Große Hydrologische Exkursion 2006
Ein Erlebnisbericht des Jahrganges 2002
Dauer: 30.07.2006 – 10.08.2006
Es war soweit, die große hydrologische Exkursion stand vor der Tür. Für uns bedeutete das jedoch nicht nur Vorfreude auf eine spannende Forschungsreise sondern auch ein wenig Wehmut, denn immerhin sollte dies die letzte Unternehmung sein, die unser Jahrgang im Rahmen des Studiums gemeinsam verbrachte.
Aber zunächst einmal hieß es: Auf in die Berge!
30.07.2006 Ankunft in Bregenz
Nach einer recht langen Fahrt von Dresden nach Bregenz nutzten wir den Rest des Anreisetages zum Sonnetanken und zum Baden im Bodensee.
Am Abend gab es im Garten der Jugendherberge Abendbrot in geselliger Runde.
31.07.2006 Besichtigung der Rheinregulierung, der neuen Rheinmündung und der Leitdämme im Bodensee; Zwischenstopp in der Aacheschlucht und Weiterfahrt zum Grimselhospiz
Der nächste Tag begann mit der Besichtigung der Ausstellungshallen des "Rhein Schauen" e.V. Hier erfuhren wir zahlreiche Details zum Thema Rheinregulierung, welche zur Verringerung der Geschiebeablagerungen in den Buchten des Bodensees sowie des Hochwasserschutzes dienen soll. Das Jahrhundertprojekt der Rheinregulierung (Fertigstellung ca. 2015) wird durch eine Verlängerung des Rheinlaufes mittels Dämmen durchgeführt, welche den Verlauf des Flusses innerhalb des Bodensees korrigieren. Nach dem theoretischen Teil, fuhren wir mit der Vereinseigenen Schmalspurbahn an den "Fuß" der Rheinregulierung und konnten uns somit selbst ein Bild der gigantischen Dammanlage machen und die eine oder andere Frage zum Objekt direkt vor Ort klären.
Nach der Führung bekamen wir eine großzügige Stärkung, bevor es dann in Richtung Grimselpass weiter ging.
Auf dem Weg zum Grimselpass wurden wir Zeugen, eines Motorradunfalls. Zum Glück überlebte der Fahrer, das Warten auf Polizei und Krankenwagen dauerte jedoch ewig, wodurch einige von uns erst sehr spät wieder den Weg in Richtung Grimselpass aufnehmen konnten.
Während ein Teil unserer Gruppe sich die wunderschöne Aacheschlucht ansah, blieb etwas Zeit für eine kleine Abkühlung unserer Härtesten. Während die Anderen der schönen Landschaft frönten sprangen sie bei Sprühregen und Gänsehautwetter beherzt in die Fluten des erstbesten Baches.
Je näher wir dem Grimselpass kamen, desto dichter wurden die Wolken. In dieser bizarren Atmosphäre bahnten wir uns den Weg hinauf zum Pass und waren sichtlich erleichtert, als uns die ersten Lampen der Zufahrtsrampe des Hospizes, welches uns als Quartier dienen sollte, entgegen leuchteten.
01.08.2006 Kraftwerksführung, Kristallhöhle, Staumauer- und Wasserschlossbesichtigung, Weiterfahrt nach Sion
Am nächsten Tag ging es dann frisch und munter, aber mit dürftigem Wetter, ab in die kilometerlangen Tunnel des Grimselkraftwerks. Von diesem insgesamt 130 km langen Tunnelsystem werden ca. 100 km für den Wassertransport verwendet und nur 30 km sind begeh- bzw. befahrbar. Durch den befahrbaren Teil der Anlage, gelangten wir mit unseren Kleinbussen zum Herz der Anlage.
Von hier aus werden ca. 1 Mio. Schweizer durch ein 400 km² großen Einzugsgebiet mit Strom aus Wasserkraft versorgt. Allerdings mussten wir zu unserem Erstaunen hören, dass es sich bei dieser Anlage mit einer Leistung von 1000 MW noch um eine mittlere Kraftwerksanlage handelte.
Im Stollensystem des Kraftwerkes, gab es aber nicht nur technische Dinge zu entdecken, so beherbergt der Felsen des Bergmassives wunderschöne und kostbare Kristallhöhlen. Wie die damaligen Bergarbeiter, hätte sich sicher auch der ein oder andere Student gern an den wunderschönen Bergkristallen bedient!
Nach dem Kraftwerk besichtigten wir die dazugehörige Gewichtsstaumauer der Anlage am Räterichsbodensee. Die Mauer fasst in diesem See Wasser aus einem 52 km² großen Einzugsgebiet und weißt eine Höhe von 92 m und eine Kronenlänge von 465 m auf. In der Zwischenzeit hatte es sich extrem zugezogen und man konnte in der Staumauer trotz der Dunkelheit beinahe mehr sehen, als draußen! Und langsam kroch uns die Kälte in die Knochen.
Aber mit einer Portion Humor und Wissensdurst machte das ganze doch Spass und so machten wir uns auf den Weg zum Wasserschloss des Kraftwerkes.
Was kaum zu glauben war: Während der Besichtigung des Wasserschlosses, des Kraftwerkes der KWO kam sogar die Sonne raus und so konnten wir zum Abschluss diesen Tages noch einen kurzen Blick über das atemberaubendes Tal mit dem Stausee werfen.
02.08.2006 Besichtigung der Grande Dixence und der Pyramiden von Euseigne
Die Besichtigung des Kraftwerkes, der Staumauer und der Leitzentrale der Grande Dixence Kraftwerkgesellschaft war einer der Höhepunkte der Exkursion. Nach einer Führung durch das Kraftwerke, dessen Turbinen- und Generatorraum begehbar sind, da der Werkbetrieb auf Grund eines tragischen Unfalls auch heute noch nur eingeschränkt läuft, machten wir uns auf den Weg zur Besichtigung der Leitzentrale der Kraftwerksgesellschaft in Sion. Diese Leitstelle ist eine von 4 Steuerzentralen, welche die Stromversorgung in insgesamt 18 Kantonen steuern.
Am Nachmittag fuhren wir dann zur größten Gewichtsstaumauer der Welt, der Grande Dixence mit einer Höhe von 285 m. An der Basis besitzt sie eine Dicke von 200 m, die Kronenlänge beträgt 695 m. Jeder von uns war fasziniert von der imposanten Baugeschichte (der Bau erfolgte zwischen 1951 bis 1965) und den Ausmaßen der Staumauer, welche uns auf der Führung durch das Innere des Bauwerkes mit Bild und Ton vermittelt wurden.
So liegt der Stausee der Mauer auf einer Höhe von 2365 müNN und weist eine Fläche von 3,65 km² mit einer maximalen Tiefe von 227 m auf.Nach einem kleinen Fußmarsch oben auf der Mauer angekommen, bietet sich dann ein fantastischer Ausblick auf das darunter liegende Tal und den riesigen Stausee!
Der Tag wurde abgerundet durch die Besichtigung der beeindruckenden Erdpyramiden von Euseigne. Diese bizarren Felsformationen entstanden durch die stetig fortschreitende Verwitterung der aufliegenden Erd- und Schuttmassen im Tal.
03.08.2006 Besichtigung des Massa-Pegels am Aletschgletscher und Einführung in die Hochwasserproblematik in Brigg
In der Nacht vom zweiten zum dritten August war es uns vergönnt einen Teil des Festprogramms der Stadt Sion anlässlich des Schweizer Nationalfeiertages miterleben zu dürfen. Auf einer der Burgen der Stadt, wurde die Geschichte der Region, untermalt mit einer faszinierenden Lichtshow, erzählt. Anschließend konnten wir noch ein Geburtstagskind überraschen, bevor wir dann alle ziemlich fertig vom Tag und dem abendlichen Ausflug auf die Burg von Sion ins Bett fielen.
Bei tollstem Hydrologenregenwetter ging es am folgenden Tag früh morgens in Richtung Massa-Gletscherpegel weiter. Hier am Pegel des Auslasses des Aletschgletschers bei Naters wurden uns zahlreiche interessante Aspekte zur Hochgebirgshydrometrie vermittelt.
Die Fahrt mit der Gondel war überaus heimelig und wenn man Glück hatte, konnte man durch die tief hängenden Wolken einen Blick auf die atemberaubende Landschaft und vielleicht sogar dem Aletschgletscher werfen.Am Pegel selber tosten die Wassermassen mit atemberaubender Wucht in die Tiefe und jeder von uns war sichtlich beeindruckt – sowohl von den reißenden Wassermassen des Normalabflusses als auch von der Pegelanlage auf 1446 müNN. Unterhalb des Pegels, mündet das Gletscherwasser in die Speichertalsperre bei Gebidem und wird dort anschließend für die Stromversorgung des Kantons Wallis genutzt.
Am Nachmittag schauten wir uns noch eines der schönen, sehr gut erhaltenen Stelzendörfer an, in der Hoffnung, dass sich das Wetter doch noch bessert und wir uns wenigstens den Aletschgletscher aus der Nähe ansehen können. Doch das Wetter machte uns leider einen Strich durch die Rechnung.
Trotz des eher mäßigen Wetters machten wir Beste aus dem Tag und besichtigten am Nachmittag die Hubbrücke und Pegelanlage von Brigg am Fluss Saltina. Da das Einzugsgebiet dieses Flusses trotz seiner geringen Ausdehnung extreme Höhenunterschiede aufweist, kam es in Brigg durch die Überlastung des Gerinnes häufig zu katastrophalen Überschwemmungen. Als Gegenmaßnahme wurden innerhalb der Stadt im Flusslauf mehrere Geschiebekammern, eine Erhöhung der Böschung sowie eine sich selbst hebende Brücke installiert. Dabei erfolgt die Hebung der Brücke in Abhängigkeit von der Größe des Hochwassers. Am Abend nutzten wir die Regenpause für ein heiteres Abendbrot im Freien.
04.08.2006 Besichtigung des Rhonegletschers, Rheinabbruch in Flims und Weiterfahrt nach Davos
Am Morgen ging es dann zum Rhone-Gletscher. Nach einer kurzen Besichtigung der letzten Reste des einst riesigen Gletschers, welcher sich immer weiter zurückzieht, ging es von dort aus in einer langen Autofahrt zur Bergrutschung am Vorderrhein bei Flims.
Der Rheinabbruch in Flims stellt den wahrscheinlich größten Bergrutsch aller Zeiten in Europa dar. Der Rhein der heute durch die Überreste der alten Eiszeitformation fließt lud uns, nach einem lehrreichen Exkurs durch die Geologie des Gebietes bei ein wenig Sonnenschein zum pausieren und plantschen ein. Das einzige, was die Stimmung "leicht" gedrückte, war die Nachricht, dass es auf dem Vernagtferner ca. 40 cm Neuschnee gegeben hatte und die Gletscherbegehung mit hoher Wahrscheinlichkeit ausfallen würde.Und prompt schlug dann am nächsten Tag das Wetter auch wieder um.
05.08. bis 06.08.2006 Abreise von Davos in das Ausweichquartier in Klosters-Selfranga, Wanderung in den Bergen und Besichtigung historischer Dörfer
Da die Gletscherbegehung mit samt Übernachtung auf der Vernagthütte, durch den anhaltenden Schneefall tatsächlich abgesagt werden musste, wurde ein Alternativprogramm gestartet. Von Klosters-Selfranga aus unternahmen wir in kleinen Gruppen Wanderungen auf einem hydrologischen Lehrpfad in die Berge bei reichlich Regen und Nebel.
Da das Wetter keine wirkliche Besserung versprach und unsere Regensachen bis aufs Äußerste strapaziert waren, fuhren wir am nächsten Tag nach Guarda, zum Reschensee und nach Italien zum Clostera Son Jon Münstair. Und einige von uns ließen einfach mal die Seele baumeln.
07.08.2006 Besichtigung der Rheinfälle in Schaffhausen, Weiterfahrt zur JH Rohrschach über Stein am Rhein und Konstanz
Kaum hatten wir die Berge verlassen, stellte sich die Sonne wieder ein. Wir kamen gegen Mittag am Rheinfall von Schaffhausen an und waren erst einmal von den Menschenmassen erschlagen! Kein Wunder nach einer Woche Hochalpen. Trotz der zahlreichen Menschen kämpften wir und vor um einen Blick auf den größten Wasserfall Europas mit einer Breite von 150 m und einer Höhe von 23 m werfen zu können. Neben der tollen Aussicht auf dieses Naturspektakel lernten wir noch eine Menge über die geologischen und historischen Aspekte dieser Region.
Auf dem Weg zu unserer Herberge machten wir noch einen kurzen Zwischenhalt in Stein am Rhein, einem beschaulichen Örtchen, wo man unter Anderem lecker Schokolade kaufen kann! Aber wie überall: die Hydrologie kam auch hier nicht zu kurz. Von Stein am Rhein ging es dann über Konstanz nach Rohrschach in die Jugendherberge.
Unserer Jugendherberge lag direkt am Bodensee und so brauchten wir nur in die Badesachen schlüpfen um den Tag mit einem erfrischenden Bad ausklingen zu lassen.
Den Abend verbrachten wir alle gemeinsam in feucht-fröhlicher Runde bevor es am nächsten Morgen wieder frühzeitig losging.
08.08.2006 Besichtigung und Vorträge des Instituts für Seenforschung in Langenargen, Fahrt mit dem Forschungsschiff, zur neuen Rheinmündung und Fahrt zur JH Sigmaringen
Der folgende Tag führte uns nach Langenargen in das Institut für Seenforschung. Nach drei sehr informativen Vorträgen über die Ziele und Aufgabenbereiche der Forschungseinrichtung ging es dann mit dem Forschungsboot raus auf den Bodensee zur Besichtigung der Rheinmündung. An der Mündung der Rheinregulierung im See angekommen, konnten wir uns ein Bild von der unterschiedliche Wasserqualität der beiden Gewässer und der Menge der mitgeführten Sedimente machen. Zudem erfuhren viel über die Eigenschaften des Bodensees bezüglich seines ökologischen Zustandes, über die Langzeitmessungen im See und über den Stellenwert der Forschung innerhalb der Politik, Wirtschaft und der Öffentlichkeit.
Danach verbrachten wir den Rest des Tages am Steinstrand des Bodensees bevor es dann wieder nach Sigmaringen in die Jugendherberge ging.Aufgrund von Restriktionen der Jugendherberge waren wir gezwungen das Abendessen, sowie den restlichen Abend an und in den Autos fernab der Herberge zu genießen, was unsere Gruppe recht stark zusammen schweißte.
09.08.2006 Donaukarstexkursion mit Donaudurchbruch und -Versinkung, Besichtigung der Aachquelle und Besuch der Pfahlbauten am Bodensee
Nach einer kurzen Nacht fuhren wir nach Möhringen und Immendingen, diese Gegend ist vor allem geprägt durch die weiten, verkarsteten Kalksteinformationen. Nach der Besichtigung des Donaudurchbruch und der geologischen Erläuterung des Phänomens erfuhren wir mehr zu dem Thema der Karsthydrologie. Dazu suchten wir die Donauversinkung auf. Hier verschwindet die Donau auf einer Länge von ca. 14 km auf Grund eines ausgeprägten Karsthöhlensystems im Mergelgestein über 165 Tage vollkommen. Das versunkene Wasser der Donau tritt an der Aachequelle im Aachetopf wieder zu Tage. Dabei wird die Aachequelle von einem 400 km² großen unterirdischen und einem 240 km² großen oberirdischen Einzugsgebiet gespeist.
Der Tag wurde abgerundet durch einen Besuch des Pfahlbautenmuseums am Bodensee und der anschließenden Abschlussfeier an einem trocken gefallenen Donaupegel, welcher uns an diesem Abend auch als Feuer- und Grillstelle diente.
10.08.2006 Besichtigung des Blautopfes in Blaubeuren und Rückfahrt nach Dresden
Damit brach auch schon der letzte Tag unserer großen hydrologischen Exkursion an. Zwar freuten wir uns alle auf zu Hause, aber wir waren auch traurig, dass die 10 Tage wie im Flug vergangen waren. Bevor es jedoch gen Heimat ging, gab es noch eine Standpauke des Herbergsvaters, denn wir hatten es doch tatsächlich gewagt uns selbst zu versorgen und uns ein paar Brötschen für die Heimreise geschmiert.
Aber auch unser letzter Tag sollte nicht ganz ohne hydrologischen Touch bleiben, und so fuhren wir abschließend nach Blaubeuren an den Blautopf. Diese Karstquelle in der schwäbischen Alb bezieht ihr Wasser aus einem 165 km² großen Einzugsgebiet und weist eine mittlere von Schüttung von 2 m³/s auf. Durch die hohe Konzentration an kalkhaltigen Mineralien erhält die 20 m tiefe und 35 m breite Quellöffnung seine intensive blau-türkise Einfärbung und bildete somit das sehenswerte Ende unserer Exkursion.
Die Rückfahrt nach Dresden verlief genau so wie es bei einer echte Hydrologenexkursion sein sollte – strömender Regen bis vor die Haustür! Aber wir alle haben diese besondere Exkursion sehr genossen und danken Dr. Schwarze dafür, dass er uns dieses unvergessliche Erlebnis ermöglicht hat!!
Danksagung
An dieser Stelle möchten sich alle Studenten unseres Jahrganges auch noch ganz besonders bei der "Gesellschaft von Freunden und Förderern der TU Dresden e.V." bedanken, welche durch ihre finanzielle Unterstützung einen erheblichen Beitrag zur Realisierung der Exkursion geleistet haben.
Genauere Auskünfte unter:
Dr. Undine Krätzig
Gesellschaft von Freunden und Förderern der TU Dresden, 01062 Dresden
Tel: +49 351 463-37155
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Verantwortlich für Bilder und Inhalte sind Anna-Maria Ertel, Katrin Haasemann, Peter Hoffmann und Susanne Schmidt.