Einzugsgebietshydrologie
Die AG Einzugsgebietshydrologie widmet sich der Beobachtung, Analyse und modellgestützten Simulation von Gebietswasser- und –stoffflüssen unter sich ändernden Randbedingungen. Der Fokus liegt auf dem Verstehen hydrologischer Prozesse im System Boden-Pflanze-Atmosphäre, bei der Hochwasserentstehung und des Gebietswasserhaushalts im Skalenbereich Kleinsteinzugsgebiet bis Flussgebiet z.B. der Elbe. Die wissenschaftlichen Herausforderungen resultieren aus einem gewählten integrativen Forschungsansatz, welcher ausgehend von hydrologischen Beobachtungsnetzwerken eine datengestützte komplexe Prozessanalyse verknüpft mit einer Erklärung und Simulation dieser Prozesse im Einzugsgebietsmaßstab. Im Mittelpunkt stehen hier die Erarbeitung von Beschreibungsansätzen für Herkunftsräume, Fließwege und Verweilzeiten des Wassers im Einzugsgebiet als Grundlage der Verknüpfung von Wasser- Stoff und Energieflüssen, die Erstellung von regionalen physikalisch begründeten Parametermodellen sowie die Implementierung adaptiver Prozessbeschreibungen z.B. für das Pflanzenwachstum. Dies bildet die Grundlage für belastbare Vorhersagen z.B. von Änderungen im Wasserhaushalt oder bei der Hochwassergenese infolge von Klimawandel und/oder Landnutzungsänderungen.
Bespielhaft für eine komplexe Prozessanalyse seien Untersuchungen im Einzugsgebiet der Großen Ohe (Nationalpark Bayerischer Wald) genannt, wo die hydrologischen Prozesse durch ein Borkenkäfer induziertes flächenhaftes Waldsterben massiv beeinflusst wurden.
Die Ergebnisse ermöglichen ein verbessertes Verständnis der Hochwasserentstehung und des Einflusses von Veränderung auf diese. Eine Fortsetzung finden diese Arbeiten u.a. in einem Teilprojekt der Nachwuchsforschergruppe “Extremereignisse in kleinen und mittleren Einzugsgebieten (EXTRUSO)”.
Großen Wert legt die Arbeitsgruppe auf die Überführung von Ergebnissen aus der Grundlagenforschung in die Praxis. Fußend auf Ergebnissen aus dem DFG-SPP "Regionalisierung in der Hydrologie" (Fließweg- und Herkunftsraumanalyse, regionale Parametermodelle) und einer Pilotuntersuchung für die Mulde im BMBF-Verbundvorhaben "Elbeökologie" erfolgte eine "Abschätzung der Auswirkung der für Sachsen prognostizierten Klimaveränderungen auf den Wasser- und Stoffhaushalt in den Einzugsgebieten der sächsischen Gewässer" (KliWES). Für den Istzustand (1951-2010) und 20 Klima- und/oder Landnutzungsszenarien (1961-2100) wurde der Wasserhaushalt Sachsens räumlich und zeitlich hochaufgelöst berechnet. Die Ergebnisse stehen als Webapplikation www.wasserhaushaltsportal.sachsen.de zur Verfügung. Diese besteht aus einer an der Professur Hydrologie erstellten Web-GIS Anwendung zur Recherche vorab berechneter Wasserhaushaltsergebnisse und in einem Expertensystem zur webbasierten Online-Berechnung nutzerspezifischer Wasserhaushaltsszenarien. Für dieses Projekt wurden die Bearbeiter auf dem "Tag der Hydrologie 2016" mit dem Preis für die innovativste Lösung ausgezeichnet. Derzeit erfolgt eine Weiterentwicklung mit dem Ziel der Verbesserung der Abbildung des adaptiven Verhaltens der Vegetation und des Grundwasserspeichers innerhalb einer durch ein ESF-Stipendium geförderten Promotion.
Projektliste:
- HUeBro: Haushebung in Überschwemmungsgebieten am Beispiel des Elbe-Dorfes Brockwitz
- KliWES: Abschätzung der Auswirkung der für Sachsen prognostizierten Klimaveränderungen auf den Wasser- und Stoffhaushalt in den Einzugsgebieten der sächsischen Gewässer
- HWRESA: Entwicklung einer neuen Hochwasserstatistik für Sachsen durch gekoppelte Auswertung meteorologisch-hydrologischer Daten im regionalen Bezug.
- VERIS-Elbe: Veränderungen und Management der Risiken extremer Hochwasserereignisse in großen Flussgebieten − am Beispiel der Elbe.
- Tracerhydrologische isotopenchemische Analyse der Verweildauer der Boden- und Grundwässer gekoppelt mit einer bilanzgestützten Abflusskomponentenanalyse in den Einzugsgebieten von Große Ohe und der Trinkwassertalsperre Frauenau im Nationalpark Bayerischer Wald
- Untersuchung des Weg-Zeit-Verhaltens salinarer Einträge in die Unstrut mit isotopenhydrologischen Methoden.
- Elbeökologie: Potentielle Auswirkungen von Umweltveränderungen auf das Fließweg- und Zeitverhalten verschiedener Abflusskomponenten und den daran gekoppelten flächennutzungsabhängigen Stickstoffaustrag aus Festgesteinseinzugsgebieten der Elbe
- DFG-SPP Regionalisierung in der Hydrologie: Regionalisierung von Abflusskomponenten, Umsatzräumen und Verweilzeiten für kleine Mittelgebirgseinzugsgebiete
Infrastruktur:
- Für Feldarbeiten können das Versuchsgebiet Wernersbach sowie über eine Kooperation mit dem Nationalpark Bayerischer Wald gut instrumentierte Gebiete in der Großen Ohe genutzt werden.
- Am Lehrstuhl liegen bis in die 1970-iger zurückreichende isotopenhydrologische Messreihen (3H, D, 18O) vor. In Kooperation mit dem Lehrstuhl Grundwasserwirtschaft können Messungen stabiler Isotope durchgeführt werden.
- Für Messungen von Fluoreszenztracern steht ein Spektrometer LS50B bereit.
- Mehrere leistungsfähige Server am Lehrstuhl gekoppelt mit dem Zugriff auf virtuelle Maschinen am Zentrum für Informationsdienste und Hochleistungsrechnen (ZIH) der TU Dresden ermöglicht es der Arbeitsgruppe z.B. große Datenmengen effektiv zu verarbeiten oder innovative multikriterielle Verfahren zur Parameteroptimierung effizient anzuwenden.