Pränatale Einflüsse
Das Projekt "Pränatale Einflüsse - CORTISOL" untersucht Langzeitauswirkungen einer pränatalen Therapie mit synthetischen Glukokortikoiden auf die psychosoziale Stressreaktivität und volitionale Kontrolle in Kindheit und Jugendalter (DFG LI 879/15-1, AL 1484/5-1, KI 537/36-1)
Theoretischer hintergrund
Eine pränatale Belastung mit Stresshormonen (wie z.B. Glukokortikoiden) zählt zu den frühesten aversiven Umwelteinflüssen auf die Entwicklung und ist ein potentieller Einflussfaktor auf das Stresshormonsystem. Für das aktuelle Forschungsprojekt sind besonders Langzeitauswirkungen einer pränatalen Therapie mit synthetischen Glukokortikoiden (sGK) auf affektive sowie kognitive Regulationsprozesse von Bedeutung. In der Pränatalmedizin werden sGK bei drohender Frühgeburt angewendet, um die fetale Lungenreifung zu beschleunigen und damit die Überlebenschancen des Kindes zu erhöhen.
In einer vorangegangen Studie der Professur für Biopsychologie konnte bereits gezeigt werden, dass Kinder (im Alter von 6 bis 10 Jahren), die pränatal mit sGK behandelt wurden, mit einer erhöhten Kortisolausschüttung auf akuten psychosozialen Stress reagierten (Alexander et al., 2012). Damit konnte ein erster Nachweis über Langzeitfolgen einer pränatalen sGK-Therapie auf das Stresshormonsystem erbracht werden.
Projektziele
In der aktuellen Studie sollen die vorangegangen Befunde der endokrinen Stressreaktivität erweitert werden und dabei ...
- ... der Zusammenhang zwischen pränataler sGK-Therapie und akuten Stressmarkern (Kortisolausschüttung unter akutem psychosozialem Stress) sowie langfristigen Stressmarkern (Haarkortisol) in Kindheit und Jugendalter erforscht werden.
- ... mittels Elektroenzephalografie (EEG) Effekte pränataler sGK-Therapie auf elektrische Hirnpotentiale (Hämmerer et al., 2010) sowie zeitliche Dynamiken (Papenberg et al., 2013) kognitiver Prozesse (wie z.B. Konfliktverarbeitung) untersucht werden, die in engem Zusammenhang zur Stresshormonregulation stehen.
- ... epigenetische Modifikationen (DNA-Methylierungsmuster) als potentielle Mechanismen in der Vermittlung langfristiger hormoneller und neurokognitiver Veränderungen infolge einer sGK-Therapie untersucht werden.
Projektleiter und Team
Prof. Shu-Chen Li, Ph.D.
Dr. Franka Thurm
M.Sc. Liesa Ilg
Kooperationspartner
- Prof. Dr. Clemens Kirschbaum, Professur für Biopsychologie, TU Dresden
- Dr. Nina Alexander - Professur für Differentielle und Persönlichkeitspsychologie MSH Medical School Hamburg
Ausgewählte projektrelevante Publikationen
- Alexander, N., Rosenlöcher, F., Stalder, T., et al. (2012). Impact of antenatal synthetic glucocorticoid exposure on endocrine stress reactivity in term-born children. Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism, 97(10), 3538–3544. doi: 10.1210/jc.2012-1970
- Hämmerer, D., Li, S.-C., Müller, V. & Lindenberger, U. (2010). An electrophysiological study of response conflict processing across the lifespan: Assessing the role of conflict monitoring, cue utilization, response anticipation, and response suppression. Neuropsychologia, 48(11), 3305-3316. doi: 10.1016/j.neuropsychologia.2010.07.014
- Papenberg, G., Hämmerer, D., Müller, V., Lindenberger, U. & Li, S.-C. (2013). Lower-theta inter-trial phase coherence during performance monitoring is related to reaction time variability: A lifespan study. NeuroImage, 83, 912-920. doi: 10.1016/j.neuroimage.2013.07.032
Förderkennzeichen: LI 879/15-1