Forschungsbericht 2006 Fakultät Bauingenieurwesen
Vorwort des Dekans der Fakultät Bauingenieurwesen
zum Forschungsbericht 2006 der TU Dresden
Die Fakultät Bauingenieurwesen hat unter den Bedingungen eines verschärften Wettbewerbs, der die disziplinären und nationalen Grenzen längst überschritten hat und mehr und mehr von interdisziplinären und internationalen Kooperationen und Allianzen bestimmt wird, im Berichtsjahr 2006 beachtliche Erfolge bei der Einwerbung und Umsetzung innovativer und zukunftsweisender Forschungsprojekte erzielt.
Die Drittmitteleinnahmen konnten von 3,9 Mio EUR auf 4,3 Mio EUR erhöht werden. Die Forschungsprojekte umfassen dem Berufsbild des Bauingenieurs entsprechend Themengebiete anspruchsvoller Grundlagenforschung wie auch vermehrt Aufgabenstellungen angewandter industrieller Forschung.
SFB 528 Textile Bewehrung
Im Forschungsprofil der Fakultät Bauingenieurwesen nimmt der Sonderforschungsbereich 528 der DFG "Textile Bewehrungen zur bautechnischen Verstärkung und Instandsetzung" eine zentrale Stelle ein. Die dritte Förderperiode bis 2008 ist von der DFG genehmigt worden. Der Schwerpunkt der Arbeiten im SFB liegt jetzt bei der Untersuchung der Langzeiteigenschaften und der Optimierung des Verbundwerkstoffes für den praktischen Einsatz und der Dauerhaftigkeit von Baustoffen und Stoffsystemen im Zusammenhang mit Instandsetzungstechnologien. Das Interesse aus der Praxis hat spürbar zugenommen.
Nach der ersten Brücke aus textilbewehrtem Beton in Oschatz aus Anlass der Landesgartenschau 2006 wird zur Zeit die zweite Brücke für die Stadt Kempten im Allgäu geplant und voraussichtlich im Frühjahr 2007 errichtet. Im Herbst 2006 wurde erstmalig eine große Stahlbeton-Schale mit Hilfe des textilbewehrten Betons verstärkt. Eine etwa 40 m weit gespannte und 8 cm dicke Hypar-Schale aus Stahlbeton wurde mit einer etwa 1 cm dünnen Schicht Textilbeton verstärkt und so vor dem ansonsten unweigerlichen Abriss gerettet. Eine besonders leichte und dünne textilbewehrte Betonplatte erhielt bereits ihre bauaufsichtliche Zulassung. Abgeleitet aus den Ergebnissen der Grundlagenforschung sind insbesondere die Arbeiten an Projekten vorangetrieben worden, die anwendungstechnische Umsetzungen der faserverstärkten Baustoffe beispielsweise im Rohrleitungs- und Fassadenbau ermöglichen.
Weitere DFG-geförderte Projekte
Neben dem Sonderforschungsbereich 528 wurden durch die DFG weitere Projekte gefördert. Zu nennen sind insbesondere die Forschergruppen 500 "Computerorientierte Destruktion komplexer Tragwerke durch Sprengung" und 597 "Bruchmechanik und Statistische Mechanik von verstärkten Elastomerblends", der Forschungsschwerpunkt 1103 "Vernetzt-kooperative Planungsprozesse im Konstruktiven Ingenieurbau". Beispielhaft sollen die Arbeiten zur mehraxialen Festigkeit von Ultra-Hochfestem Beton genannt werden.
Baukonstruktion
Am Institut für Baukonstruktion wurde die Forschung in den Bereichen des Konstruktiven Glasbaus, der Fassadentechnik und der gebäudeintegrierten Photovoltaik mit mehreren neuen Forschungsprojekten umfangreich ausgebaut. Innerhalb eines In-noNet-Verbundprojekts (BMWi) wird ein hochtransparentes Stahlglas-Dachsystem entwickelt, das die Verglasung maßgeblich an der Lastabtragung beteiligt. Darüber hinaus wird in einem ProInno II Projekt (BMWi) der Einsatz von Glas-Kunststoff-Verbundsystemen als angriffhemmende Überkopfverglasung untersucht. Durch das laufende EU-Projekt zur Weiterentwicklung der Dünnschichttechnologie für gebäudeintegrierte Photovoltaik wird in der Forschungsinitiative ZukunftBau (BMVBS) die direkte Anwendung bei Kompositpaneelen mit teils farbigem Glas für vorgehängte, hinterlüftete Fassaden gefördert. Die Projekte zum Einsatz neuer Technologien der Energieversorgung und -einsparung bei Baudenkmalen (DBU, E.On) wurden im Berichtsjahr fortgeführt. Erfolgreich weitergeführt wurden auch die umfangreichen Untersuchungen lastabtragender Klebungen (BMWi, Industrie). Im Rahmen des Nachwuchs-Förderprogramms "InnoProfile" (BMBF) wurde eine interdisziplinäre Nachwuchsforschungsgruppe zur Schaffung anwendungsorientierten Wissens im Konstruktiven Glasbau und in der Fassadentechnik ausgewählt: Neue Konstruktionsarten und Verbindungstechniken, vorzugsweise Klebverbindungen, werden in enger Zusammenarbeit mit 15 Unternehmen der Region entwickelt und untersucht.
Computerbasierte Forschung
Während diese Forschungsarbeiten nur dank der an der Fakultät vorhandenen, gut ausgestatteten Labore und Prüfeinrichtungen durchgeführt werden konnten, wurden im Berichtszeitraum auch weiterhin Forschungsprojekte bearbeitet, die hauptsächlich auf Computerberechnungen basieren. Sie tragen inzwischen ganz wesentlich zum Forschungsprofil der Fakultät bei. Zu nennen sind hier vor allem theoretisch orientierte Forschungen, die dem international eingeführten Themenkreis des "Imprecise Computational Mechanics" zuzuordnen sind, wie zum Beispiel die von der DFG geförderten Projekte "Unscharfe Prozesssimulationsmodelle für numerisches Tragwerksmonitoring ", "Analyse und Prognose von Zeitreihen mit Fuzzy-Daten zur Prädiktion von Strukturantworten" und "Stichprobeninduziertes Simulationsverfahren zur fuzzy-probalistischen Tragwerksanalyse und Sicherheitsbeurteilung".
Aufbauend auf langjährigen Erfahrungen wurde mit dem fakultätsübergreifenden Projekt "ARiEL ? Ausbau der Regionalbetreuung in eLearning" zur Steigerung der Akzeptanz und zur Verstetigung von eLearning in den Ingenieurfakultäten begonnen. Das grafische Informationssystem der Technischen Universität "Campus-Navigator" konnte um das entwickelte Routingsystem zur Suche auf dem Campus sowie innerhalb der Gebäude insbesondere auch für mobilitätseingeschränkte Besucher erwei-tert werden. Im Bereich des Informationsmanagements wurden Methoden zur Unterstützung virtueller Bauorganisationen auf Basis von GRID-Technologie und Ontolo-gien im Rahmen eines EU- und eines BMBF-Projektes untersucht. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, die dynamischen Produktionsprozesse des Bauwesens kontinuierlich an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen, sowie die heterogenen und verteilten Informationen und Dienste der beteiligten Unternehmen und Berater zu einem virtuellen Projektsystem zu verbinden. Für das kooperative modellbasierte Planen wurden Methoden für lange Transaktionen und eine Konfliktlösungsstrategie entwickelt, die es erlauben, parallel an denselben Daten Änderungen vorzunehmen, diese zu identi-fizieren und einer konsistenten Lösung zuzuführen.
Baubetriebswesen
Im Baubetriebswesen liegen die Forschungsschwerpunkte bei wissensintensiven Dienstleistungen im Facility Management, im Risikomanagement von Bauunternehmen und in der Modellierung und Simulation von Bau- und Geschäftsprozessen, welche mit Hilfe neuer Kommunikationstechniken die Unternehmensabläufe verbessern. Weitere Schwerpunkte bilden die Ermittlung der Investitionskosten mit Hilfe stochastischer Methoden für Infrastrukturprojekte, der Sicherheits- und Gesundheitsschutz sowie der Einsatz der RFID-Technologie im Bauwesen.
Stadtbauwesen und Straßenbau
Im Institut für Stadtbauwesen und Straßenbau konnte das EU-Forschungsverbundprojekt CARE-S erfolgreich abgeschlossen werden. Die stadttechnische Infrastrukturanpassung bei demographischer Alterung und Schrumpfung bildet weiterhin einen Forschungsschwerpunkt. Andere bedeutende Forschungsmaßnahmen befassen sich mit der Erstellung eines Bemessungs- und Prognosemodells für Asphaltbefestigungen, mit Untersuchungen zu wasserdurchlässigem Asphaltbeton, zur Ermittlung von Klimadaten als Grundlage für Bemessungsmodelle und mit der Erstellung eines Modells zur Substanzbewertung und Prognose von Straßenbefestigungen.
Wasserbau und Technische Hydromechanik
Das Institut für Wasserbau und Technische Hydromechanik ist mit zwei Forschungsthemen in die BMBF Förderaktivität "Risikomenagement extremer Hochwasserereignisse" (RIMAX) eingebunden. Hauptinhalte der Bearbeitungen sind die Verbesserung der Retention im Einzugsgebiet von Flusssystemen, die Verringerung des Hochwasserrisikos und Fragestellungen im Zusammenhang mit der Ökologie und Nachhaltigkeit. Im Vordergrund der wissenschaftlichen Fragestellungen standen im Bereich Wasserbau vor allem der Modellversuch zum Hochwasserschutz der Stadt Grimma (physikalisches und zweidimensionales numerisches Modell) sowie der Abschluss eines vierjährigen Monitorings an einem Leitwerk im Abschnitt Gallin/Wittenberg an der Elbe. Einen breiten Raum innerhalb der Forschung nehmen Analysen zur Hochwassersicherheit und zu Hochwasserschutzkonzepten an Fließ- und Boddengewässern ein. Mit Hilfe von numerischen Modellen wurden für urbane und ländliche Räume Strömungsparameter an verschiedenen Flusssystemen simuliert. Das von der DFG finanzierte Forschungsprojekt, welches in Kooperation mit der Universität Freiberg durchgeführt wurde und inhaltlich die hydrodynamischen Prozesse bei der Entstehung von Rillen bei großflächigen Überland-Abflüssen untersuchte, wurde erfolgreich abgeschlossen. Im abgelaufenen Jahr wurden weiterhin Forschungsarbeiten zur Ermittlung von Parametern für die Bemessung von Küstenschutzbauwerke an der gesamten Außen- und Boddenküste der Ostsee von Mecklenburg-Vorpommern abgeschlossen. Hervorzuheben sind abschließend die wasserwirtschaftlichen Untersuchungen des Abaya-Chamo Bassins in Äthiopien, welche weiterhin im Rahmen der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit durchgeführt werden.
Forschen innerhalb der Profillinien
Die Forschungsarbeiten an der Fakultät Bauingenieurwesen folgen nahezu ausschließlich den Profillinien der Technischen Universität Dresden. Die Vielfalt der beschriebenen Forschungsprojekte ist kennzeichnend für das umfassende Arbeitsfeld, das die Studierenden des Bauingenieurwesens im Berufsleben erwarten wird.
Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fakultät, die mit großem Einsatz den Fortgang der Forschung bestimmen, und den Studierenden, die in großer Anzahl in die Projekte eingebunden sind, sei für ihre Leistung an dieser Stelle herzlich gedankt.