13.03.2024
Neuartiges Protokoll verbessert die 3D-Elektronenmikroskopie-Analyse
Die Volumenelektronenmikroskopie revolutioniert derzeit unser Wissen über Zellen und Gewebe, indem sie deren Struktur in drei Dimensionen abbildet. Jetzt haben Forscher des Paul-Langerhans-Instituts Dresden (PLID) des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung ein neuartiges Protokoll vorgestellt, das die Analyse von dreidimensionalen elektronenmikroskopischen (3D-EM) Datensätzen verändern dürfte. In Zusammenarbeit mit Kollegen des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC), der Humboldt-Universität zu Berlin, Helmholtz Imaging und der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EFPL) entwickelten die Wissenschaftler einen detaillierten Leitfaden, der sich an Forscherinnen und Forscher in Biologie und Medizin richtet und einen modularen und benutzerfreundlichen Workflow bietet, um die komplizierten Details der zellulären Ultrastruktur zu entschlüsseln. Dieses neuartige Protokoll wurde nun in der renommierten Fachzeitschrift "Nature Protocols" veröffentlicht.
Seit Jahrzehnten ist die zweidimensionale Elektronenmikroskopie der Eckpfeiler der zellbiologischen und medizinischen Forschung und ermöglicht detaillierte Einblicke in subzelluläre Strukturen. In den letzten Jahren hat der Aufschwung der dreidimensionalen Volumenelektronenmikroskopie (vEM) zu einer Fülle großer Rohbilddatensätze geführt, die fortschrittliche Analyseverfahren erfordern. Das neu entwickelte Protokoll trägt diesem Bedarf Rechnung, indem es umfassende Verfahren für die Vorbereitung der Rohdaten, die organellenspezifische Segmentierung, die räumliche Analyse der Segmentierungskarten und die 3D-Visualisierung bereitstellt.
Andreas Müller, leitender Wissenschaftler am PLID und Erstautor des Artikels, erläutert die Motivation hinter dem Protokoll: "Unser Ziel war es, die Herausforderungen zu vereinfachen, denen Forscher bei der Analyse kompletter Zellen in vEM-Datensätzen gegenüberstehen. Diese Datensätze sind riesig und die Segmentierung der zellulären Merkmale ist sehr zeitaufwändig. Hinzu kommt, dass es zwar viele verschiedene Software-Tools gibt, die bei dieser Aufgabe helfen, aber nicht alle sind benutzerfreundlich und einfach anzuwenden."
Die modulare Herangehensweise des Protokolls zeichnet sich als ein Schlüsselfeature aus und bietet einen vielseitigen Rahmen für die Analyse von virtueller Elektronenmikroskopie (vEM). Forscherinnen und Forscher können aus einer Vielzahl von Segmentierungsmethoden wählen, die auf spezifische Organellen zugeschnitten sind, wodurch unnötiger Annotationsaufwand reduziert und die zeitnahe Gewinnung von Projektergebnissen beschleunigt wird. Müller betont die Anpassungsfähigkeit des Workflows und merkt an: "Während das ursprüngliche Projekt, für das wir den Workflow entworfen haben, sich auf insulinproduzierende Betazellen der Bauchspeicheldrüse bezog, sind die Segmentierungs-, Analyse- und Rendering-Workflows darauf ausgelegt, sich problemlos an andere Zelltypen und vEM-Modalitäten anzupassen."
Der Vorteil des neuen Protokolls liegt in seiner einfachen Zugänglichkeit insbesondere für Wissenschaftler:innen mit moderaten Kenntnissen im Bereich der Datenverarbeitung. Das Protokoll ermutigt Benutzer:innen dazu, ihre bevorzugten Segmentierungswerkzeuge zu integrieren und bietet einen effizienten Prozess durch "Album"-Lösungen. "Album“ ist eine Plattform, die entwickelt wurde, um komplexe Analyse-Pipelines leichter verteilbar und reproduzierbar zu machen“, erklärt Deborah Schmidt, Leiterin des Helmholtz Imaging Solutions Teams am MDC und Mitautorin des Artikels. Diese innovative Methodik steht kurz davor, die Fortschritte in der Zellbiologie zu beschleunigen und ein klareres Verständnis der ultrastrukturellen Aspekte von Zellen zu ermöglichen. Martin Weigert, Forschungsgruppenleiter an der EFPL und Senior-Autor des Protokolls, fasst die Bedeutung zusammen und erklärt: "Unser Protokoll bietet einen umfassenden Überblick über zeitsparende und arbeitseffiziente Lösungen für die vEM-Analyse und sollte als nützliche Referenz für die breitere vEM-Forschungsgemeinschaft dienen."
Zusammenfassend stellt dieses wegweisende Protokoll von Andreas Müller und seinen Mitarbeitern einen bedeutenden Schritt zur Demokratisierung des Zugangs zu 3D-EM-Methoden dar, fördert die Zusammenarbeit und treibt die Grenzen der Zellforschung voran.
Originalpublikation
Müller A, Schmidt D, Albrecht JP, Rieckert L, Otto M, Galicia Garcia LE, Fabig G, Solimena M, Weigert M. Modular segmentation, spatial analysis and visualization of volume electron microscopy datasets. Nat Protoc. 2024 Feb 29. doi: 10.1038/s41596-024-00957-5.