05.08.2021
Forschung: Schlüssel zum exakten Bosonisierungs-Dualismus in zwei räumlichen Dimensionen
Zahlreiche Quantenphasenübergänge lassen sich anhand des auf dem Begriff des Ordnungsparameters und der Symmetriebrechung basierenden Landau-Ginzburg-Wilson Paradigmas gut beschreiben. Bei Systemen mit konkurrierenden Ordnungsparametern stimmen die Vorhersagen des Paradigmas jedoch nicht immer mit numerischen Ergebnissen überein. Der Mangel an Konsens in der Fachliteratur über die Art des Phasenübergangs in solchen Systemen motivierte uns, ein bestimmtes Modell für ein zweidimensionales antiferromagnetisches System mit einer Anisotropie zu untersuchen, welche die Spins dazu zwingt, in einer Ebene zu liegen. Außerdem wird in unserer Theorie eine nicht-triviale Topologie des Eichfelds berücksichtigt, die Wirbelschleifen im System generieren.
Unsere Arbeit hat gezeigt, dass in solchen zweidimensionalen topologischen antiferromagnetischen Systemen ein kontinuierlicher Phasenübergang stattfindet, der durch die traditionelle Theorie der Quantenphasenübergänge nicht aufgedeckt wird. Der diesem Verhalten zugrunde liegenden Mechanismus wird als “deconfined quantum criticality” bezeichnet, weil die konkurrierenden Ordnungsparameter in elementaren Feldern zerfallen. Der Ordnungsparameter verhält sich also wie Mesonen in der Teilchenphysik, indem der Quark-Einschluss (“quark confinement”) aufgehoben wird. Zusätzlich konnten wir einige präzise Voraussagen über das quantenkritische Verhalten der Theorie treffen, die sich experimentell durch sogenannte chirale Spin-Flüssigkeiten und Doppelschicht-Quanten-Hall-Systeme nachweisen lassen.
Die topologischen Merkmale unserer Theorie halfen uns dabei, die Existenz eines kontinuierlichen Phasenübergangs nachzuweisen und ein weiteres schönes Ergebnis zu erzielen, nämlich die exakte Bosonisierung durch eine Dualitätstransformation auf masselosen Dirac-Fermionen in zwei Dimensionen. Während für eindimensionale Theorien die Transmutation zwischen Bosonen und Fermionen gut etabliert ist, wird es komplizierter, wenn wir eine Dimension höher gehen. In zwei räumlichen Dimensionen waren solche Ableitungen nur für massive Fermionen ausführbar, während bei verschwindender Masse die Bosonisierung eine Vermutung geblieben war. In unserer Arbeit gelang es uns, diese theoretische Lücke zu schließen. In diesem Sinne schlugen wir Doppelschicht-Quanten-Hall-Systeme als Plattform vor, um diese Dualität zwischen Fermionen und Bosonen experimentell zu erforschen. Wir hoffen, dass es bald empirische Beweise für unsere Voraussagen über die Transmutation zwischen Fermionen und Bosonen in zwei Dimensionen geben wird.
V. Shyta, J. van den Brink, F. S. Nogueira,
Deconfined Criticality and Bosonization Duality in Easy-Plane Chern-Simons Two-Dimensional Antiferromagnets,
Phys. Rev. Lett. 127, 045701 (2021) (arXiv)