02.03.2018
Ein Schritt weiter auf dem Weg zu potenziellen Therapeutika für ALS
Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine tödliche Erkrankung des zentralen und peripheren Nervensystems, die durch Muskelsteifheit, gefolgt von fortschreitender Schwächung und Lähmung infolge des Todes der Motoneuronen gekennzeichnet ist.
"FUS" (kurz für Fused in Sarcoma) ist ein nukleares Protein, das eine Vielzahl wichtiger biologischer Funktionen ausübt. Bestimmte ALS-Mutationen führen dazu, dass FUS anomal im Zytoplasma lokalisiert wird. Infolge dieser fehlerhaften Lokalisation wird FUS zu Strukturen rekrutiert, die sich bei Stress in den Zellen bilden, den sogenannten "Stress Granulaten". Diese aberranten (falsch verlaufenden) Stresskörnchen können zur Bildung von FUS-Proteinaggregaten, zu erhöhtem zellulären Stress und in der Folge zum neuronalen Tod führen.
Wirkstoffe, die die Bildung von aberranten FUS-haltigen Stresskörnchen verhindern, könnten wirksame Medikamente für ALS-Patienten sein. Stresskörnchen sind jedoch sehr schwer zu untersuchen, da sie keine Membran besitzen. Jared Sterneckert, Gruppenleiter am CRTD, hat in Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen von Tony Hyman (MPI-CBG), Simon Alberti (MPI-CBG) und Andreas Hermann (Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden) erfolgreich induzierte pluripotente Stammzellen (iPSCs) entwickelt, um ein fluoreszierendes Protein zu transportieren, das mit FUS fusioniert ist und die Analyse von aberranten Stressgranulaten in Echtzeit ermöglicht. Diese leistungsstarke Technologie wurde eingesetzt, um eine Screening-Kampagne abzuschließen, bei der Substanzen identifiziert wurden, die in der Lage sind, Stresskörnchen in iPSCs und Motorneuronen aus iPSCs zu "retten".
Das Team zeigte auch, dass diese Medikamente vor Neurodegenerationen geschützt sind. In Zusammenarbeit mit der Gruppe von Prof. Udai Pandey (University of Pittsburgh) wurden die vielversprechenden in vitro Ergebnisse in einem Fruchtfliegenmodell bestätigt. Derzeit plant das Team, die Validierung bei Säugetieren voranzutreiben.
Mit ihrem Screening hat die Sterneckert-Gruppe eine Klasse von Verbindungen identifiziert, die aberrante, aggregierungsanfällige Proteine entfernen und als potenzielle Therapeutika für ALS vorgeschlagen werden könnten. "Wir haben festgestellt, dass eine Reihe von Antidepressiva und Antipsychotika, die zur Stimulierung der Autophagie vorgeschlagen werden, die Pathologie verbessern. Die identifizierten Medikamente können ins Gehirn eindringen und ihre Wirkung ist gut charakterisiert. Daher sollte die Umnutzung dieser Medikamente für die ALS-Behandlung nicht problematisch sein und könnte eine wirksame Möglichkeit darstellen, das Fortschreiten der Erkrankung in einer kombinatorischen Therapie zusammen mit den derzeit verfügbaren Medikamenten zu verlangsamen", erklärt Lara Marrone, Erstautorin der Stem Cell Report Publikation. "Wir sind in der Lage, die vielversprechendsten Wirkstoffe für die in-vivo-Validierung auszuwählen. Da wir klinisch getestete Medikamente gefunden haben, könnten diese Ergebnisse möglicherweise sehr schnell in klinische Studien umgesetzt werden. Diese Ergebnisse unterstreichen einmal mehr, dass Dresden dank fortschrittlicher Technologien und enger Kooperationen über ein großes Potenzial für wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse verfügt", fügt sie hinzu.
DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.stemcr.2017.12.018
Publikation: www.cell.com/stem-cell-reports/fulltext/S2213-6711(17)30566-0
Das 2006 gegründete Zentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD) der Technischen Universität konnte sich in der zweiten Runde der Exzellenzinitiative erneut als Exzellenzcluster und DFG-Forschungszentrum durchsetzen. Ziel des CRTD ist es, das Selbstheilungspotential des Körpers zu erforschen und völlig neuartige, regenerative Therapien für bisher unheilbare Krankheiten zu entwickeln. Die Forschungsschwerpunkte des Zentrums konzentrieren sich auf Hämatologie und Immunologie, Diabetes, neurodegenerative Erkrankungen sowie Knochenregeneration. Zurzeit arbeiten acht Professoren und zehn Forschungsgruppenleiter am CRTD, die in einem interdisziplinären Netzwerk von über 90 Mitgliedern sieben verschiedener Institutionen Dresdens eingebunden sind. Zusätzlich unterstützen 21 Partner aus der Wirtschaft das Netzwerk. Synergien im Netzwerk erlauben eine schnelle Übertragung von Ergebnissen aus der Grundlagenforschung in klinische Anwendungen. https://www.crt-dresden.de