Profil
Der Leichtbau mit textilverstärkten Verbundwerkstoffen bietet zahlreiche Vorteile gegenüber konventionellen Bauweisen. Dabei kommt insbesondere dem funktionsintegrierenden Leichtbau in textiler Mischbauweise hoher Stellenwert zu. Vor allem die hohe Festigkeit und Steifigkeit bei geringem Gewicht, die guten Dämpfungs- und Crasheigenschaften, die große Vielfalt textiler Verfahren und Strukturen sowie die wirtschaftliche Fertigung mit hoher Reproduzierbarkeit, die Großserientauglichkeit und die gute Recyclingfähigkeit machen die junge Werkstoffgruppe für zukünftige Leichtbauanwendungen in unterschiedlichen Industriezweigen besonders interessant.
Bei der Entwicklung von textilverstärkten Verbundbauteilen für komplexe Anwendungen sind die Verstärkung und die Bauteilstruktur optimal aneinander anzupassen, was zwangsläufig eine enge Verzahnung der Gestaltungsprozesse von Werkstoff und Bauteil nach sich zieht. Im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten im SFB 639 standen deshalb die durchgängige Untersuchung des gesamten Entwicklungsprozesses von Leichtbaustrukturen in Mischbauweise mit Textilverbunden. Die isolierte Betrachtung von einzelnen Problemfeldern war bei einer derartigen starken Interaktion von Lokal- und Globalstruktur für einen grundlegenden Erkenntnisgewinn nicht zielführend. Denn nur bei durchgängiger, abgestimmter Vorgehensweise konnte das gegebene hohe Leichtbaupotenzial voll ausgeschöpft werden.
Die sich im Rahmen der durchgängigen Betrachtung ergebenden Fragestellungen wurden am Beispiel ausgewählter Basiskomponenten erarbeitet. Hierzu zählen vor allem textile near-net-shape-Strukturen und Sandwichstrukturen, Handhabungseinrichtungen mit prozessangepassten Kinematiksystemen, textilgerechte Fügeverfahren und Verbindungselemente, textilverstärkte Compliantstrukturen und Verbundkomponenten mit integrierten Sensornetzwerken. Diese repräsentativen Komponenten erlaubten, für die Mischbauweise unterschiedliche Anwendungsszenarien zu realisieren. Bei den Verfahrensuntersuchungen zur Wiederverwertung der neuen Textilverbunde sollten beim Pressvorgang in die Neuteile auch Recyclate eingearbeitet werden.
Der SFB 639 bot mit seiner inhärent vernetzten Vorgehensweise eine ausgezeichnete Plattform, um die notwendige Verzahnung zu gewährleisten. Durch die räumliche und zeitliche Konzentration konnten im interdisziplinären Austausch Prozessvorgaben und Gestaltungsregeln erarbeiten werden, die neben einer Kostenreduktion eine deutliche Leistungssteigerung und Verkürzung der Entwicklungszeiten bei textilverstärkten Bauteilen erlaubten. Insbesondere der durchgängige Einsatz moderner Simulations- und Konstruktionsmethoden war hierbei notwendig. Denn damit konnten die Eigenschaften zukünftiger Produkte ohne aufwendige Bauteiltests vorhergesagt und die Textilstrukturen bereits in einer frühen Entwurfsphase beanspruchungsgerecht ausgelegt werden. Erst die hier aufgezeigte Vorgehensweise ermöglichte eine effiziente Entwicklung neuer Leichtbauprodukte und verhalf damit dieser innovativen jungen Werkstoffgruppe auf vielfältigen Anwendungsfeldern zu einem nachhaltigen Durchbruch.