29.09.2025
Zwischen Sprachbewahrung und Bildungsauftrag
Lehrkräfte im Hochschuldienst besuchten am 17.09.2025 das Sorbische Gymnasium in Bautzen um Einblicke in den sorbischsprachigen Unterricht sowie die Bildungsarbeit einer Schule einer nationalen Minderheit zu gewinnen. Auf dem Programm standen Hospitationen im sorbischsprachigen Fachunterricht und im Unterricht zur Vermittlung der sorbischen Sprache selbst.
Ein anschließendes Gespräch mit dem Schulleiter Renè Jatzwauk und der stellvertretenden Schulleiterin Nicolle Stenzel ermöglichte vertiefte Einblicke in die besondere Situation der Einrichtung. Als einziges Gymnasium, das den Unterricht in obersorbischer Sprache anbietet, liegt die Verantwortung der Schule darin, zugleich Bildungsstätte und Kulturträgerin zu sein. Neben der allgemeinen Bildungsaufgabe ist sie maßgeblich an der Bewahrung und Förderung der sorbischen Sprache und Kultur beteiligt, was sich in vielen Traditionen der Schule zeigt.
Schulisches Handeln steht hier in einem Spannungsfeld zwischen staatlichem Bildungsauftrag, sprachlicher Kontinuität, personeller Sicherung und differenzierenden Zugängen zur Vorbereitung der Schüler:innen auf ein Studium an (meist) deutschsprachigen Universitäten. Allerdings liegt hierin auch eine Chance zur Tradierung sprachlicher und kultureller Werte, wenn zukünftige Lehrkräfte für den sorbischen Unterricht ausschließlich aus dem eigenen Schüler:innenkreis hervorgehen können – nur diese beherrschen die Sprache auf dem erforderlichen Niveau.
Der Schulleiter berichtete auch von Erfahrungen anderer Schulen nationaler Minderheiten in Europa – etwa in der Bretagne. Der Austausch soll den Dialog über Sprachpflege und Bildungsstrategien vertiefen. Denn überall dort, wo Minderheiten ihre Sprache bewahren, teilen sie eine gemeinsame Intention: Dass gelebte sprachliche und kulturelle Identität von Minderheiten nicht täglich neu verteidigt und gepflegt werden muss, sondern Selbstverständlichkeit im Leben vieler Menschen wird.