Strömungstechnische Auslegung von Brennersystemen zum wirtschaftlichen und emissionsreduzierten Lichtbogenschweißen
Förderinstitution:
AiF/DFG Cluster Lichtbogenschweißen |
Projektnummer: IGF-Nr. 15.871 B / DVS-Nr. 03.090 |
Ansprechpartner: |
Laufzeit: 01.11.2008 – 31.12.2011 |
Abschlussbericht: 15.871BR Abschlussbericht |
Kurzbeschreibung:
Der MSG-Schweißprozess wird neben der manuellen Fertigung auch in vielen Anwendungen des Stahlbaus oder der Automobilindustrie in automatisierter oder halb automatisierter Form eingesetzt.
Eine gute Schutzgasabdeckung trägt entscheidend zu einem definierten, stabilen und reproduzierbarem Prozess sowie zu den gewünschten Eigenschaften der Fügeverbindung bei. Wird die Schutzgasabdeckung durch Atmosphärengase verunreinigt entstehen Poren, Schweißspritzer, Schmauch oder Anlauffarben, welche durch kostenintensive Nacharbeit entfernt werden müssen oder sogar zur Unbrauchbarkeit des Bauteils führen. Ziel des Vorhabens war daher die strömungstechnische Auslegung von Brennersystemen und Schweißprozess zur Verbesserung und Sicherstellung der Schutzgasabdeckung.
Im Projekt wurden vertiefende Untersuchungen der Schutzgasströmung beim MSG-Schweißen durchgeführt. Hierfür wurden in Zusammenarbeit mit anderen Teilprojekten des AiF/DFG-Cluster-Projektes „Lichtbogenschweißen - Physik und Werkzeug“ sowohl numerische als auch experimentelle Methoden der Strömungsanalyse entwickelt oder auf die speziellen Anforderungen von Lichtbogenschweißprozessen angepasst. Mit Hilfe dieser Methoden wurden die Schutzgasströmung im Brenner und die Wechselwirkungen mit dem Prozess systematisch analysiert, so dass sowohl konkrete Hinweise für die Brennerkonstruktion als auch für die schweißtechnische Fertigung abgeleitet werden konnten. Erstmals wurden kontinuierliche, hochaufgelöste Aufnahmen der Particle Image Velocimetry (PIV) für MSG-Schweißprozesse realisiert und zur Prozessanalyse bzw. für die Entwicklung von Schweißbrennern eingesetzt.
Neue Möglichkeiten sind auch der Anwendung der Schlierentechnik zuzuordnen. Durch strahlungsselektive Beleuchtungsquellen und auf den strahlungsintensiven MSG-Prozess abgestimmte Filtersysteme kann der Lichtbogen auch im Sprühlichtbogenbereich fast vollständig ausgeblendet werden. Weiterhin wird mit der Sauerstoffmessung am Werkstück eine Methode beschrieben, die die qualitative Bewertung der Schutzgasabdeckung ermöglicht. Außerdem wurde in Zusammenarbeit mit den Teilprojekten G4 und G5 des AiF/DFGCluster- Projektes „Lichtbogenschweißen - Physik und Werkzeug“ ein numerisches Modell zur Analyse der Schutzgasabdeckung entwickelt. Das erarbeitete Modell beschreibt die Qualität der Schutzgasabdeckung erstmals unter Berücksichtigung von Diffusionseffekten, der Beeinflussung der Strömung durch den Lichtbogen, der Bildung von Metalldampf und der komplexen Strömungsgeometrie im Schweißbrenner. Dieses Modell wurde mit Hilfe der entwickelten Diagnostiken umfassend validiert und ermöglicht neben der zeitlich und örtlich hochaufgelösten Beschreibung der Gasabdeckung am Werkstück auch die Untersuchung der brennerinternen Strömungseffekte, welche durch diagnostische Methoden der Strömungsanalyse nicht visualisiert werden können. Durch Anwendung der entwickelten Methoden konnte festgestellt werden, dass derzeitige Brennerkonzepte teilweise zu turbulenten Strömungen führen, die die Qualität der Schutzgasabdeckung am Werkstück beeinträchtigen.
Auf Grundlage der durchgeführten Analysen im Bereich des Gasverteilers wurden Konstruktionsvarianten erarbeitet, welche eine gleichmäßige Strömung und eine hochwertige Schutzgasabdeckung realisieren. Besonders für die Konstruktion gasgekühlter Systeme ist darauf zu achten, dass auf Grund hoher Strömungsgeschwindigkeiten entstehende Turbulenzen durch geeignete Gasverteilungskonzepte und ausreichend große Strömungsräume abgebaut werden können.
Neben den strömungstechnischen Vorgängen im Brennerinneren, wird die Gasabdeckung entscheidend durch die Wechselwirkungen mit dem Lichtbogen beeinflusst. Die Form und die Position der Schutzgasdüse zeigen in den Untersuchungen einen signifikanten Einfluss. Im Allgemeinen erzielen breite Gasdüsen im Vergleich zu stark konischen Düsen auch eine breitere, hochwertigere Schutzgasabdeckung. Es wurde jedoch festgestellt, dass Schutzgasdüsen auch zu breit dimensioniert werden können. Dies führt gerade bei hohen Gasmengen zu einer ungünstigen Lichtbogenanströmung und Verunreinigung der Schutzgasabdeckung. Zurückstehende Schutzgasdüsen bzw. große Abstände zwischen Schweißbrenner und Werkstück führen ebenso zu verstärkter Kontamination und sind durch größere Schutzgasmengen zu kompensieren. Bei eingeschränkter Zugänglichkeit ist aus Sicht einer guten Schutzgasabdeckung eher das Zurücksetzen des kompletten Brenners zu empfehlen als kürzere Gasdüsen mit vorstehendem Stromkontaktrohr zu verwenden.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass durch das Projekt neue experimentelle und numerische Methoden als Werkzeug für die Brennerentwicklung und die Auslegung von Schweißprozessen in der Fertigung zur Verfügung stehen. Diese ermöglichen die zeitlich und örtlich hochaufgelöste Beschreibung der Strömungseffekte im Schweißbrenner, im Schutzgasfreistrahl und im Lichtbogenbereich. Auf Grund der Vor- und Nachteile einzelner Methoden ist es sinnvoll, numerische und experimentelle Analysen miteinander zu kombinieren und dadurch den Erkenntnisgewinn zu vervielfachen. Durch Anwendung der erarbeiteten Methoden wurden konkrete Hinweise für die Brennerkonstruktion und die schweißtechnische Fertigung in den Unternehmen abgeleitet.