Grundlagen für die Gefüge- und Verbundoptimierung der Matrices von textilbewehrten Betonen
Kurzbeschreibung (Deutsch)
Einschränkungen des Verbundes und der Dauerhaftigkeit von glasfaserver¬stärkten Betonen entstehen durch Veränderungen der Oberflächenbeschaffen¬heit der Glasfaser-Rovings und der Gefügebeschaffenheit in der Kontaktzone zwischen Roving und umgebender Matrix. Diese Veränderungen basieren so¬wohl auf chemisch/pysikalischen als auch mechanischen Ursachen. Daraus lassen sich fünf aufeinander folgende Störungsstufen ableiten.rnDie Filamente der Glasfaser-Rovings sind mit einer extrem dünnen, die gesam-te Oberfläche bedeckenden Substanz, der Schlichte, beschichtet. Korro¬sionsvorgänge an solchen Filamenten betreffen deshalb zunächst nur diese Schlichte und können erst davon ausgehend weitere Korrosionsvorgänge oder andere Einschränkungen der Dauerhaftigkeit des Materials auslösen. rnZur Untersuchung der Prozesse in den thermodynamisch dominierten Stö¬rungsstufen ist ein Verfahren entwickelt worden, bei dem die Rovings in hoch¬alkalische Lösungen bei unterschiedlichen Temperaturen bis zu 80 oC über län¬gere Zeiträume eingelagert und anschließend in ESEM visuell und analytisch untersucht werden. Dieses Verfahren ermöglicht präzisere Aussagen zum Kor¬rosionsverhalten der Rovings als der SIC-Test. Die Ergebnisse lassen sich fol¬gendermaßen zusammenfassen:rnOberflächendefekte, deren Art und Häufigkeit von der aufgebrachten Schlichte abhängig sind, ließen sich im Rahmen der Versuchsparameter nur bei pH-Werten von pH=13 und Temperaturen von 80 oC nachweisen, wobei der Schä¬digungsbeginn und der Schädigungsverlauf stark von Rovingtyp abhängig sind. Als Produkte der Glaskörperumwandlungen entstehen CSH-Kristalle, die sich im Verlauf der Exposition der Fasermaterialien auf der gesamten Oberfläche der Filamente ausbreiten. rnDie VET-ARG-Fasern weisen auch nach einem Jahr Einlagerung unter derartig aggressiven Bedingungen noch größere unbeschädigte Bereiche auf, so dass auf einen langsameren Abbau der Schlichte geschlossen werden kann. Glasfa¬serkorrosion entsteht folglich nur an den Punkten auf der Oberfläche, an denen die schützende Wirkung der Schlichte aufgehoben ist. Im Falle der Einwirkung von gleichalkalischen Porenlösungen bei Raumtemperaturen konnten auch nach 180 Tagen keine Schädigungen auf den Filamenten nachgewiesen wer¬den. Eine gleiche Aussage kann auch für pH-Werte unter 12 getroffen werden.rnDer mittlere Schlichteabtrag lässt sich über einen mathematischen Ansatz in seinem zeitlichen Verlauf im Voraus abschätzen. Daraus kann abgeleitet wer¬den, dass unter üblichen Umgebungsbedingungen bei einer Einbettung in Be-ton auch nach mehreren Jahren noch eine ausreichend schützende Schicht vorhanden ist. rnAuch nach einem möglichen weitgehenden Schlichteabtrag findet jedoch bei AR-Glasfasern mit hohem ZrO2-Gehalt, die sich in einer hochalkalischen Be-tonumgebung befinden, offenbar nur geringe festkörperabtragende Korrosion des Glaskörpers statt. Untersuchungen an schlichtefreien Fasern zeigen, dass im Falle höherer ZrO2-Konzentration der Korrosionsverlauf deutlich verlangsamt ist. rnZur Untersuchung der Dauerhaftigkeit von in Beton eingebetteten Rovings er-folgte eine Lagerung in der Nebelkammer bei 40 oC. Werden unter diesen Be-dingungen Festigkeitsminderungen festgestellt, dann basieren sie auf fest¬körperbildenden Vorgängen. Durch kristalline Aufwachsungen aus der Umge¬bung des Rovings entstehen filmartige bzw. schalenartige Umhüllungen der Filamente, die das Verformungsverhalten der Filamente örtlich ungünstig beein-flussen können. Dominieren in dem CH- und CSH-Phasengemisch die CH-Phasen, so werden die Umhüllungen dickwandig und führen zu Versprö¬dungen, die bei Zug- oder Biegebeanspruchungen festigkeitsmindernd wirken. Das Ge-füge der schalenartigen Umhüllungen und damit ihre Versprödungswirkung in-folge von Aufwachsungen kann mit betontechnologischen Maßnahmen gesteu-ert werden. Es kommt dabei darauf an, daß das bei der Klinkerhydratation sich bildende Caciumhydroxid durch puzzolanische Reaktion im Gleichklang zum Hydratationsfortschritt kontinuier¬lich abgebaut wird. Die damit verbundene Ab-pufferung der Alkalien wirkt sich auf den Schlichteerhalt positiv aus. Die einher-gehende Absenkung des pH-Wertes der Porenwasserlösung kann auf ein Ni-veau begrenzt werden, daß der passivierende Korrosionsschutz einer Stahlbe-wehrung im Beton nicht gefährdet wird. rnLastabhängige Einwirkungen sind nur dann für die Dauerhaftigkeit von Bedeu-tung, wenn die Glasfaserbewehrung im Bauteil risseüberbrückende Funktion beim Lastabtrag erhält. Für die Beschreibung der mit zunehmender Rissbreite ablaufenden Mechanismen wurde ein Verbundmodell als „Haft¬brückenmodell“ entwickelt. Danach sind alle Filamente mit dem Beton und untereinander über Haftbrücken aus Bindemittelpartikeln verbunden. Art und Verteilung der Haft-brücken über den Garnquerschnitt bestimmen die möglichen Verformungslän-gen der rissüberbrückenden Filamente. Mit zunehmender Riss¬breite erfolgt ein sukzessives Zugversagen der Filamente des Garns. Das Last-Weg-Verhalten der rissüberbrückenden Garne lässt sich aus der Verteilungs¬funktion der Ver-formungslängen über den Garnquerschnitt grundsätzlich her¬leiten und rechne-risch vorausbestimmen. rnIn der Wechselwirkungszone von Multifilamentgarnen zu Feinbeton besitzen die einzelnen Filamente des Rovings je nach ihrer Lage unterschiedlich starken Kontakt zur Matrix. Die Filamente am Rand des Rovings weisen einen hin¬reichend guten Verbund auf, die Filamente im Inneren des Rovings werden kaum von Hydratationsprodukten erreicht und stehen folglich nur über einen geringen Reibungsverbund für die Tragwirkung zur Verfügung. rnVerbesserungen des Verbundverhaltens und gleichzeitig auch der Dauerhaftig¬keit lassen sich durch Modifizierungen von Garn und Matrix mittels polymerer Zusätze erreichen, wobei die Effekte bei Tränkung der Rovings gegenüber ei-ner Matrixmodifikation deutlich dominieren. Ebenso wie bei der originalen Schlichte zeigen die im Versuchsprogramm des TP A2 ausgewählten polyme-ren Beschichtungen im Falle einer hochalkalischen Umgebung nach Einwir-kungsdauern von mehr als 56 Tagen deutliche Verschlechterungen ihrer Wirk-samkeit, insbesondere bei unverfilmten Polymeren. rnUnverfilmte Polymere wirken vorrangig über Reibungseffekte, bei verfilmten Polymeren dominiert die adhäsive Wirkung an Festkörperoberflächen. Da auf¬grund ihrer geringen geometrischen Abmessungen Polymerpartikel bis in die Kernzone des Rovings eindringen können, erhöht sich die Auslastung des Ro-vings bei Lasteinwirkung beträchtlich. Polymere mit Filmtemperaturen über der Raumtemperatur erweisen sich dabei als besonders günstig, da durch die nach-trägliche Verfilmung bei Temperaturerhöhung ein homogener Verbund inner-halb des Rovings und in der Kontaktzone geschaffen wird. Bei polymer¬beschichteten Rovings, bei denen eine Verfilmung vor dem Einbringen in die Matrix erfolgte, resultieren dagegen nur geringfügige Verbesserungen der Ver¬bundeigenschaften. rnBei der Applikation auf multiaxiale Gelege führen Beschichtungen darüber hin¬aus zu einer Verfestigung der textilen Struktur, wodurch sich die Handhab¬bar¬keit beim Einbau in den Beton erheblich verbessert. Dazu ist es erforderlich, dass die Beschichtung die Rovings allseitig umhüllt, in die Kreuzungspunkte (Knoten) und bis in die Kernzone eindringt und die inneren Filamente miteinan¬der verbindet. Die durchgeführten Beschichtungen der textilen Strukturen paral-lel mit der Fertigung auf einer Multiaxial-Nähwirkmaschine führen zu einer durchgängigen Durchdringung des textilen Gewirkes mit lokalen Anhäufungen von Beschichtungsmaterial im Bereich der Maschenstruktur, die jedoch nach bisherigen Untersuchungen keinen negativen Einfluss auf das Verbundverhal¬ten im Beton haben. Dieses Beschichtungsverfahren lieferte vor allem im Ma-schenbereich bei geringem Materialverbrauch einen dünnen und gleich¬mäßigen Auftrag, der zu einer flachen Gewirkestruktur führt. Der Einfluss dieser flachen Struktur auf das Verbundverhalten ist noch nicht hinreichend bekannt. rnMit der nachträglichen Beschichtung des Garnes wird ein deutlich höheres Ar-beitsvermögen im Bereich großer Verformungen bzw. Rissbreiten, also im Be-reich des Grenzzustandes der Tragfähigkeit erreicht. Vor und unmittelbar nach Anriss des Betons sowie bei geringen Rissbreiten entstehen dagegen mit nach-träglichen beschichten Multifilamentgarnen nur geringfügige Verbesserun¬gen des Last-Verformungs-Verhaltens. Eine Verbesserung dieser Situation kann durch die Zugabe von Kurzglasfasern erreicht werden. Eine Zugabe von Kurz-glasfasern unter 1 Vol.-% zur üblichen, mit Multifilamentgarnen bewehrten Feinbetonmatrix kann modellhaft als eine Vergrößerung der Fill-In-Zone der Rovings betrachtet werden. Die lastabtragenden Wirkungen beider Beweh-rungssysteme (sowohl Kurzfaser als auch Multifilamentgarn) addieren sich. Bei geringen Verformungen dominiert die Wirkung der Kurzglasfaser, bei großen Rissbreiten überwiegt der von den Multifilamentgarnen geleistete Anteil. Sowohl die maximale Faserauszugkraft als auch das Arbeitsvermögen des Verbund-baustoffes verbessern sich deutlich. In Abhängigkeit von den mechanischen und oberflächenchemischen Eigenschaf¬ten der Kurzglasfaser konnten Steige-rungen des Arbeitsvermögens des Ver¬bundbaustoffes auf über 200% ermittelt werden. Längere Kurzfasern zeigen bei gleichbleibenden Faservolumengehal-ten bessere Effekte, das Gleiche gilt für höhere Faservolumengehalte bei kon-stanten Faserlängen. Die pseudoduktilen Eigenschaften des textilbewehrten Betons bleiben erhalten.rnDas Teilprojekt ist zum 30. 09. 2006 beendet worden.
Zugeordneter Sonderforschungsbereich
SFB 528 Textile Bewehrungen zur bautechnischen Verstärkung und Instandsetzung
Schlagwörter
Textilbewehrter Beton, Dauerhaftigkeit, Zeitraffertests, Verfahrensoptimierung, Verbundoptimierung