Übertragungsprotokolle ("Regenschirmnormen")
H.323
H.323 ist ein internationaler ITU -Standard für die Sprach-, Daten- und Video-Kommunikation über paketorientierte Netze, der die spezifischen Fähigkeiten von Endgeräten im IP-Umfeld festlegt. Der Standard ist abgeleitet aus dem H.320-Standard. Er definiert Netzübergänge zu ISDN und ATM und soll die Interoperabilität der Herstellerprodukte untereinander garantieren. Dazu werden vier Hauptgruppen und deren Kommunikation untereinander beschrieben: Terminals, Gateways, Gatekeeper und MCUs (Multipoint Control Units).
Der Standard definiert die Multimedia-Kommunikation über LANs, die keine garantierte Dienstgüte zur Verfügung stellen. Er versucht die dadurch auftretenden negativen Effekte, wie Paketverluste, Jitter und andere Verzögerungen, auf multimediale Echtzeitdienste zu minimieren.
H.323 wird ständig weiterentwickelt und liegt seit Dezember 2009 in der Version 7.0 vor. Der ursprüngliche Titel "Visual telephone systems and equipment for local area
networks which provide a non-guaranteed quality of service" wurde schon in der Version 2.0 im Jahr 1998 in "Packet-based multimedia communications systems" geändert.
H.323 ist eine sogenannte „Regenschirm“-Norm, welche andere Standards zusammenfaßt. Sie definiert z.B.:
- H.221: Strukturierung von Video und Audio-Bitströmen
- H.230: Multiplexing über mehrere ISDN-Kanäle
- H.231: Multipoint Control Unit (MCU)
- H.232: Verbindungsaufbau
- H.233: Verschlüsselungstechniken
- H.239: Nutzung mehrerer Videostreams
- H.245: Kontrollprotokoll
- H.248: Nutzung von Gateways
- Videostandards:
- H.261: Videokodierung und -komprimierung mit ca. 10:1
- H.262: Videokodierung und -komprimierung
- H.263: Videokodierung und -komprimierung mit ca. 50:1
- H.264: Videokodierung und -komprimierung mit ca. 100:1
- Audiostandards:
- G.711, G.722, G.723, G.728, G.729
Die Datenübertragung wird mittels H.239 spezifiziert. Dieses Protokoll ist kein Bestandteil von H.323, aber besitzt inhaltlich enge Zusammenhänge.
Weitere Normen
H.320
Der Standard H.320 der ITU-T regelt die Grundlagen für die Videokommunikation über das leitungsvermittelte schmalbandige ISDN-Netz. Die Bandbreite kann von 64 kbps bis 1920 kbps reichen und wird in Form einzelner Kanäle zu je 64 kbps zur Verfügung gestellt.
Innerhalb des Standards werden Anforderungen für die Verarbeitung der Audio- und Videodaten definiert, die Formate für die Medienübertragung spezifiziert und weitere Protokolle für die Rufsignalisierung und die Synchronisierung der Kommunikationsverbindungen angegeben.
Die Normen H.310/H.321/ H.322/ H.324 haben für heutige Videokonferenzen keine praktische Bedeutung mehr. Sie seien nur der Vollständigkeit halber hier aufgeführt:
H.310
Der Standard H.310 liefert mittels H.262 und H.222.0 eine Anpassung des MPEG-2-Standards für die Kommunikation über breitbandige Netze. Er ist inhaltlich eng mit H.322 verwandt.
H.321
Der Standard H.321 ist die Adaption von H.320 für breitbandige Netze. Die zugrunde liegende Infrastruktur wird nicht verändert, jedoch die Zusammenarbeit zwischen schmal- und breitbandigen Netzen optimiert.
H.322
Der Standard H.322 ist die Grundlage der Videokommunikation über zuverlässige und paketorientierte Netze. Die physische Grundlage bildet ein Netz, in dem neben dem 10-Mbps-Kanal ein isochroner (Sonderform der asynchronen Übertragung mit Zeitkennzeichnung) 6-Mbps-Kanal für Multimedia mit garantierter Bandbreite (QoS, Quality of Service) bereitgestellt wird. Die Signalisierung wird im Unterschied zu H.310 mittels H.242 ausgeführt.
H.324
Der Standard H.324 definiert die notwendigen Methoden zur audiovisuellen Kommunikation über analoge Modemverbindungen. Die Netzwerkschnittstelle wird dabei durch den Modemstandard V.34 mit 33.600 kpbs definiert. Der Einsatz der stark komprimierenden Codecs H.263 (Video) und G.723.1 (Audio) ist dadurch obligatorisch.