Gefährdungsbeurteilung
Beobachtung/Beobachtungsinterview
Screening Gesundes Arbeiten - SGA
http://www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Demografie/SGA.html
In der heutigen Arbeitswelt hat sich der Anteil von Tätigkeiten mit schwerer körperlicher Arbeit durch die Einführung ergonomischer Arbeitsmittel immer weiter verringert. Branchenübergreifend wird jedoch seit Jahren über arbeitsbedingte Gesundheitsprobleme berichtet mit einer Zunahme von Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates sowie einem stetig steigenden Anteil psychischer Fehlbeanspruchungen (siehe z. B. Krankenkassenberichte der letzten Jahre). Im Arbeitsschutzgesetz (§4 + §5) werden allgemeine Grundsätze zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen geregelt. Ebenso bietet die DIN EN ISO 10075 (2000,2004,in Vorbereitung) einen begrifflichen, methodischen und gestalterischen Rahmen für psychische Belastung. Basierend auf bewährten Modellen der arbeitspsychologischen Stressforschung (Job-demand-control-model, Karasek, 1979; Johnson, Hall, 1988; Effort-reward-imbalance-model, Siegrist, 1996, 2000) und die Ergänzung einer physiologisch verankerten Theorie („Cinderella“-Hypothese, Hägg, 1991; Melin & Lundberg, 1996) stellt das SGA-Verfahren eine solide Basis für die Durchführung einer ganzheitlichen Gefährdungsbeurteilung dar.
Ziel des SGA-Verfahrens ist eine einfach zu handhabende Methodik auf Basis objektiver, bedingungsbezogener Analysen, die in einem ersten Screening-Schritt die integrative Betrachtung von physischen und psychischen Belastungen am Arbeitsplatz erlaubt. Aus den Ergebnissen identifizierte Risikomuster sollen für betriebliche Praktiker die Grundlage für Gestaltungsmaßnahmen zur Gesundheitsförderung bilden. Das SGA-Verfahren ist branchenübergreifend handhabbar. Es existiert ein standardisiertes Seminarmodul, das zum selbständigen Einsatz durch betriebliche Praktiker (SIFA's, Betriebsräte) befähigt.
Fragebögen
Fragebogen zum Erleben von Intensität und Tätigkeitsspielraum - FIT
Der FIT- Fragebogen ist als screening- Version angelehnt an die Kerndimensionen des Job Demand- Control- Konzeptes von Karasek (1979). Job Demands (in der FIT- Version Arbeitsintensität bezeichnet) beschreibt die Komplexität, Schwierigkeit von Aufgaben, den Zeitdruck und die zeitliche Auslastung durch diese. Die Dimension Control (decision authority) wurde als Tätigkeitsspielraum bezeichnet. Sie schließt zunächst sowohl Items ein, die Planungs- und Entscheidungsprozesse und deren Selbständigkeit beschreiben als auch Items der Qualifikationsnutzung und der Lernpotentiale der Arbeit (skill utilization). FIT ermöglicht eine Analyse des Erlebens gesundheitsrelevanter Arbeitsanforderungsmerkmale, die bis auf die "körperliche Anstrengung" auf dem KARASEK-Modell beruhen, sowie erlebte Komponenten des Tätigkeitsspielraums und der Qualifikationsanforderungen. Außerdem werden der erlebte Umfang, die Intensität und die Schwierigkeit der Arbeitsanforderungen erfasst. Dadurch können tätigkeitsbezogene Ursachen für Fehlbeanspruchungsfolgen arbeitsbedingter Gesundheitsrisiken erkannt werden. Maßnahmen der Tätigkeitsgestaltung können abgeleitet werden. Das Verfahren ist ohne Einschränkung in allen Bereichen von Erwerbsarbeit, sowie auch bei unbezahlter Arbeit einsetzbar.
Richter, P., Hemmann, E., Merboth, H., Fritz, S., Hänsgen, C. & Rudolf, M. (2000). Das Erleben von Arbeitsintensität und Tätigkeitsspielraum - Entwicklung und Validierung eines Fragebogens zur orientierenden Analyse (FIT). Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie 44, 129-139.
Richter, P. (2008). FIT- Fragebogen: Erleben von Arbeitsintensität und Tätigkeitsspielraum. In W. Sarges, H. Wottawa & C. Ross (Hrsg.), Handbuch wirtschaftspsychologischer Testverfahren, Teil 2: Organisationspsychologische Instrumente. Lengerich, Berlin: Pabst.
Richter, P., Hemmann, E., Merboth, H., Fritz, S., Hänsgen, C. & Rudolf, M. (2010). FIT-Fragebogen. Erleben von Arbeitsintensität und Tätigkeitsspielraum - ein Fragebogen zur orientierenden Analyse. In: Sarges, W., Wottawa, H. & Roos, Ch. (Hrsg). Handbuch wirtschaftspsychologischer Testverfahren. Band 2: Organisationspsychologische Instrumente (S. 97-106). Lengerich: Pabst.
Fragebogen zur Analyse belastungsrelevanter Anforderungsbewältigung - FABA
Das Verfahren zielt darauf ab, bereits im Vorfeld von Erkrankungen auffällige Verhaltensweisen zu erfassen, die besonders in Stresssituationen eine dauerhafte Aktivierung auslösen und damit krankheitsrelevant werden können. Derartige Verhaltensauffälligkeiten sind insbesondere bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychosomatischen Krankheitsbildern beschrieben worden. Sie werden im FABA-Fragebogen auf der Grundlage einer Re-Formulierung von Komponenten des Typ A-Konzeptes unter handlungspsychologischen Aspekten erfasst. Dabei haben sich die Faktoren Erholungsunfähigkeit/Arbeitsengagement und Planungsambitionen/Kontrollbedürfnis für die Vorhersage von gesundheitlichen Konsequenzen fehlregulierter Handlungen als besonders wichtig erwiesen. Diese Faktoren stehen auch in einem engen Zusammenhang zu Overcommitment (Siegrist), Irritation (Mohr) und zu den AVEM- Skalen (Arbeitsbezogenes Verhaltens- und Erlebensmuster; Schaarschmidt & Fischer). FABA kann in der Gesundheitsvorsorge und in der Rehabilitation im Betrieb angewendet werden.
Richter, P., Hille, B., & Rudolf, M. (1999). Gesundheitsrelevante Bewältigung von Arbeitsanforderungen. Zeitschrift für Differenzielle und Diagnostische Psychologie, 20, 25 –38.
Rotheiler, E., Richter, P., Rudolf, M. & Hinton, J.W. (1997). Further cross-cultural factor validation on the FABA self-report inventory of coronary-prone behaviours. Psychology and Health, 12, 505-512.
Richter, P., Rudolf, M. & Schmidt, F.C. (1996). Fragebogen zur Analyse belastungsrelevanter Anforderungsbewältigung. Frankfurt a.M.: Swets & Zeitlinger.
Beanspruchungsmeßskalen - Beanspruchung, Monotonie, Sättigung - BMS
Mit dem Fragebogen BMS dienen der skalierten Messung kurzfristiger Fehlbeanspruchungsfolgen. Die erfassten Merkmale entsprechen der ISO EN DIN 10 075 (Psychische Belastungen). Dabei werden die Zustände Ermüdung, Monotonie, Sättigung und Stress unterschieden. Diese kurzfristigen Beanspruchungsfolgen haben wiederum Auswirkungen auf langfristige Beeinträchtigungen der Beschäftigten, wie zum Beispiel psychosomatische Beschwerden oder Regulationserkrankungen und können auf lange Sicht auch zu Produktionsverlusten (zum Beispiel Qualitäts- und Quantitätsminderung, Krankenstandserhöhung) führen. In der Regel füllen die Arbeitsplatzinhaber den Fragebogen vor und nach der Arbeitsschicht aus. Um dabei einer erinnerungsgestützten Beantwortung oder Gruppeneffekten vorzubeugen, können zwei Parallelformen A und B mit einer unterschiedlichen Abfolge der gleichen oder ähnlicher Merkmale eingesetzt werden. Ermittelte Fehlbeanspruchungsfolgen sind nur mit den Ergebnissen einer gleichzeitig durchgeführten Tätigkeitsanalyse interpretierbar. Festgestellte Fehlbeanspruchungsfolgen sind Anlass für die Ableitung von bedingungsbezogenen Maßnahmen der Arbeitsgestaltung.
Es stehen zwei Versionen des BMS zur Verfügung: BMS I für Bedien- und Montagetätigkeiten und BMS II für industrielle Tätigkeiten, bei denen Kontroll-, Überwachungs- und Steuerungsaufgaben überwiegen, sowie bedingt auch für geistige Tätigkeiten.
Richter, P., Hacker, W.: Belastung und Beanspruchung. Heidelberg: Asanger, 1998.
Plath, H-E., Richter, P. 1984: Ermüdung-Monotonie-Sättigung-Streß. Verfahren zur skalierten Erfassung erlebter Beanspruchungsfolgen. Göttingen: Hogrefe.