18.06.2020
BIOTEC-Studie erforscht die Rolle der größten Proteine im Kern - MLL3 und MLL4
Große Proteine – große Unterschiede
Die Schwestergene MLL3 und MLL4 sind in fast jeder Krebsart häufig mutiert. Das stellten Dresdner Wissenschaftler im Rahmen internationaler Gen-Sequenzierungsprojekte für Krebsleiden fest. Trotz ihrer Bedeutung bei der Entstehung bösartiger Erkrankungen wurde die Rolle von MLL3 und MLL4 in der Entwicklung von Säugetieren bisher nicht untersucht. Beide Gene gehen auf eine Genduplikation in der Vergangenheit zurück und sind auch eng verwandt mit dem wichtigen Leukämie-Gen MLL1 und seiner Schwester MLL2. Die von MLL3 und MLL4 kodierten Proteine sind epigenetische Regulatoren und verantwortlich für die Aktivierung von Genen. Es handelt sich um die größten Proteine, die im Zellkern von Säugetieren vorkommen.
Das Team um Dr. Andrea Kranz und Prof. Francis Stewart hat festgestellt, dass beide Proteine sehr spezifische und unterschiedliche Rollen spielen und diese Erkenntnisse im Wissenschaftsmagazin Development veröffentlicht. MLL3 wird offenbar erst am Ende der fötalen Entwicklung für die Ausreifung der Lunge benötigt. Fehlt MLL3 bleibt das Lungenepithel unterentwickelt und die neugeborene Maus kann nicht mit Sauerstoff versorgt werden. Dagegen ist MLL4 bereits im sehr frühen Embryonalstadium für die Ausbildung der embryonalen Längsachse verantwortlich. MLL4 verursacht die Verformung einer Zellschicht, die als das Vordere Viszerale Endoderm bezeichnet wird, und leitet somit eine gerichtete Wanderungsbewegung dieser Zellen ein, die schließlich ihren Bestimmungsort am prospektiven Kopfende erreichen.
„Dies sind unerwartete Erkenntnisse“, erklärt Dr. Andrea Kranz. „Die außerordentliche Häufigkeit von MLL3 und MLL4 Mutationen impliziert, dass beide Gene eine entscheidende Rolle in den meisten Zelltypen spielen. Allerdings haben unsere Analysen ergeben, dass MLL3 und MLL4 spezifische aber unterschiedliche Funktionen in unterschiedlichen Zelltypen ausführen. Diese Erkenntnisse zusammen mit unserem Wissen über ebenfalls zellspezifische Funktionen von MLL1 und MLL2 erfordern eine Neubewertung dieser wichtigen epigenetischen Regulatoren im Zusammenhang mit der Krebsentstehung."
Die Studie vervollständigt die Analyse einer Serie von Mausmodellen, die gemeinsam von den Arbeitsgruppen Stewart und Anastassiadis generiert worden sind, um epigenetische Regulatoren in der Entwicklung der Maus zu erforschen. Die Untersuchungen fanden am BIOTEC der TU Dresden, Center for Molecular and Cellular Bioengineering (CMCB), in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden und dem DRESDEN-concept Genome Center statt. Die Arbeiten wurden durch Mittel der Else Kröner-Fresenius-Stiftung, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Deutschen Krebshilfe und des Stipendienprogramms zur Förderung von Nachwuchswissenschaftlerinnen der TU Dresden finanziert.
Veröffentlichung:
Development: “MLL4 is required after implantation whereas MLL3 becomes essential during late gestation“, Autoren: Deepthi Ashokkumar, Qinyu Zhang, Christian Much, Anita S. Bledau, Ronald Naumann, Dimitra Alexopoulou, Andreas Dahl, Neha Goveas, Jun Fu, Konstantinos Anastassiadis, A. Francis Stewart, Andrea Kranz
Informationen für Journalisten:
Dr. Andrea Kranz
Tel.: 0351 463-40152