Forschungsbericht 2002 Fakultät Bauingenieurwesen
Vorwort des Dekans der Fakultät Bauingenieurwesen
zum Forschungsbericht 2002 der TU Dresden
Der grundlegende Strukturwandel in der Bauindustrie stellt für die Bauforschung eine große Herausforderung dar. Er verlangt nach kostengünstigen und nachhaltigen Baustoffen und Bauverfahren ebenso wie nach leistungsfähigen Methoden der Bauinformatik und nach einem effizienten Management, nicht nur von Baustellen, sondern der Bauwerke insgesamt, von der Planung und Konzeption über Genehmigungsverfahren, Herstellung, Betrieb und Instandhaltung bis zum Abriss oder zur Erneuerung der Bauwerke, und dies bei ständig steigenden Ansprüchen gesellschafts- und umweltpolitischer Art. In dieser Situation ist auch die Fakultät Bauingenieurwesen der Technischen Universität Dresden gefordert, ihren hohen Anspruch an Forschung und Lehre sowohl in theoretischer Fundierung als auch praktischer Anwendung zu erfüllen.
Unter den Bedingungen eines verschärften Wettbewerbs, der die disziplinären und nationalen Grenzen längst überschritten hat und mehr und mehr von interdisziplinären und internationalen Kooperationen und Allianzen bestimmt wird, konnten die 19 Professuren der Fakultät Bauingenieurwesen auch im Berichtsjahr 2002 schöne Erfolge bei der Einwerbung und Bearbeitung zukunftsweisender Forschungsprojekte erzielen. Der Drittmittelumsatz erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent auf annähernd 4 Millionen Euro.
Das Forschungsprofil der Fakultät Bauingenieurwesen wird von Themen bestimmt, die zu den innovativsten im Bauwesen gezählt werden können und von mehreren Lehrstühlen und Instituten mit nationaler und internationaler Reputation bearbeitet werden. Dabei nimmt der Sonderforschungsbereich 528 der DFG „Textile Bewehrungen zur bautechnischen Verstärkung und Instandsetzung“ eine zentrale Stelle ein. In der Sache geht es in diesem SFB um textilbewehrten Beton und um textilverstärkte Holzkonstruktionen. Die einzelnen Forschungsthemen reichen von den theoretischen Grundlagen des Tragverhaltens bis hin zur Entwicklung neuer Bauteile und neuer Rehabilitationstechniken für die Industrie, mit denen sich die Lebensdauer alter Bauteile und Bauwerke verlängern lässt, eine Aufgabe, die aus kulturgeschichtlicher und ökologischer Sicht an Bedeutung gewinnt. Der SFB wurde Anfang 2002 einer Evaluierung durch die DFG unterzogen und um weitere drei Jahre verlängert.
Eng verbunden mit den Forschungsthemen des SFB sind Forschungsprojekte zum Hochleistungsbeton und Faserbeton, zu Schädigungsmechanismen in Baustoffen, zur Wechselwirkung zwischen Bauwerk und Baugrund, zu Stoffeigenschaften von Böden, zu Spannungs- und Verformungsverhalten von Asphalt und anderen Straßenbaumaterialien, zum Recycling von Baustoffen und zur Verwendbarkeit nachwachsender Rohstoffe in Baustoffen und Bauwerken. Dies wird unterstützt durch Grundlagenuntersuchungen zum Gefüge von Baustoffen.
Während diese Forschungsarbeiten nur dank der an der Fakultät vorhandenen, gut ausgestatteten Labore und Prüfeinrichtungen durchgeführt werden konnten, haben im Berichtszeitraum auch diejenigen Forschungsprojekte des Bauingenieurwesens weiter zugenommen, die hauptsächlich im Computerlabor bearbeitet werden. Sie tragen inzwischen ganz wesentlich zum Forschungsprofil der Fakultät bei. Zu nennen sind hier vor allem theoretisch orientierte Forschungen, die dem international eingeführten Themenkreis des "Computational Mechanics“ zuzuordnen sind. Dazu gehören die DFG-Forschungsgruppe 500 „Computerorientierte Destruktion komplexer Tragwerke durch Sprengung“ und der DFG-Schwerpunkt „Systemdynamik und Langzeitverhalten von Fahrwerk, Gleis und Untergrund“, in dem der instationäre, elastische Rollkontakt als Teilaufgabe bearbeitet wird, und die nichtlineare Modellierung und Simulation der Tragsicherheit und die Risikoanalyse komplexer Strukturen, mit Anwendungen z. B. auf Großsilos, Landebahnen von Flughäfen und auf das Brückenbauwerk „Blaues Wunder“.
Einen immer breiteren Raum nehmen an verschiedenen Lehrstühlen probabilistische Untersuchungen ein, so z. B. zur Stahlgüteauswahl, zur Gebrauchstauglichkeit im Verbundbau und zur probabilistischen Bemessung. Durch den Wunsch, alte Bauwerke zu erhalten, bei denen "normale" Berechnungsverfahren keine ausreichende Standfestigkeit mehr ergeben, werden Eigenschaften und Widerstände der einzelnen Materialien in Verteilungsfunktionen erfasst und mit den ebenfalls statistisch verteilten Einwirkungen verglichen. Auf diese Weise konnten bereits mehrere, kulturhistorisch wertvolle Bauwerke "gerettet" werden.
Zur multimedialen Unterstützung des Studienganges Bauingenieurwesen wird, gemeinsam mit der TU Braunschweig, eine multimediale Lehr- und Lernplattform namens „Portiko“ entwickelt, die nun erprobt und implementiert werden soll. Im Bereich des Informationsmanagements im Bauwesen wurden Verfahren und Arbeitstechniken für das gleichzeitige verteilte Arbeiten im Netz erforscht, das so genannte „Concurrent Engineering“, z. B. für den Planabgleich von Planungsteams am virtuellen Runden Tisch, und Konzepte entworfen für einen virtuellen Arbeitsplatz zur koordinierten Bearbeitung mehrerer gleichzeitig laufender Projekte mit Workflow-Management, Informations- und Service-Logistik. Im Baubetriebswesens liegen die Forschungsschwerpunkte im Risikomanagement von Bauunternehmen, bei wissensintensiven Dienstleistungen im Facility Management und in der Modellierung und Simulation von Bau- und Geschäftsprozessen, welche mit Hilfe neuer Kommunikationstechniken die Unternehmensabläufe verbessern.
In einem EU Forschungsprojekt namens „Care-W“ wurde Software für die langfristige Erneuerungsplanung von Trinkwasserversorgungsnetzen und für die Prioritätensetzung bei Erneuerungsprojekten entwickelt und getestet. Ein analoges Forschungsverbundprojekt „CARE-S“ zum Thema der computergestützten Erneuerungsplanung von Abwassernetzen konnte Anfang November in Dresden gestartet werden.
Zum besonderen Forschungsprofil der Fakultät Bauingenieurwesen gehören auch die hydromechanischen und wasserbaulichen Arbeiten, die an physikalischen Modellen im „Hubert Engels-Labor“ und in mathematischen Modellen am Rechner simuliert werden. Einen breiten Raum nehmen die Untersuchungen zur Analyse der Hochwasserereignisse vom August 2002 ein. Mit Hilfe von numerischen Modellen werden die Abflussverhältnisse der Elbe, der Weißeritz, der Müglitz und der Mulde simuliert und Durchflussmessstellen kalibriert. Hervorzuheben sind auch die wasserwirtschaftlichen Untersuchungen des Abaya-Chamo Bassins in Äthiopien im Rahmen der Deutschen Technischen Zusammenarbeit.
Schließlich sind auch die Forschungsbeiträge zu nennen, die in interdisziplinären Projekten der Bauökologie aus der Fakultät Bauingenieurwesen geleistet und im Bericht über das Validierungsaudit an der TU Dresden positiv vermerkt sind. Das Verbundprojekt mit dem Institut für ökologische Raumentwicklung Dresden e. V. und dem Öko-Institut Darmstadt zur Ökobilanzierung technischer Infrastruktur und zur Anwendung der Szenariotechnik für eine nachhaltige Wohngebietsentwicklung konnten im Berichtszeitraum abgeschlossen werden, desgleichen eine Expertise zu Erfordernissen und Finanzierung der Anpassung der technischen Infrastruktur im Zuge des Stadtumbaus im Rahmen des Förderprogramms Stadtumbau-Ost.
Diese große Bandbreite an Forschungsprojekten, die im Berichtszeitraum in der Fakultät Bauingenieurwesen durchgeführt wurden, zeigt, wie vielseitig und faszinierend das Arbeitsfeld von Bauingenieuren sein kann. Dies erfahren auch unsere Studierenden, die in diese Projekte einbezogen werden, und die wissenschaftlichen Mitarbeiter, die sich nach ihrem Studium, überwiegend auf Drittmittelstellen, weiter qualifizieren.
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