25.10.2021
Das astrometrische Weltraumteleskop Gaia an der TU Dresden
Seit über 20 Jahren beteiligt sich eine Gruppe Wissenschaftler des Lohrmann-Observatoriums der TU Dresden an einem der faszinierendsten astronomischen Projekte der Gegenwart – dem Weltraumteleskop Gaia. Die ESA-Mission Gaia ist im Dezember 2013 gestartet und vermisst die Positionen von ca. 2 Milliarden Himmelskörpern (vor allem Sterne) derart genau, dass winzigste Veränderungen ihrer Positionen die Information über die Entfernung dieser Himmelsobjekte sowie über deren räumliche Bewegung preisgeben. Die gewonnenen Daten, welche nach und nach vom Gaia-Konsortium veröffentlicht werden, sind eine astronomische Revolution: täglich erscheinen etwa fünf Fachpublikationen, welche auf den Daten basieren - eine große Zahl für eine „kleine“ Wissenschaft wie die Astronomie.
Anwendungen der Gaia-Ergebnisse finden sich in der gesamten Astronomie: Von der genaueren Bestimmung der Asteroiden-Bahnen im Sonnensystem, über neue Erkenntnisse im Bereich der Physik der Sterne und der Dynamik unserer Galaxie, bis hin zur Physik der Quasare – weit entfernte Galaxien, welche das Bezugssystem für Gaia definieren. Ein interessantes Beispiel wird auf dem Bild illustriert: Dort werden die gemessenen Bewegungen der Quasare am Himmel gezeigt. Diese sind nicht zufällig, sondern folgen einem bestimmten Muster, welches uns die Beschleunigung des Sonnensystems in Bezug auf das Ruhesystem des Universums verrät – eine spektakuläre Messung und die erste ihrer Art.
Die Datenverarbeitung wird durch ein Konsortium europäischer Wissenschaftler durchgeführt. Die Gaia-Gruppe an der TU Dresden nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein. Ihre Verantwortungsbereiche umfassen die relativistische Modellierung der Gaia-Beobachtungen, Tests der Relativitätstheorie, die hochgenaue Zeitsynchronisation der Atomuhr der Raumsonde, Definition des Katalogs der weitentfernen Galaxien (insbesondere Quasare) und nicht zuletzt die Berechnung, Verifizierung und Verbesserung des Hauptproduktes des Projektes – des astrometrischen Katalogs mit Positionen, Bewegungen und Entfernungen der ca. 2 Milliarden Himmelsobjekte, die von Gaia erfasst werden. Die Erstellung des astrometrischen Katalogs benötigt massive Berechnungen. Diese werden auf dem Hochleistungsrechner der TU Dresden in enger Kooperation mit dem ZIH durchgeführt.
Seit 2006 finanziert das DLR die Gaia-Gruppe an der TU Dresden. Insgesamt wurden bisher ca. 4,3 Millionen Euro für das Projekt bewilligt. Die neueste Bewilligung sieht ca. 1,6 Millionen Euro bis Ende 2025 vor. Der Betrieb des Satelliten selbst ist wegen des großen Erfolgs mehrfach verlängert worden. Bis ins Frühjahr 2025 wird Gaia nun noch im All arbeiten und Daten zur Erde schicken. Man erwartet, dass die umfangreiche Datenverarbeitung noch bis 2030 andauern wird.