Historie
Die Geschichte der Verkehrsströmungslehre ist eng mit Professor Gerhart Potthoff verbunden, der seine wissenschaftliche Laufbahn vor dem zweiten Weltkrieg begann und nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft mit dem 1951 erfolgten Ruf zum ordentlichen Professor an der Technischen Hochschule Dresden für den Lehrstuhl „Betriebstechnik der Verkehrsmittel“ fortführte. Professor Potthoff fokussierte sein Lehrprofil auf die universelle Ausbildung von Studenten, indem er die Lehrinhalte mit großer Präzision eingebettet in verkehrsübergreifendes Denken vermittelte.
Indem er seine wissenschaftliche Denkweise universell auf Verkehrssysteme bezog, entwickelte sich die Verkehrsströmungslehre als neue Wissenschaftsdisziplin. Dabei wurde die deterministische Betrachtungsweise von betriebstechnologischen Prozessen um stochastische Methoden aufgeweitet. Durch diese methodische Erweiterung können die zufallsbedingten Abhängigkeiten eines Verkehrssystems realitätsnah abgebildet und analysiert werden. Die resultierenden wissenschaftlichen Erkenntnisse schrieb Professor Potthoff in seiner fünfbändigen Lehrbuchsammlung „Verkehrsströmungslehre“ nieder. Seine Lehrauffassung wurde unter dem Namen „Dresdner Schule“ bekannt. Die darin dokumentierte verkehrsträgerübergreifende Denkweise, sowohl mit Bezug auf die Eisenbahn als auch auf andere Verkehrsmittel, verdeutlichen den Systemcharakter im Gesamtverkehrswesen.
Nachdem Professor Potthoff 1973 in den Ruhestand trat, führten Wissenschaftler seiner Schule als Mitarbeiter der Hochschule für Verkehrswissenschaften „Friedrich List“ (HfV) die Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Verkehrsströmungslehre fort. Dazu gehörten unter anderem
- Professor Horst Krampe,
- Professor Klaus Fischer,
- Professor Karl-Heinz Stürz,
- Professor Günter Hertel und
- Professor Erhard Weigel.
Die Potthoffschen Qualitätsansprüche hinsichtlich eines universellen Ausbildungsprofils von Studenten, eines verkehrsübergreifenden Denkens sowie einer besseren Beschreibung realer Betriebsvorgänge durch Verknüpfung deterministischer und stochastischer Methoden prägt seit dem das Lehr- und Forschungsprofil des Lehrstuhls.
Eine methodische Erweiterung der wissenschaftlichen Expertise erfuhr die Verkehrsströmungslehre durch die Berufung von Professor Karl Nachtigall zum ordentlichen Professor im Jahr 2000. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf der systemischen Abbildung von Verkehrsprozessen, deren mathematischer Modellierung unter Anwendung der historisch gewachsenen Strukturen in der stochastisch aufgewerteten Darstellung betriebstechnologischer Prozesse. In tiefgreifender Kenntnis vielfältiger mathematischer Modelle kann eine Simulation erfolgen, die gepaart mit Optimierungsansätzen, eine realitätsnahe Abbildung und Steuerung von Verkehrssystemen ermöglicht. Dazu werden u. a. Verfahren des wirtschaftsmathematischen Operations Research auf verkehrswissenschaftliche Probleme übertragen. Das verkehrsträgerübergreifende Denken sowie die Verknüpfung von Methoden zur möglichst realitätsnahen Abbildung von Verkehrsprozessen und eine universelle Ausbildung der Studenten beschreibt die moderne Lehrstuhlphilosophie, sodass die Potthoffschen Qualitätsansprüche ihre Fortführung finden.