ausgehenden 19. und 20. Jahrhundert verbunden. Fortschrittliche Gelehrte und Politiker erkannten die revolutionären Möglichkeiten, die die neuen angewandten Wissenschaften für die kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung boten. Ihrem Wirken ist es zu verdanken, dass der Beruf des Ingenieurs und die Technikwissenschaften gesellschaftlich anerkannt und heute Träger des menschlichen Fortschritts sind.
Die Entwicklung der Fakultät Maschinenwesen von der Mechanischen Abteilung der Anfangsjahre bis heute hat die Entwicklung der TU Dresden maßgeblich bestimmt.
Als die Technische Bildungsanstalt Dresden - Vorläufer der heutigen Universität im Jahre 1828 in der Elbestadt gegründet wurde, befand sich die industrielle Revolution in Sachsen erst in den Anfängen. Doch mit dieser neuen Bildungsstätte erhielt Sachsen die Möglichkeit, dringend benötigte Mechaniker und Techniker für die einheimische Industrie auszubilden und so die industrielle Entwicklung zu fördern.
Ihr erster Leiter war der Geodät, Astronom und Meteorologe Wilhelm Gotthelf Lohrmann. Als profiliertester Wissenschaftler der ersten Jahrzehnte gilt allgemein Johann Andreas Schubert. Er war einer der bedeutendsten sächsischen Ingenieure des 19. Jahrhunderts, ein Lehrer mit umfassenden Kenntnissen der Mathematik und der Mechanik, des Maschinenbaus und des Bauingenieurwesens. Er konstruierte die erste deutsche Dampflokomotive, die »Saxonia«, und die ersten sächsischen Elbdampfschiffe. Auch die Göltzschtalbrücke im Vogtland entstammt seinen Intentionen als Ingenieur.
Schon 1851 war die Technische Bildungsanstalt eine Polytechnische Schule.
1871 erhielt sie die Anerkennung als Königlich-Sächsisches Polytechnikum, ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Technischen Hochschule. Schon damals war eine Allgemeine Abteilung eingerichtet, in der Lehrstühle für Nationalökonomie und Statistik, Deutsche Sprache und Literatur sowie Kunstgeschichte vereinigt waren. Diese Allgemeine Abteilung hatte schon in den folgenden Jahren einen ausgezeichneten Ruf und übte für die Entwicklung zu einer universitas litterarum einen hervorragenden Einfluss aus.
1865 begann die Ausbildung von Lehrern für Mathematik, Naturwissenschaft und Technik. Die Fachabteilungen Maschinenbau, Bauwesen und Chemie hatten sich bald wissenschaftlich profiliert und verhalfen der Schule über die Grenzen Sachsens hinaus zu Ansehen.
1878 wurde eine Habilitationsordnung erlassen, und Anfang der achtziger Jahre führte man Diplomprüfungen ein.
Große Verdienste erwarb sich in dieser Zeit Gustav Anton Zeuner, ein international bekannter Wissenschaftler auf dem Gebiet der theoretischen Maschinenlehre und der technischen Thermodynamik. Er übernahm die Direktion der Schule und entwickelte das Polytechnikum zu einer Einrichtung mit universitärem Charakter.
Dem wurde schließlich 1890 mit der Verleihung des Status Technische Hochschule und 1900 mit den Promotionsrechten auch amtlich entsprochen. Das Ende des 19. und die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts brachten der Hochschule ihre entscheidende wissenschaftliche Profilierung. Neue Institute waren mit dem Wirken vieler bedeutender Gelehrter an der Hochschule verbunden. Zu ihnen gehörten neben den bereits genannten Heinrich Barkhausen, der schon 1911 an der TH Dresden das erste Institut für Schwachstromtechnik in Deutschland gründete, die Chemiker Fritz Foerster und Walter König, der Starkstromtechniker Ludwig Binder, der Messtechniker Georg Berndt.
Genannt sei auch der berühmte Romanist Victor Klemperer, der bis zu seiner Vertreibung durch die Nationalsozialisten an der Technischen Hochschule wirkte. Wichtige Lehrgebäude der TU Dresden tragen heute die Namen solcher hervorragender Gelehrter.
Bedeutungsvoll für den polytechnischen Charakter der Hochschule war das Jahr 1929, als sich die Forstliche Hochschule Tharandt mit der TH Dresden vereinigte. Von nun an gehörte die traditionsreiche und weltweit älteste forstliche Lehranstalt, die bereits 1816 von Heinrich Cotta gegründete Forstakademie und spätere Forstliche Hochschule Tharandt und mit ihr ein wichtiges und vielseitiges großes Wissenschaftsgebiet, die Forstwirtschaft, zur Dresdner Alma mater.
Das wissenschaftliche Profil der Technischen Hochschule Dresden hatte immer mehr universellen und damit universitären Charakter. Neben der großen Breite ingenieurwissenschaftlicher Disziplinen gehörten auch Wirtschafts- und Geisteswissenschaften, die Pädagogik und natürlich die Naturwissenschaften zum wissenschaftlichen Potential dieser Hochschule. Dem ist 1961 durch die neue Bezeichnung Technische Universität Dresden Rechnung getragen worden. Erster Rektor der Universität war der international bekannte Chemiker Kurt Schwabe. Die Vereinigung mit der ehemaligen Ingenieurhochschule Dresden (1861 als Städtische Gewerbeschule gegründet) ließ im Jahre 1986 die Biomedizinische Technik als weitere Ingenieurdisziplin hinzukommen.
Seit der deutschen Wiedervereinigung wurden den traditionellen natur- und ingenieurwissenschaftlichen Fachgebieten neue Fakultäten im Bereich der Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften sowie der Medizin hinzugefügt. Damit verfügt die Technische Universität Dresden heute über ein wissenschaftliches Spektrum in Forschung und Lehre, das in seiner Breite und Vielfalt nur an wenigen Universitäten Deutschlands zu finden ist.
Quellen:
Technische Universität Dresden, Herausgeber: Der Rektor der Technischen Universität Dresden, November 1992
Technische Universität Dresden, Herausgeber: Akademisches Auslandsamt der Technischen Universität Dresden, März 1994
1828 Gründung der Technischen Bildungsanstalt
In den 1820er-Jahren befand sich Sachsen in einer wirtschaftlichen Krise, da die europäischen Märkte von England dominiert wurden. Um dieser Herausforderung zu begegnen, setzte Sachsen auf Wissenschaft und Bildung. Die Gründung der Technischen Bildungsanstalt im Jahr 1828 in Dresden erfolgte parallel zu der Etablierung von Technischen Hochschulen in Deutschland und war ein bedeutender Meilenstein in der Region. In den Gründerjahren prägten besonders zwei herausragende Wissenschaftler die Entwicklung der Technischen Bildungsanstalt: Johann Andreas Schubert und Julius Ambrosius Hülße.
Unter der Leitung von Johann Andreas Schubert entwickelten sich der Maschinenbau und der Eisenbahnbau zu treibenden Kräften der sächsischen Industrialisierung. Schubert formte eine Generation von Maschinenbauern heran, die durch innovative Entwicklungen englische Maschinen nicht nur verbesserten, sondern auch übertrafen.
Im Jahr 1835 erfuhr die Anstalt eine Neuausrichtung durch ein neues Organisationsstatut, das eine Erweiterung der wissenschaftlichen Ausbildung festlegte. Damit erlangte die Technische Bildungsanstalt die Anerkennung als Institution für eine anspruchsvolle technische Ausbildung.
In dieser Phase wurden auch erste Lehrbücher und Standardwerke zur Mechanik und zur Maschinenlehre erarbeitet.
Unter Hülße gewann Dresden an Bedeutung als Zentrum für technologische Ausbildung. Die von ihm initiierte Mechanisch-Technologische Sammlung betonte insbesondere die Wichtigkeit des Lehrfachs Mechanische Technologie als Schlüssel für eine praxisorientierte Ausbildung. Hülßes Leitung brachte der Bildungsanstalt, die 1851 zum Polytechnikum aufstieg, eine tiefgreifende Reorganisation. Diese Neugestaltung zielte darauf ab, eine moderne Ingenieurausbildung bereitzustellen, die den Anforderungen der sich in Sachsen rasch entwickelnden Industrialisierung gerecht wurde. In diesem Zuge wurde auch die Volkswirtschaftslehre eingeführt.
Unter der Direktion von Hülße erhielt das Polytechnikum die Befugnis, staatliche Prüfungen abzunehmen, was einen bedeutenden Meilenstein darstellte. Bereits zu dieser Zeit zeichnete sich das Ausbildungsprofil durch seine Breite aus. Die obere Abteilung wurde in drei Sektionen unterteilt: A für Maschinenbau, B für Straßen-, Eisenbahn-, Wasser- und Brückenbau sowie C für praktische Chemie (chemische Technologie).
1873 Die Ära Zeuner
Gustav Anton Zeuner leitete das Polytechnikum Dresden von 1873 bis 1890 und trieb während seiner Amtszeit die Freiheit von Lehre und Forschung voran. Unter seiner Führung wurden entscheidende Schritte in Richtung einer Hochschulverfassung unternommen.
Ursprünglich ein Student der Bergakademie Freiberg, wurde Zeuner von Julius Weißbach für den Maschinenbau begeistert. Aufgrund seiner Teilnahme am Maiaufstand von 1849 war ihm jedoch eine wissenschaftliche Karriere in Sachsen verwehrt, weshalb er ins Ausland ging. Nach 16 Jahren als Professor für Mechanik und Maschinenelemente und als Direktor des Eidgenössischen Polytechnikums Zürich kehrte er 1871 zunächst nach Freiberg und 1873 in Doppelfunktion nach Dresden zurück. Sein ingenieurtechnisches Standardwerk "Technische Thermodynamik" legte die wissenschaftlichen Grundlagen für die Entwicklung effizienter Dampfkraftmaschinen.
Unter Zeuners Leitung wurde 1878 eine Habilitationsordnung eingeführt, und 1883 wurden erstmals staatlich anerkannte Diplomprüfungen abgenommen. Im Jahr 1890 fand das langjährige Ringen um eine Statusveränderung des Dresdner Polytechnikums seinen Höhepunkt, als die Dresdner Schule den Status einer Technischen Hochschule erhielt. Auf Zeuners Vorschlag wurde Ernst Hartig zum ersten Wahlrektor ernannt.
Die bedeutendste Hinterlassenschaft von Zeuner dürfte zweifellos seine wissenschaftliche Schule der technischen Thermodynamik gewesen sein. Diese Schule hat herausragende Ingenieurwissenschaftler hervorgebracht, darunter Leonidas Lewicki, Richard Mollier, Wilhelm Nußelt, Walther Pauer und Friedrich Merkel.
1890 Konsolidierung und Erweiterung in der Technischen Hochschule
Die Maschinenwissenschaften am Ende des 19. Jahrhunderts zeichneten sich durch eine Vielfalt an theoretischen Grundlagen aus. Auch an der Technischen Hochschule (TH) Dresden gerieten die Maschinenwissenschaften in die Auseinandersetzung zwischen theoretisch grundlagenorientierten und praxisorientierten Strömungen. Dieser Meinungsstreit trug zur Weiterentwicklung bei, wobei das Experiment eine bedeutende Rolle als Anschauungs- und Validierungsinstrument spielte. Hartig, ein Pionier des wissenschaftlichen Experimentierens, führte wegweisende Versuche zur Leistung und zum Arbeitsbedarf von Textil-, Werkzeug- und Landmaschinen durch.
In dieser Phase um die Jahrhundertwende wurde ein Maschinenlabor aufgebaut, das vor allem durch die Ideen von Zeuner geprägt war und die Grundzüge der technischen Wärmelehre mit der Theorie der Wärmekraftmaschine vereinte. Zeuners erklärtes Ziel war es, die Leistung und den Wirkungsgrad der Dampfmaschine deutlich zu steigern.
Im Jahr 1900 erhielt die Technische Hochschule Dresden das Recht, den Titel „Doktor-Ingenieur“ zu verleihen. Die erste Ehrendoktorwürde wurde auf Antrag der Mechanischen Abteilung an den Dresdner Industriellen Friedrich Siemens verliehen. Die Einführung des Promotionsrechts eröffnete neue Perspektiven für die Forschung, was sich wiederum positiv auf die Entwicklung der Studentenschaft auswirkte.
1920er-Jahre Rationalisierung im Maschinenbau
Die turbulenten Entwicklungen während des Ersten Weltkriegs und die anschließende Rationalisierung der gesamten Wirtschaft zu Beginn der Weimarer Republik führten zu ständig neuen Forschungsfeldern in den Ingenieurwissenschaften. Es entstanden eigenständige Bereiche wie Messtechnik, Werkstoffkunde, Verpackungstechnik, Werkzeugmaschinen, Fertigungsverfahren, Maschinenelemente, Getriebetechnik, Feinwerktechnik, Kraftfahrwesen und Wärmetechnik. Das Maschinenwesen an der Technischen Hochschule (TH) Dresden passte sich diesen Entwicklungen an, indem Institute und Versuchseinrichtungen gegründet wurden: 1923 das Institut für Werkzeugmaschinenuntersuchungen und Fertigungsverfahren, 1924 das Institut für Spezielle Mechanische Technologie, 1928 die Einrichtung eines Verpackungsprüffeldes – ein deutschlandweit einzigartiges Vorhaben bis 1945 – und 1934 das Institut für Betriebswirtschaft.
Parallel dazu erfuhren auch die Grundlagen des Maschinenwesens eine Weiterentwicklung. Es kam zur Herauslösung der Festigkeitslehre, Elastizitätstheorie, Hydro- und Aerodynamik aus der Allgemeinen und ihre Integration in die Mechanische Abteilung. Im Jahr 1923 wurde die erste außerordentliche Professur für Getriebelehre und Mechanik des Maschinenwesens eingerichtet – die erste ihrer Art in Deutschland. Die ab 1926 regelmäßig veranstalteten Getriebetagungen unter dem Dach des VDI (Verein Deutscher Ingenieure) wurden von Dresden initiiert und bis zum Zweiten Weltkrieg insgesamt fünfmal von der TH Dresden ausgerichtet.
Rüstungsforschung, Zerstörung, Neubeginn
Im Jahr 1933 begann in Deutschland, und damit auch an der Technischen Hochschule Dresden, ein düsteres Kapitel, das 12 Jahre lang dauerte und weltweit Elend, Vernichtung und Zerstörung brachte. Deutschland befand sich im Spannungsfeld zwischen aktiver Unterstützung der nationalsozialistischen Diktatur, Anpassung, Mitläufertum und Widerstand. Ewald Sachsenberg gehörte zu den parteilosen und unangepassten Professoren; 1939 wurde er beurlaubt.
Die zunehmende Verstrickung in die Machenschaften des NS-Regimes ging auch an der Fakultät Maschinenwesen nicht spurlos vorüber und führte zu enormen Verlusten von humanitären Werten, von Menschen und von Infrastruktur.
1945 Die Fakultät Maschinenwesen im Wiederaufbau und in der DDR
Die Folgen der nationalsozialistischen Diktatur und des Krieges waren verheerend. Mit der Kapitulation am 8. Mai 1945 begann für die Technische Hochschule ein neues Kapitel. Die Wiedereröffnung im September 1946 markierte auch den Beginn des Wiederaufbaus der Ingenieurausbildung. Dies war kein einfacher Prozess, da zahlreiche Funktionsträger mit dem NS-System verbunden und in die Rüstungsforschung verstrickt waren. Zwischen liberalen rechtsstaatlichen Bestrebungen und kommunistischer Ideologie entstand ein neues Spannungsfeld. Anfangs konnte eine junge Generation, die aus leidvoller Erfahrung nach neuen Horizonten strebte, den Wiederaufbau maßgeblich beeinflussen. Zu ihnen gehörten unter anderem Kurt Koloc, Hans Faltin, Werner Albring, Alfred Jante und Werner Boie.
Mit der Gründung der DDR im Jahr 1949 begann die Geschichte der Fakultät Maschinenwesen in der sozialistischen Diktatur als Geschichte von Wissenschaft und Wissenschaftlern in einem autoritären Staat. Das Ausbildungssystem wurde zunehmend den Forderungen der Parteiideologie untergeordnet. Dennoch erzielten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Professoren trotz der ideologischen Einflussnahme hervorragende Leistungen in Ausbildung und Forschung. Die erste Dekade nach der Wiedereröffnung der TH Dresden war durch die Restrukturierung von Instituten und die Bildung neuer Fakultäten geprägt, entsprechend der Erweiterung und Aufteilung der Wissensgebiete.
Mit der Ernennung der Technischen Hochschule zur Technischen Universität Dresden im Jahr 1961 begann eine neue Ära für die Fakultät Maschinenwesen. Die Eingliederung der Fakultät für Luftfahrtwesen im gleichen Jahr stärkte insbesondere die Entwicklung der Strömungslehre unter Albring.
Die Hochschulreform von 1968 brachte jedoch einen gravierenden Einschnitt mit sich und führte zur Auflösung der Institute. Im Zuge dieser Reform entstanden in der Fakultät Maschinenwesen 5 sogenannte Sektionen. Ungeachtet der politischen Einflussnahme entwickelte sich der Lehr- und Forschungsbetrieb der Fakultät Maschinenwesen innovativ und kontinuierlich weiter. Grundlagenforschung und angewandte Projekte strebten nach einer ausgewogenen Balance.
Besonders bemerkenswert waren die Fortschritte in den Bereichen Festkörpermechanik, Konstruktion, Energietechnik und Fertigungstechnik. Ab den 1980er-Jahren gewannen auch die Elektronisierung und Automatisierung im Maschinenwesen sowie alternative Feuerungssysteme an Bedeutung. Der Aufbau eines Wissenschaftszentrums für Produktionsautomatisierung unter dem damaligen Rektor Hans-Jürgen Jacobs fiel bereits in die Zeit des Umbruchs durch die deutsche Wiedervereinigung.
Auch zwischen 1945 und 1989 waren Mitglieder der Fakultät in politische Aktivitäten verwickelt oder unterstützten den SED-Staat als Mitläufer. Es erforderte Mut und Charakterstärke, trotzdem an freiheitlichen Idealen festzuhalten. Anfangs gehörten dazu die erwähnten Professoren der ersten Stunde. Mit zunehmendem Einfluss der SED auf die Berufungen standen liberale Hochschullehrer jedoch meist nur in der zweiten Reihe als Dozenten.
1989 Die Fakultät Maschinenwesen nach der Wiedervereinigung bis heute
Beschäftigte, Professorinnen und Professoren und Studierende engagierten sich aktiv bei der Neugestaltung der Hochschule nach der politischen "Wende" von 1989. Innerhalb kürzester Zeit mussten neue Strukturen, Gremien und Verwaltungsabläufe geschaffen werden. Diese Erneuerung wurde maßgeblich von einem Wissenschaftler der Fakultät Maschinenwesen vorangetrieben.
Günter Landgraf war der erste demokratisch gewählte Rektor der TU Dresden nach der Wiedervereinigung Deutschlands. Er erhielt Unterstützung von zahlreichen Mitgliedern der Fakultät, darunter Franz Holzweißig, der als erster demokratisch gewählter Dekan der Fakultät fungierte.
Für die Fakultät Maschinenwesen begann eine Phase des Aufholens im bundesdeutschen und internationalen Wettbewerb. Die einst hochentwickelten Netzwerke des sozialistischen Lagers brachen zusammen, während neue, westlich orientierte Netzwerke auf- und ausgebaut werden mussten. Studiengänge wurden reformiert und etabliert, während die Infrastruktur sowohl in Bezug auf die Gebäude als auch die Ausstattung erneuert werden musste. Einiges wurde schnell umgesetzt, während sich anderes nach und nach entwickelte. Ab den frühen 2000er-Jahren hatte sich die Fakultät Maschinenwesen zu einer Fakultät entwickelt, die im nationalen Ranking durchaus mit den TU9-Fakultäten vergleichbar war. Bereiche wie Leichtbau, Textiltechnik, Landmaschinenbau und Energietechnik waren in der Spitzenforschung sehr aktiv.
Die Fakultät Maschinenwesen von heute ist keine klassische Maschinenbau-Fakultät mehr, sondern vereint in einer akademischen Struktureinheit die Fachbereiche Maschinenbau, Verfahrenstechnik und Naturstofftechnik sowie Werkstoffwissenschaft. Sie ist die wissenschaftliche Heimat für nahezu alle Material- und Stoffklassen. Diese Interdisziplinarität ermöglicht eine ganzheitliche Betrachtung von Materialentwicklungen auf atomarer Ebene bis hin zu Anwendungen im makroskopischen Maßstab in Be- und Verarbeitungstechniken, Prozessgestaltung, Produktdesign, Verarbeitungsmaschinen und Produktionseinrichtungen sowie für ein nachhaltiges Material-, Produkt- und Prozessdesign.
Die Fakultät Maschinenwesen war bereits in der ersten und ist auch in der zweiten Runde der Exzellenzinitiative mit Professuren an Excellenzclustern aktiv beteiligt.
Mit der in der ersten Exzellenzinitiative unter dem damaligen Rektor, Professor Hans Müller-Steinhagen, initiierten Bereichsbildung hat die Fakultät Maschinenwesen eine aktive Rolle bei der Entwicklung des Bereiches Ingenieurwissenschaften, gemeinsam mit der Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik und der Fakultät Informatik übernommen und die Synergiepotentiale insbesondere im Hinblick auf Anwendungen in der Mikroelektronik, Robotik und Digitalisierung im Maschinenbau, der Verfahrenstechnik und der Werkstoffwissenschaft genutzt.
Die Fakultät Maschinenwesen besteht aus 13 Instituten mit 54 Professuren, wovon 42 direkt von der TU Dresden und 12 in gemeinsamen Verfahren berufen wurden. Die Zusammenarbeit mit außeruniversitären Einrichtungen, nicht nur im Rahmen von Berufungsverfahren, sondern auch im Kontext von DRESDEN-concept, eröffnet der Fakultät zahlreiche Möglichkeiten für interdisziplinäre Kooperationen. Die Abbildung „Fakultät Maschinenwesen in Zahlen“ bietet einen Überblick über die aktuelle Leistungsfähigkeit der Fakultät in Bezug auf Studierende, Drittmittel, Koordinierte Programme, Graduiertenkollegs, Start-ups und Publikationen, Preise sowie Patente.
Zur 100-jährigen Geschichte des Zeuner-Baus
Folien zum Vortrag von Klaus Mauersberger/ Kustodie der TU Dresden am 07.12.2005 an der Fakultät Maschinenwesen.
Bedeutende Wissenschaftler im Maschinenwesen
Die folgenden Biografien stellen einige der Persönlichkeiten aus dem Bereich Maschinenwesen vor, die den guten Ruf der Technischen Universität Dresden als höhere technische Bildungsstätte mit begründeten. Zu ihrem Andenken tragen einige Gebäude unserer Universität Namen der Wissenschaftler.
Mit freundlicher Genehmigung und © TU Dresden, Kustodie
Er wurde am 19. März 1808 als Sohn eines armen Bauern im vogtländischen Wernesgrün geboren. Glückliche Umstände führten ihn in eine Leipziger Pflegefamilie, welche ihm eine gediegene Ausbildung ermöglichte. Während des Studiums an der Bauschule der Dresdner Kunstakademie trat Schuberts außergewöhnliche Begabung zutage. In der Werkstatt des Dresdner Mechanikers Blochmann lernte er die handwerkliche Seite des Maschinenbaus kennen und wurde zugleich in die Problematik der Konstruktion eingeführt. Der Mathematiklehrer Fischer nahm ihn als Famulus an die 1828 gegründete Technische Bildungsanstalt Dresden mit. Schubert gelang es in den folgenden Jahren, den Unterricht im Fach Maschinenbau praktisch und zunehmend auch theoretisch zu qualifizieren. 1830 übernahm er selbständig die Fächer Geometrie und Mechanik. Reisen nach England ermöglichten es ihm, technische Prozesse tiefgründig kennenzulernen und diese zur Unterstützung der heimischen Industrie zu kopieren.
In Dresden-Übigau gründete er 1836 eine Maschinenbau-Aktiengesellschaft. Das Unternehmen produzierte vor allem leistungsfähige Dampfkessel und beförderte die Entwicklung der sächsischen Industrie. Hier entstand auch der Kessel für Schuberts "Saxonia", die 1839 als erste deutsche Dampflokomotive anläßlich der Einweihung der Eisenbahnstrecke Leipzig-Dresden in Dienst gestellt wurde. Die technische Vielseitigkeit Schuberts, der auch den ersten sächsischen Elbdampfer baute, war nutzbringend für die weitere Entwicklung der Technischen Bildungsanstalt. Mit Übernahme der Fächer Baukunde, Straßen- und Wasserbau wurde er zum ersten Vertreter des Bauingenieurwesens an der Vorgängereinrichtung der heutigen Technischen Universität Dresden. Sein Name steht auch im Zusammenhang mit der technischen Lösung des Problems der Göltzschtal- und der Elstertalbrücke. 1851 übernahm Johann Andreas Schubert - nach einer Übergangszeit als Direktor der Technischen Bildungsanstalt - das Amt des Vorstandes der Bauingenieurabteilung.
Im April 1869 aus dem Lehramt verabschiedet, verstarb er am 6. Oktober 1870 in Dresden.
Im Mai 1873 wurde der Geh. Bergrat Gustav Anton Zeuner aus Freiberg als Direktor des Kgl. Sächs. Polytechnikums nach Dresden berufen. Die Bergakademie Freiberg hatte Zeuner bereits als Student kennengelernt, dort erwachte sein Interesse für den Maschinenbau. An der Leipziger Universität 1853 promoviert, führte ihn der Weg zum Eidgenössischen Polytechnikum nach Zürich. Als Professor für Technische Mechanik und Maschinenlehre und ab 1865 als Direktor wirkte Zeuner 16 Jahre lang an dieser namhaften Hochschule, an der sich bedeutende Zeitgenossen wie Franz Reuleaux (1829-1905) und Gottfried Semper (1803-1879) um eine Verschmelzung von technischer und humanistischer Bildung verdient machten. Zeuner erhielt die entscheidenden Impulse für seine spätere Dresdner Tätigkeit. Als Professor für Mechanik und theoretische Maschinenlehre begründete er in Dresden die wissenschaftliche Schule der Technischen Thermodynamik. Sein Buch "Technische Thermodynamik" galt als Standardwerk für die Ingenieurausbildung.
Zeuners Wirken als Direktor des Dresdner Polytechnikums wurde für die innere und äußere Entwicklung der Schule bedeutungsvoll. Durch eine Erweiterung des Lehrangebots, den Ausbau der Allgemeinen Abteilung und die Berufung renommierter Hochschullehrer gelang es ihm, das wissenschaftliche Niveau des Polytechnikums den Erfordernissen der Zeit entsprechend zu gestalten. 1878 konnte eine Habilitationsordnung erlassen werden. Trotz der umfangreichen organisatorischen Aufgaben spielte die wissenschaftliche Arbeit nie eine untergeordnete Rolle, seine besondere Aufmerksamkeit galt stets der Mechanischen Abteilung des Polytechnikums.
Im Jahr 1890 wurde Zeuners langjähriges Bemühen von Erfolg gekrönt und das Dresdner Polytechnikum in den Rang einer Technischen Hochschule erhoben. Damit erfolgte gewissermaßen eine Gleichstellung mit den Universitäten, wenn auch das Promotionsrecht erst nach weiteren zehn Jahren erteilt wurde. Eine würdige Verabschiedung des freiwillig zurücktretenden langjährigen Direktors beendete 1889 die "Ära Zeuner". Mit der Einführung des Wahlrektorats begann eine neue Etappe in der Geschichte der TH Dresden. Gustav Anton Zeuner, Inhaber vieler Auszeichnungen, wirkte bis März 1897 als Hochschullehrer. Er starb am 17. Oktober 1907 in Dresden.
Im Januar 1836 wurde Ernst Hartig als Sohn einer Weberfamilie in Stein unweit von Chemnitz geboren. Nach dem Besuch der Gewerbeschule in Chemnitz studierte er an der Polytechnischen Schule in Dresden und schloss das Studium 1856 erfolgreich ab. Bereits im Januar 1857 erschien seine erste Veröffentlichung über ein von ihm entwickeltes „Dynamometer für Arbeitsmaschinen mit Zähl- und Zeichenapparat“, das u.a. durch seine spätere Verbreitung auch über Deutschlands Grenzen hinaus seinen Ruf als Wissenschaftler begründete. Durch Vermittlung und Förderung seines Lehrers Prof. Hülsse untersuchte er zunächst die sächsische Steinkohle auf ihre Heizkraft, absolvierte 1859/1861 ein anderthalbjähriges Praktikum in der führenden Maschinenfabrik Richard Hartmann in Chemnitz und besuchte 1861/62 die Universität in Leipzig, an der er 1863 zum Dr. phil. promovierte.
Seit Mitte 1862 war er als Lehrer an der Polytechnischen Schule in Dresden tätig und wurde im Oktober 1865 zum Professor für Mechanische Technologie berufen. 1871 wurde die Polytechnische Schule in Polytechnikum umbenannt und erhielt eine Hochschulverfassung. An der inhaltlichen Neugestaltung nahm E. Hartig regen Anteil und führte eine Reihe neuer Lehrveranstaltungen ein, wie z.B. Kinematik, Werkzeugmaschinen und Baumaschinen, die er selbst wahrnahm. 1875 übernahm er die Herausgabe der seit 1854 erscheinenden Zeitschrift „Der Civilingenieur“ und im gleichen Jahr übertrug ihn einer der Begründer der mechanischen Technologie, Prof. Karmarsch, der in Hannover wirkte, die Überarbeitung und Herausgabe einer Neuauflage des in ganz Deutschland anerkannten Handbuches der mechanischen Technologie. Nach dem Tode von Karmarsch 1879 wurde E.Hartig der führende Wissenschaftler auf diesem Gebiet in Deutschland. Zahlreiche Veröffentlichungen auf den Gebieten der Material- und Bauteilprüfung, des Patentwesens, der Technikgeschichte, der Textil- und Papiertechnik sowie der technischen Begriffswelt kennzeichnen ihn als einen in großer Breite wirkenden Lehrer und Forscher.
Als Ergebnis seines herausragenden Wirkens folgte 1888 ein ehrenvoller Ruf an die Technische Hochschule in Wien. Nachdem bereits ein solcher 1874 an das Eidgenössische Polytechnikum Zürich erfolgt war und die Annahme desselben durch Prof. Zeuner verhindert werden konnte, setzte dieser sich auch diesmal sehr für den Verbleib E. Hartigs in Dresden ein, so daß durch das Zugeständnis wesentlich günstigerer Konditionen E. Hartig dem Polytechnikum erhalten blieb. Zusammen mit Stuttgart erfolgte 1890 die Ernennung zur Technischen Hochschule, nachdem die anderen polytechnischen Bildungseinrichtungen diese Umwandlung wesentlich früher erfahren hatten. Damit wurde die bisherige Direktoratsverfassung, nach der der Direktor durch ministeriellen Beschluss eingesetzt wurde, durch ein Wahlrektorat abgelöst. Mit der von 31 stimmberechtigten Professoren erfolgten Wahl zum ersten Rektor der Königlichen-Sächsischen Technischen Hochschule in Dresden erreichte E. Hartig den Höhepunkt seiner Laufbahn als Hochschullehrer.
Der damals üblichen einjährigen Amtsperiode folgten noch einige als Prorektor sowie 1894/95 die Leitung der chemischen Abteilung und 1899 erneut die der mechanischen Abteilung. Am 23.04.1900, genau zehn Jahre nach seiner Rede als 1. Wahlrektor wurde E. Hartig durch einen Hirnschlag mitten aus seinem Schaffen gerissen.
Mit freundlicher Genehmigung und © Prof.Dr.-Ing.habil.(em) Völkner
Richard Mollier wurde am 30. November 1863 in Triest geboren und besuchte dort bis 1882 das Deutsche Gymnasium. In Graz und München studierte er Mathematik, Physik und Maschinenbau. Die 1892 an der TH München vorgelegte Habilitationsschrift über das Wärmediagramm begründete Molliers wissenschaftlichen Ruf auf dem Gebiet der Technischen Thermodynamik. 1896 erfolgte die Berufung an die Universität Göttingen als Professor für angewandte Physik und Maschinenlehre, 1897 nahm Mollier den Ruf nach Dresden an. Mit den 1904 in der VDI-Zeitschrift veröffentlichten "Neuen Diagrammen zur Technischen Wärmelehre" gab er den Ingenieuren ein Hilfsmittel in die Hand, dessen Bedeutung für den Aufschwung der Wärmekraftmaschinen bald erkennbar wurde. Ständig war Mollier bemüht, seine "Neuen Tabellen und Diagramme für Wasserdampf" zu verbessern und dem neuesten Stand der Technik anzupassen. Dieses Werk wurde in alle Fach- und Handbücher übernommen und somit Allgemeingut der Ingenieure in der ganzen Welt.
Mollier arbeitete auch auf dem Gebiet der Vergasungs- und Verbrennungsvorgänge, befasste sich mit Dampfmaschinen, Verbrennungsmotoren und Kälteanlagen. Vorlesungen und Übungen in den Fachgebieten Technische Thermodynamik, Technische Hydraulik, Kältemaschinen, Kinematik und Gasmaschinen festigten seinen Ruf als Hochschullehrer. Viele Probleme ließ Mollier durch seine Assistenten bearbeiten und erkannte ihnen die Autorenschaft zu. Im Jahr 1928 empfing er die höchste Auszeichnung des VDI, die Grashof-Denkmünze. Die größte Ehrung war wohl der Beschluss des Thermodynamik-Kongresses 1923 in Los Angeles, alle Diagramme, die auf einer Koordinate den Wärmeinhalt darstellen, nach Richard Mollier zu benennen.
1931 trat Mollier in den Ruhestand. Wenige Jahre danach, am 13. März 1935, verstarb er im Alter von 72 Jahren in Dresden.
Vor 125 Jahren, am 16.12.1875, wurde Adolph Nägel in Döhlen/Sachsen geboren. Er schloss an der TH Dresden 1903 sein Maschinenbaustudium ab, promovierte, habilitierte und übernahm 1908 als Professor den Lehrstuhl für Kolbenmaschinen im Maschinenlaboratorium, gleichzeitig Stellvertreter des Direktors, Richard Mollier. Am Anfang standen zwei als wichtig geltende experimentelle Arbeiten über den Einfluss des Mischungsverhältnisses in der Gasmaschine und über die Zündgeschwindigkeit explosibler Gasgemische (1906 - 1908). Als Adolph Nägel am 21.09.1939 starb, hatte sich das Maschinenlaboratorium, dessen Leitung er nach der Emeritierung Richard Molliers am 01.04.1933 übernahm, mit großem Erfolg zu einer erstklassigen wissenschaftlichen Forschungsstätte auf dem Gebiet der Arbeitsverfahren schnelllaufender Dieselmotoren und Verbrennungsmotoren allgemein entwickelt [D1].
Adolph Nägel war Rektor der TH Dresden von 1923 bis 1925 und 1928, dem Jahr des hundertjährigen TH-Jubiläums. Was können uns - und vor allem den jetzt Studierenden - diese herausgegriffenen Erinnerungen sagen? Denn Ingenieurarbeit und -ergebnisse flossen in die Technik der damaligen Zeit, das Überlebenswerte sind - für die meisten Menschen unbekannt - mehr oder wenig maßgebliche Bausteine unserer jetzigen Technik. Mollier und Nägel stehen am Ende des Methodenstreits im 19. Jahrhundert zum Hochschulstudium: Im „Schlepptau des praktischen Bedürfnisses“ oder zum mathematisch orientierten, der Praxis vorauseilenden Ingenieurstudium? Das Ergebnis des Streites waren Synthetiker, die die Technikwissenschaften zwischen Theorie und Praxis ansiedelten [K1].
Richard Mollier studierte Mathematik, Physik, Maschinenbau und setzte 1897 als Zeuner-Nachfolger die Dresdner Schule der Thermodynamik fort [M1]. In Nägel hatte Mollier einen begabten Experimentator gefunden, der fähig war, aus den Versuchsergebnissen weiterführende Schlussfolgerungen zu ziehen und klar zu formulieren. Für Verbrennungsfragen sind schnell veränderliche Drücke, Temperaturen, Konzentrationen, Bewegungen u. a. zu messen. So entstand in den Anfangsjahren im Maschinenlaboratorium die messtechnische Tradition, möglichst trägheitsarme elektrische und optische Messverfahren anzuwenden [M1, N2].
Adolph Nägel war Mitglied vieler ingenieurwissenschaftlicher Gremien, aktiver Tagungsteilnehmer und international anerkannt. Im Jahr 1924 hat er im Auftrag des VDI (Verein Deutscher Ingenieure) viele amerikanische Hochschulen sowie mit großen Geldmitteln unterstützte wissenschaftliche Laboratorien besucht. Als Schlussfolgerung in seinem Reisebericht (VDI-Zeitschrift 1925) betont er, dass an deutschen Hochschulen neben der notwendigen Zweckforschung nie auf die freie Grundlagenforschung verzichtet werden sollte. Erinnernswert ist Nägels ideale Einstellung zum Ingenieurberuf. Er warnte in seiner Rede als neugewählter Rektor (1923) die Studenten, niemals die Gleichung „Arbeit gleich Geld“ anzuerkennen. Nägel zitiert Helmholtz: „Nur die Arbeit, und zwar die gemeinnützige Arbeit für ein ideales Ziel, gibt dauernde Befriedigung.“ [N1].
Den Arbeitsstil im Maschinenlaboratorium hat Merkel 1929 [K2] wie folgt charakterisiert: Bemühen um einfache Modellansätze für die vollständige mathematische Beschreibung mit anschließender Prüfung am Experiment, Aufzeigen gemeinsamer Gesichtspunkte auf den verschiedensten Gebieten, ständiger Kontakt mit Fachkollegen, verständliche Darstellung bei physikalischer Strenge. - Das ist sicher auch gegenwärtig eine gute Orientierung.
Literatur
- [D1] Dreyhaupt, F.: Nachruf für Prof. Dr. Adolph Nägel. MTZ - Motortechnische Zeitschrift 1939, H. 6, S. 200
- [K1] König, Wolfgang: Künstler und Strichezieher. Konstruktions- und Technikkulturen im deutschen, britischen, amerikanischen und französischen Maschinenbau zwischen 1850 und 1930. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1999
- [K2] Kaiser, E.; Woschni, G.: 100 Jahre Forschung am Maschinenlaboratorium Dresden. MTZ Motortechnische Zeitschrift 56 (1995) H. 10, S. 614 - 616
- [M1] Mollier - Ehrung der Sektion Energieumwandlung. Wiss. Z. d. TU Dresden 24 (1985) H. 2, S. 113 - 124
- [N1] Nägel, Adolph: Die Aufgabe der akademischen Jugend. Ansprache bei Übernahme des Rektorats der Sächsischen Technischen Hochschule am 28.02.1923
- [N2] Nägel, Adolph : Neuere Versuche über die Entstehung und den Ablauf der dieselmotorischen Verbrennung. Schriften der Deutschen Akademie der Luftfahrtforschung. 1939, H. 9, S. 265 - 285
Mit freundlicher Genehmigung und © TU Dresden, Prof.Dr.-Ing. habil. E. Kaiser, Institut für Energiemaschinen und Maschinenlabor, Professur für Mess- und Automatisierungstechnik
Geboren als Sohn eines Kaufmanns in Trier am 19. März 1875, studierte Karl Kutzbach 1893 bis 1895 an der TH Aachen und bis 1897 an der TH Berlin-Charlottenburg Maschinenbau. An dieser Hochschule arbeitete er auf dem Gebiet der Theorie und der Konstruktion von Kolbenmaschinen; im Jahre 1900 wechselte er in das Konstruktionsbüro von MAN. Zum 1. Oktober 1913 berief die TH Dresden Karl Kutzbach auf den Lehrstuhl für Maschinenelemente der Mechanischen Abteilung. 1919 wurde er Leiter des Versuchs- und Materialprüfamtes der TH Dresden, einer öffentlichen und von der Industrie gern genutzten Einrichtung.
Zu Kutzbachs Veröffentlichungen zählen der Abschnitt "Maschinenteile" im Ingenieurtaschenbuch "Hütte", eine erste exakte Gesamtdarstellung der Maschinenelemente sowie Arbeiten über die Grundlagen der Zahnradberechnung, über Keilriemengetriebe und mehrgliedrige Radgetriebe. Ein besonderes Verdienst ist die Entwicklung eines Verfahrens, wonach es auf einfache Art möglich ist, Drehzahl und Geschwindigkeit von komplizierten Umlaufrädergetrieben festzustellen. Nach 1922 sind besonders seine Leistungen auf dem Gebiet der Normung von Verzahnungen hervorzuheben. Grundlegend arbeitete er an der mechanischen Leistungsverzweigung mit Zwanglauf universellen Charakters, an Kardangelenken und an der Theorie der Schwingungsketten. Wertvolle Gedanken für den Flugmotorenbau enthält das Buch "Prüfung, Wertung und Weiterentwicklung von Flugzeugmotoren".
1928 erhielt er die Ehrendoktorwürde der TH Hannover.
Karl Kutzbach, der bei Fachkollegen und Studenten gleichermaßen hohes Ansehen und Verehrung genoss, verstarb am 25. April 1942 in Dresden.
Der in Hannover geborene Enno Heidebroek studierte Maschinenbau an der Technischen Hochschule seiner Heimatstadt. 1899 diplomierte er mit sehr gutem Erfolg, eine Assistentenzeit an der TH Berlin-Charlottenburg schloss sich an. Nach bereits einem Jahr reichte er eine Dissertationsschrift "Vergleichende Untersuchungen über die hydraulischen Eigenschaften der Überdruckturbinen" in Hannover ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kampf der technischen Hochschulen um das Promotionsrecht endlich zum Erfolg geführt. Enno Heidebroek gehörte zu den ersten Wissenschaftlern in Deutschland, denen 1901 der akademische Grad eines Dr.-Ing. verliehen wurde. Die weitere berufliche Entwicklung führte ihn in die Praxis des Maschinenbaus. 1911 berief die TH Darmstadt Enno Heidebroek als Professor für Maschinenelemente und Getriebelehre. Für die Amtsperiode 1923/24 wählte ihn der Senat zum Rektor dieser Hochschule.
Im Jahre 1931 erfolgte die Berufung an die TH Dresden. Heidebroek übernahm den Lehrstuhl für Maschinenkunde und Fördertechnik; internationale Anerkennung fanden seine Lehrveranstaltungen über Maschinenelemente. Er war stets um eine enge Verbindung von Theorie und Praxis bemüht, seine wissenschaftlichen Arbeiten orientierten sich an den Bedürfnissen der Industrie. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte er zu den Persönlichkeiten, die die Voraussetzungen für eine Neueröffnung der schwer zerstörten TH Dresden schufen. Bereits in der Vorbereitungsphase war er zum Rektor gewählt worden. In der schweren Zeit des Neubeginns übte Heidebroek, zwar gesundheitlich stark beeinträchtigt, aber geistig voller Energie, seine Lehr- und Forschungstätigkeit aus. Unter seiner Leitung wurden aktuelle ingenieurtechnische Probleme bearbeitet, z.B. Untersuchungen an Ölen und Gleitwerkstoffen. 1947 übergab Heidebroek das Rektorat an seinen Nachfolger, den Psychologen Werner Straub, blieb aber bis zu seinem Tod am 1. Februar 1955 der Hochschule weiterhin eng verbunden.
Friedrich Eduard Ewald Sachsenberg, als Sohn eines Industriellen am 16. Juni 1877 in Roßlau an der Elbe geboren, studierte nach dem Besuch des Gymnasiums von 1900 bis 1904 an der TH Berlin-Charlottenburg das Fach Schiffs- und Maschinenbau. Nach dem Studium war er zwei Jahre im Konstruktionsbüro der Friedrich Krupp AG Germaniawerft in Kiel tätig. 1907 wurde er an der TH Berlin mit einer Dissertation "Über den Widerstand von Schleppzügen" zum Dr.-Ing. promoviert. Nach einem Arbeits- und Studienaufenthalt in Großbritannien trat er im Sommer 1908 als Prokurist und Technischer Leiter in eine Tochterwerft des Familienunternehmens Gebrüder Sachsenberg AG in Köln-Deutz ein. Während des Ersten Weltkrieges arbeitete er als Betriebsdirigent der Kaiserlichen Werft Wilhelmshaven, anschließend als Organisationsingenieur und Betriebsleiter der Firma R. Frister AG in Berlin-Oberschöneweide sowie als Prokurist in der Reichstreuhandgesellschaft AG in Berlin.
Nach 16 Jahren Berufspraxis legte Sachsenberg im Jahr 1920 an der TH Berlin seine Habilitationsschrift vor und begann eine erfolgreiche Lehrtätigkeit als Privatdozent für Werftorganisation und Werftbetriebsverfahren. In seiner Berliner Zeit, die von reger Publikationstätigkeit geprägt war, hatte er das Amt des Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Betriebsingenieure inne und war Schriftleiter bei der Zeitschrift "Der Schiffbau". Als im Jahr 1920 die Mechanische Abteilung der TH Dresden auf Drängen der Industrie einen Lehrstuhl für Betriebswissenschaften beantragte und auf die Suche nach geeigneten Kandidaten für die Besetzung ging, kam auch Sachsenberg ins Gespräch. Das mit großer Umsicht betriebene Berufungsverfahren brachte dem praxiserfahrenen Sachsenberg auf Grund mehrerer positiver Gutachten über einen Einervorschlag am 1. Mai 1921 die Ernennung zum ordentlichen Professor für Betriebswissenschaften ein. Der 42jährige Sachsenberg, er war indessen verheiratet und hatte zwei Kinder, übersiedelte nach Dresden und begann hier eine langjährige, außerordentlich fruchtbare wissenschaftliche Tätigkeit.
Neben dem Lehrauftrag für Allgemeine Mechanische Technologie, Fertigungslehre und Betriebswissenschaften oblag ihm als Sammlungsdirektor die Aufsicht über die Mechanisch-Technologische Sammlung, die er sukzessive mit einer Sammlung für Betriebswissenschaften erweiterte. Zum systematischen Aufbau der Betriebswissenschaften an der TH Dresden unter der Ägide von Ewald Sachsenberg zählte 1922 die Gründung eines Psychotechnischen Instituts, im Jahr darauf die Gründung eines Instituts für Werkzeugmaschinenuntersuchungen und Fertigungsverfahren sowie 1924 die Zusammenlegung des letzteren mit dem Lehrstuhl für Mechanische Technologie. Damit einher ging auch die Einrichtung bzw. die Erweiterung entsprechender Prüffelder. Hervorzuheben ist der Aufbau des Verpackungs-Prüffeldes im Jahr 1928, des ersten und damals einzigen seiner Art in Deutschland.
Neben umfangreicher Lehr-, Forschungs- und Publikationstätigkeit war Sachsenberg mit verschiedenen Leitungsaufgaben betraut, so im AWF-Ausschuß Fließarbeit und als Dekan der Mechanischen Abteilung. Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten begann für den nationalliberal gesinnten und dem Freimaurertum zugehörigen Sachsenberg eine konfliktreiche Zeit, die schließlich 1939 mit seiner Beurlaubung wegen Nichterfüllung der Bedingungen des Berufsbeamtengesetzes und 1940 mit seiner vorzeitigen Abberufung als Hochschullehrer ein schmähliches Ende fand.
Am 14. Juli 1946 verstarb Ewald Sachsenberg nach schwerer Krankheit in Berlin.

Foto: TU Dresden, AvMZ (Archiv)
Am 22. April 1880 wurde Georg Wilhelm Berndt als Sohn eines Schlossermeisters in Stettin geboren. Nach dem Besuch des Realgymnasiums begann er in Halle das Studium der Mathematik und Physik und wurde 1901 zum Dr.phil. promoviert. 1903 habilitierte er sich in Breslau als Physiker und nahm eine Tätigkeit als Privatdozent auf. Von 1909 bis 1913 war er als Professor und Direktor des Physikalischen Instituts in Buenos Aires/Argentinien tätig. Ende 1913 begann er in Berlin in der Industrie zu arbeiten, zugleich lehrte Georg Berndt an der TH Berlin-Charlottenburg. In der Industrie spezialisierte er sich auf dem Gebiet der Herstellung und Kontrolle von Messzeugen und der Normung.
Mit seiner Berufung im Jahre 1924 an die TH Dresden als Professor für Messtechnik und wissenschaftliche Grundlagen des Austauschbaus wurde Georg Berndt auch Direktor des neugegründeten Instituts gleichen Namens. Für einige Jahre übernahm er vertretungsweise den Lehrstuhl für Werkstoffkunde. Das Institut blieb über 30 Jahre lang die einzige Einrichtung dieser Art und gilt als Vorbild für alle späteren. Die Bedeutung Berndts für die Messtechnik ist außerordentlich groß. Durch schnelle Umsetzung in die industrielle Praxis erreichten seine Forschungsergebnisse eine hohe Effektivität.
Mit einem international gültigen Normenwerk und der gleichzeitigen Entwicklung von Messgeräten und Messverfahren zur Prüfung der festgelegten Normen in der Längen- und Feinmesstechnik schufen Berndt und seine Mitarbeiter auch ein anerkanntes Ausbildungsmodell. In seinem langen Gelehrtenleben verfasste er 16 Bücher und 440 Veröffentlichungen für Zeitschriften. Berndt gehörte seit 1919 dem Deutschen Normenausschuss an und war Mitglied weiterer wissenschaftlicher Gesellschaften. 1946 zählte er zu den Professoren, die trotz hohen Alters ihre Kraft für den Neuaufbau der TH Dresden zur Verfügung stellten. 1953 erhielt das Institutsgebäude den Namen Berndt-Bau.
Georg Berndt verstarb am 2. Juni 1972 in Dresden.
Nur kurze Zeit war es Merkel vergönnt, sich der Wissenschaft zu widmen. Doch die wissenschaftlichen Leistungen, die er in nur neun Jahren erbrachte, stehen gleichberechtigt neben dem Lebenswerk seiner bedeutenden Kollegen.
Mit dem Wintersemester 1911/12 hatte Friedrich Merkel ein Maschinenbaustudium an der TH München begonnen, wo er 1913 die Vordiplomprüfung für Maschineningenieure ablegte. 1914 wechselte er zur TH Dresden, meldete sich aber bald als Kriegsfreiwilliger. Kurz vor Kriegsende erlitt er eine schwere Verletzung, die ihn für ein Jahr ans Krankenbett fesselte. So konnte Merkel erst im Jahre 1919 das Studium an der TH Dresden fortsetzen, welches er 1920 als Diplomingenieur abschloss. Richard Mollier, der den begabten Absolventen als Assistent im Maschinenlaboratorium beschäftigte, regte dessen wissenschaftliche Arbeit in vielfältiger Weise an. Zunächst befasste Merkel sich mit der Theorie der Dampf-Luft-Gemische; bereits im Mai 1922 konnte er seine Dissertationsschrift "Beitrag zur Thermodynamik des Trocknens" verteidigen. Die folgenden zwei Jahre gehörten der wissenschaftlichen Arbeit an spezifischen Problemen der Thermodynamik. Im März 1924 legte Merkel eine Habilitationsschrift "Über Verdunstungskühlung" vor. Das Buch "Die Grundlagen der Wärmeübertragung" (1927) gibt eine Darstellung des gesamten, mit der Zeuner/Mollierschen Schule begründeten Forschungsgebietes.
Im Mai 1928 erfolgte die Berufung Friedrich Merkels zum außerordentlichen Professor für Theoretische Maschinenlehre am Maschinenlaboratorium der Mechanischen Abteilung der TH Dresden. Zeitgenossen rühmen Merkels Fähigkeiten als Hochschullehrer, aber auch seine Begabung für technisch-organisatorische Aufgaben. Die Arbeiten zur Berechnung von Kühltürmen ("Merkelsche Hauptgleichung") gelten der internationalen Fachwelt als Vorbild. In den wenigen Jahren seines Wirkens war Friedrich Merkel weit über Sachsen hinaus bekannt geworden. Sein plötzlicher Tod am 15. September 1929 machte die Wissenschaft um einen ihrer hoffnungsvollsten Vertreter ärmer.
"Obwohl die Menschheit das Feuer als Segen oder Schrecken seit Jahrtausenden kennt, ist der physikalisch-chemische Vorgang der Verbrennung noch recht wenig wissenschaftlich durchdrungen". Dieses Zitat von Professor Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Werner Boie, langjähriger Direktor des Instituts für Wärmetechnik und Wärmewirtschaft (1950 bis 1967) unserer Universität, der am 26. September diesen Jahres 100 Jahre alt geworden wäre, ist in einer Abhandlung von 1957 zu den Aufgaben der Wissenschaft auf dem Gebiet der Dampferzeugung enthalten. In der Tat: Es war sein Verdienst, auf dem Gebiet der Verbrennung und Verbrennungsrechnung wissenschaftliche Grundlagen geschaffen und allgemeingültige, nicht auf einen bestimmten Brennstoff zugeschnittene Formeln und Diagramme entwickelt und veröffentlicht zu haben. Mit dem Buch "Vom Brennstoff zum Rauchgas" stellte Boie, ein anerkannter Fachmann der Wärme- und Kraftwerkstechnik, die Verbrennungsrechnung für Praktiker auf die Basis dimensionsloser, statistisch erfasster Kennwerte um, was ihm internationale Anerkennung brachte.
Der 1901 in Dresden Geborene war nach dem Studium und der Promotion bis zu seiner Berufung zunächst über viele Jahre in der Industrie als Projektant, Bauleiter und Betriebsleiter tätig. Aus dieser Zeit stammen solche hervorragenden Neuerungen wie die Einführung des ersten Strahlungsüberhitzers der Welt (1931) und der Bau des ersten hyperbolischen Kühlturms in Deutschland. Der seit 1946 vakante Lehrstuhl für Wärmetechnik und Wärmewirtschaft an der Fakultät Maschinenwesen der Technischen Hochschule Dresden, der seinen Ursprung in dem von Prof. Walther Pauer (1887-1971) geleiteten Lehrstuhl für Dampfkessel und Wärmewirtschaft hatte, wurde schließlich ab 01. April 1950 mit Werner Boie besetzt.
In seine 16jährige Tätigkeit als Hochschullehrer fallen die Forschungen zur Verbrennung im Allgemeinen und von salzhaltiger Rohbraunkohle im Besonderen, die Ausbildung von etwa 500 Absolventen und nahezu 100 Veröffentlichungen, darunter Beiträge für das Taschenbuch Maschinenbau und die Wärmetechnische Arbeitsmappe des VDI. Von 1959 bis 1961 war er Dekan der Fakultät Maschinenwesen. Auch die Planungen zur Wärmeversorgung der Universität stammen aus seiner Feder. Besondere Anerkennung wurde ihm 1968 durch die Verleihung der Ehrendoktorwürde der TH Magdeburg zuteil.
Zwischenzeitlich liegen eine Vielzahl von wissenschaftlichen Untersuchen zur Verbrennung und zu deren Berechnung vor. Boie selbst hat 1968 anlässlich seiner Ehrenpromotion noch praktische Verbrennungsformeln für Erdgas vorgestellt, und erst kürzlich konnte ein Doktorand am Institut für Abfallwirtschaft und Altlasten in seiner Promotionsschrift nachweisen, dass sich die von Boie entwickelten Kennziffern für feste Brennstoffe auch auf Abfallstoffe anwenden lassen.
Boie verstarb nach kurzer Krankheit am 6. Oktober 1978 in Dresden. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Alten Annenfriedhof der Stadt.
Eine gebührende Reflektierung seiner Leistungen und eine Würdigung seines 100. Geburtstages erfolgte zum internationalen XXXIII. Kraftwerkstechnischen Kolloquium in Dresden, 23./24.10.2001, im Rahmen eines Plenarvortrages seines Schülers Prof. A. Sturm Von der Kennziffer zum Wissensmanagement.
Mit freundlicher Genehmigung und © TU Dresden, Dr. Koppe, Institut für Energietechnik, Professur Kraftwerkstechnik
Am 30. Oktober 1901 wurde Willibald Lichtenheldt als Sohn eines Malermeisters in Werdau/Sa. geboren. Er besuchte die Realschule in Werdau, wo er 1918 die Reifeprüfung ablegte und war danach zwei Jahre als Praktikant im Feingerätebau, und zwar der MASS-Industrie GmbH Werdau (MASSI) tätig. Anschließend absolvierte er die Ingenieurschule in Zwickau. Nach zehnjähriger Tätigkeit als Konstrukteur in der Industrie begann er mit 33 Jahren ein Hochschulstudium auf dem Gebiet des Allgemeinen Maschinenbaus an der damaligen Technischen Hochschule in Dresden. Zwei Jahre nach Beendigung des Studiums promovierte er an der TH Berlin-Charlottenburg zum Dr.-Ing. und konnte bereits 1942 seine Habilitationsschrift ebenfalls in Berlin erfolgreich verteidigen.
Auf Grund seiner wissenschaftlichen Leistungen sowie seiner engen Praxisverbundenheit setzten sich die Professoren KARL KUTZBACH und ENNO HEIDEBROEK bald nach dem Freiwerden der Professur für Getriebelehre an der damaligen TH Dresden dafür ein, dass selbige im Jahre 1943 durch WILLIBALD LICHTENHELDT neu besetzt werden konnte. Er hat das von HERMANN ALT begründete Fachgebiet mit Tatkraft weitergeführt, und zwar ganz im Sinne von JOHANN ANDREAS SCHUBERT und LUDWIG BURMESTER.
Nach Kriegsende war er zunächst in der Industrie - unter anderem bei Carl Zeiss Jena - tätig, bevor im September 1950 seine Wiederberufung an die TH Dresden erfolgte. Nun widmete er sich mit seinem hervorragenden pädagogischen Talent der Erziehung und Ausbildung der studentischen Jugend. Seine lebendige und klare Vortragsweise sowie sein Verständnis für die jungen Menschen machten ihn bald zu einem beliebten und geachteten Hochschullehrer. Aus den Vorlesungen über Getriebelehre entstand schließlich sein bekanntes Lehrbuch «Konstruktionslehre der Getriebe», das in fünf Auflagen erschienen ist und auch ins Russische übersetzt wurde. Die Wertschätzung seiner Kollegen zeigte sich unter anderem auch darin, dass er für die Jahre 1951 bis 1955 zum Dekan der Fakultät Maschinenwesen gewählt wurde. In diesem Amt würdigte er stets vor den neuimmatrikulierten Studenten die schöpferische Arbeit des Konstrukteurs, die den Wert der industriellen Produktion mitbestimmt, als eine der vornehmsten Aufgaben der Fakultät. Zu seinem 75. Geburtstag verlieh ihm die Technische Hochschule «Otto von Guericke» Magdeburg die Ehrendoktorwürde.
Anlässlich seines 100. Geburtstages würdigte die Technische Universität Dresden das Leben und Wirken dieses markanten Hochschullehrers mit einem Ehrenkolloquium und der Umbenennung des großen Hörsaals im Zeunerbau in «Lichtenheldt-Hörsaal».
Mit freundlicher Genehmigung und © TU Dresden, Prof.Dr. Modler, Institut für Festkörpermechanik, Professur Getriebelehre
Walther PAUER, geboren am 1. April 1887, begann als 20jähriger nach dem Abitur am Regensburger Gymnasium das Studium in Maschinenbau an der TH München. Nach dem Studium, dass er mit Auszeichnung als Diplomingenieur abschloss, war er zunächst für 2 Jahre als Berechnungsingenieur bei MAN in Nürnberg tätig, bevor er 1913 als Assistent bei Nägel (1875-1939) am Lehrstuhl für Kolbenmaschinen der TH Dresden seine Tätigkeit aufnahm.
Walther PAUER promovierte 1920 mit der Arbeit „Betrachtungen über Gegendruck- und Entnahmemaschinen“ und habilitierte sich mit einer Arbeit über „Berechnungen von Entnahmedampfmaschinen“ an der Fakultät Maschinenwesen und wurde zunächst zum außerordentlichen und 1933 zum ordentlichen Professor und Inhaber des Lehrstuhles für Dampfkessel und Wärmewirtschaft an die TH Dresden berufen. Er bezog ökonomische Größen in wärmetechnische Berechnungen ein, was im Studium des Maschinenbaues bis zu diesem Zeitpunkt erstmalig war. PAUER übernimmt 1924 auch die Betriebsleitung des Fernheiz- und Elektrizitätswerkes.
Die Luftangriffe zum Ende des 2. Weltkrieges (13./ 14. Februar 1945) verwandelten die Stadt Dresden in Schutt und Trümmer, viele Häuser wurden zerstört. Auch die Gebäude der Technischen Hochschule waren davon betroffen. Das Machinenlaboratorium war zu 80 Prozent und das Fernheiz- und Elektrizitätswerk zu etwa 30 Prozent zerstört. Wertvolles Inventar wurde vernichtet. Der Hochschulbetrieb wurde eingestellt. Die Instandsetzung der zerstörten und beschädigten Gebäude wurde gleich nach Beendigung des Krieges in Angriff genommen. Im Herbst 1946 erfolgte die Wiedereröffnung und ein Jahr später die Volleröffnung der TH. Unter Leitung und tätiger Mithilfe von PAUER und HEIDEBROEK (1876-1955), dem ersten Rektor nach der Wiedereröffnung bis 1947, begannen die Aufräumungs- und Bergungsarbeiten am Maschinenlaboratorium und dem Heizwerk. Ab Oktober 1946 mussten viele Wissenschaftler, so auch PAUER, in die Sowjetunion. “Wiedergutmachung” war der Grund. 1952 konnte er in seine alte Wirkungsstätte – die TH Dresden – als Professor mit Lehrstuhl und Direktor des Instituts für Energiewirtschaft an der Fakultät Maschinenwesen zurückkehren. Die damit verbundenen Verpflichtungen nahm er bis zu seiner Emeritierung 1958 wahr. Ihm gelang es aufgrund seiner persönlichen Aufgeschlossenheit und durch Bescheidenheit im persönlichen Auftreten die Mitarbeiter und die akademische Jugend zu begeistern.
1955 wurde PAUER zum ordentlichen Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Berlin gewählt. Seine wissenschaftliche Arbeit spiegelt sich in über 70 Veröffentlichungen wider, darunter das Buch „Einführung in die Kraft- und Wärmewirtschaft“ (1959). Er war Mitherausgeber (1926) bzw. Herausgeber (1939) der Sammlung „Wärmelehre und Wärmewirtschaft in Einzeldarstellungen“.
Am 20. November 1971 verstarb Walther PAUER in Dresden.
Eine späte Würdigung seiner Person erfolgte mit der Benennung einer Straße nach PAUER im Campus der Brandenburgischen Technischen Universität (Walther-Pauer-Straße) in Cottbus und der feierlichen Verleihung des Namens „Walther-Pauer-Bau“ für das Gebäude des ehemaligen Heizkraftwerkes der TU Dresden am 1. Oktober 2004.