15.01.2019
Umstrittene Theorie aus der Materialforschung erstmalig bestätigt
Dresdener Wissenschaftler haben eine grundlegende Theorie zu ferroelektrischen Materialien nachgewiesen, wodurch zukünftige Elektronik deutlich effizienter werden könnte.
Wissenschaftler des Nanoelectronic Materials Laboratory (NaMLab gGmbH) haben mit Unterstützung von Kollegen der Technischen Universität Dresden und des National Institute of Materials Physics in Rumänien gezeigt, dass dünne Schichten aus ferroelektrischem Hafnium-Zirkonoxid die Eigenschaft einer „negativen Kapazität“ aufweisen. Das bedeutet, dass solche Materialen eine elektrische Spannung verstärken können. Diese Eigenschaft könnte verwendet werden, um die Verlustleistung zukünftiger elektronischer Schaltungen über die bisher bekannten Grenzen hinaus zu verringern. Obwohl dieses Verhalten schon vor über 70 Jahren vorhergesagt wurde, hielten die meisten Forscher den experimentellen Nachweis bisher für unmöglich. Da die verwendeten Materialien schon heute in jedem modernen Computerchip eingesetzt werden, könnte diese Entdeckung schon bald zur Anwendung in realen Produkten, wie z.B. effizienteren Smartphones oder Computern kommen.
Obwohl ferroelektrische Materialien schon seit fast einem Jahrhundert erforscht werden, sind einige grundlegende Fragen noch immer nicht geklärt. Eine dieser offenen Fragen geht auf die “Landau-Theorie” der Ferroelektrika aus den 1940er Jahren zurück, welche noch heute für die Beschreibung ferroelektrischer Effekte Verwendung findet. Die Theorie sagt voraus, dass eine Zunahme der elektrischen Ladung eine Abnahme der Spannung zur Folge haben kann, was dem genauen Gegenteil einer normalen Kapazität entspricht. Diese Vorhersage einer negativen Kapazität wurde in den letzten Jahren besonders kontrovers diskutiert. Ein Wissenschaftler der NaMLab gGmbH hat nun erstmalig eine solche negative Kapazität gemessen, die genau mit den Vorhersagen der Landau-Theorie übereinstimmt.
Ermöglicht wurde diese Entdeckung durch die Verwendung von speziellen Kondensatoren, bestehend aus einem Stapel dünnster Schichten, an welche extrem kurze Spannungspulse angelegt wurden. Die Ergebnisse wurden am 14. Januar 2019 in der renommierten Fachzeitschrift Nature veröffentlicht. “Das faszinierende ist, dass die Materialien, in denen wir diesen vielversprechenden Effekt entdeckt haben, sich schon jetzt in jedem Smartphone befinden.”, erklärt Michael Hoffmann, Doktorand am NaMLab und Erstautor der Studie. “Der nächste wichtige Schritt wird sein, anhand dieser Erkenntnisse neue Bauelemente zu entwickeln, welche in der Theorie viel energieeffizienter sein können als es bisher möglich war.”
Die wissenschaftliche Veröffentlichung ist im Internet zu finden unter:
http://dx.doi.org/10.1038/s41586-018-0854-z
Die Arbeiten wurden teilweise gefördert durch das Electronic Component Systems for European Leadership (ECSEL) Joint Undertaking unter der Fördernummer 692519. ECSEL wird unterstützt durch das Horizon 2020 Forschungs- und Innovationsprogramm der EU, sowie Belgien, Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Polen und das Vereinigte Königreich. Die Arbeiten wurden zudem teilweise unterstützt durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) der Europäischen Kommission, durch den Freistaat Sachsen und durch das Core Program des Romanian Ministry for Research and Innovation.
Über NaMLab
Die „Nanoelectronics Materials Laboratory gGmbH“ (NaMLab) wurde im Juli 2006 gegründet. NaMLab ist ein Tochterunternehmen und An-Institut der TU Dresden. NaMLab betreibt am Campus der TU Dresden ein Forschungsgebäude mit vier Laborräumen, einem Reinraumlabor und einem Bürobereich für über 40 Mitarbeiter. NaMLab betreibt Materialforschung zur Anwendung in nanoelektronischen Bauelementen und arbeitet eng mit den Instituten der TU Dresden zusammen. http://www.namlab.com
Informationen für Journalisten
Michael Hoffmann
Tel.: +49 351 21249-9016