26.08.2020
Von der Spieleraktion zum Datenmodell: Wie Lernenden-Daten in adaptiven Lernspielen genutzt werden können (4/4)
In einem adaptiven Spiel ist eine angemessene Spielerfahrung – angepasst an die Fähigkeiten und Bedürfnisse der Spieler*innen – Voraussetzung für einen erfolgreichen Lernweg. In unserem letzten Teil der Beitragsreihe möchten wir uns mit dem Thema auseinandersetzen, wie Lernenden-Daten in einem adaptiven Lernspiel eingesetzt werden können.
Bei der Gestaltung eines adaptiven Spiels, welches Lerninhalte automatisch an die Fähigkeiten und Bedürfnisse der Spieler*innen anpasst, liegt der Schwerpunkt auf guter Spielbarkeit und Spielerfahrung. Um diese Automatisierung für die Adaption zu ermöglichen, muss ein Leistungsbewertungssystem implementiert werden. Dieses System benötigt bestimmte Parameter, die sich aus dem Verhalten der Spieler*innen ergeben. Es gibt bis heute kein genaues Rezept dafür, wie man ein Spiel adaptiv gestaltet. Der Grund dafür sind die unterschiedlichen Parameter in jedem Spiel. Daher stehen die Entwickler*innen solcher Spiele vor einer großen Herausforderung.
Der von uns gewählte Adaptivitätszyklus basiert auf dem „Panarchy-Prinzip“ von Shute et al. [2012]. Dieser besteht aus vier Phasen: Capture, Analyze, Select und Present und umfasst das im Teil 1 genannte Lernendenmodell. Dieses Modell kann besonders gut für die Spiele mit didaktischen und pädagogischen Konzepten angewendet werden. Außerdem kann es eine Leistungsanalyse durchführen (Parameter erfassen und analysieren) und mit einem Anpassungsmechanismus den passenden Inhalt auswählen und schließlich im Spiel präsentieren (siehe Abbildung).
Vor der Implementierung jeder Phase müssen zuerst die zu erreichenden Ziele für jedes Wissensobjekt aus dem Domänen-Modell, welches im Teil 1 unserer Beitragsreihe vorgestellt wurde, definiert werden. Erst wenn diese Ziele klar sind, kann für die Implementierung der Adaptiven Lernwegsteuerung das „Panarchy-Prinzip“ rückwärts durchgegangen werden. Das heißt, man hat eine Vorstellung wie der Lerninhalt in der Phase vier (Present) aufbereitet sein soll, nach welchem Prinzip die passenden Lernwege in der Phase drei (Select) ausgesucht werden, wie die Algorithmen in der zweiten Phase (Analyze) gestaltet werden müssen und zum Schluss, welche Lernendendaten dafür im ersten Schritt (Capture) benötigt werden.
In der ersten Phase werden Interaktionsparameter der Benutzer*innen erfasst. Dies können z. B. Mausbewegungen, Touch-Gesten, zurückgelegte Wege oder Interaktionen mit Spielobjekten sein. Diese und weitere Parameter werden in unterschiedlichen Einheiten gemessen und in Abhängigkeit von der Zeit, der Position des*der Spielers*in und seiner*ihrer Anzahl an Versuchen für die Analyse in der zweiten Phase weitergegeben. In dieser findet die eigentliche „Intelligenz“ statt, weil das Ergebnis entscheidend für die Anpassung des weiteren Verlaufs des Lernweges ist. Außerdem stellt diese Phase die eigentliche Herausforderung für die Entwicklung eines adaptiven Lernspiels dar. Die Entwickler*innen müssen individuell entscheiden, wie sie das Modell anhand der aufgenommenen Parameter gestalten müssen. In der Phase drei werden je nach Ergebnis aus der zweiten Phase automatisch die Parameter des Spiels umgestellt und die Inhalte für den weiteren Spielverlauf angepasst. Letztendlich werden die passenden und individuell auf den*die Lernende*n zugeschnittenen Inhalte im Spiel bereitgestellt.
Quellen:
Holling, C.S., Gunderson, L.H., Peterson, G.D.: Sustainability and panarchies. Panarchy: Understanding transformations in human and natural systems 63, 69 (2002)