13.08.2014
Dresden Fellow: "Drei Monate, um 270 italienische Manuskripte zu digitalisieren, transkribieren und editieren!"
Prof. Fabio Marri wurde von Frau Prof. Lieber nach Dresden eingeladen, um sie bei einem Forschungsprojekt zu unterstützen. Als langjähriger Kenner der italienischen Handschriften arbeitete er zusammen mit Doktoranden in der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB)an dem Kooperationsprojekt „Digitalisierung und Tiefenerschließung der italienischen Manuskripte aus der Sammlung der SLUB“. In der SLUB befinden sich rund 270 italienische Handschriften, die im Zuge des Projektes erschlossen und digitalisiert werden sollen. „Wir untersuchen und erforschen, auf welchen Wegen diese Texte nach Dresden gekommen sind. Außerdem interessiert uns, wann die Handschriften hierher gelangten und wo sie über die Jahre gesammelt und gelagert wurden.“
Der erste Schritt war die Recherche und das Auffinden der Manuskripte. Prof. Marri übernahm dann zusammen mit vier Doktoranden die Katalogisierung, Systematisierung und Transkription der Texte. „Vormittags arbeite ich meist mit den Doktoranden. Sie arbeiten an verschiedenen Handschriften, und ich helfe ihnen, diese Texte zu lesen, zu studieren und zu transkribieren. Nachmittags arbeite ich selbst an anderen Manuskripten.“ Das Ziel der Arbeit ist auf der einen Seite die Veröffentlichung der Manuskripte und die Herausgabe einer kritischen Edition, auf der anderen Seite stehen die vier Dissertationsprojekte, die sich intensiv mit den Texten befassen und wesentlich zu der Arbeit beitragen. „Es gibt so viele interessante Handschriften in der SLUB, die wir bearbeiten und digitalisieren wollen und müssen. Denn der Zahn der Zeit nagt an allen Texten und bei einigen können die Buchstaben schon nicht mehr richtig gelesen werden. Also ist die Digitalisierung, die Transkription und die Edition jetzt unsere wichtigste Aufgabe.“
Als Dresden Fellow gab er zusammen mit Frau Prof. Lieber spezielle Forschungsseminare zu seinem Themengebiet. „Ich habe ein Seminar mit Studierenden der französischen Sprache durchgeführt. Dabei haben wir uns mitfranzösischen Handschriften in der SLUB befasst. Ich habe an einigen Beispielen erklärt, wie Handschriften gelesen und transkribiert werden.“ Den Studierenden wurde so die Möglichkeit geboten, ihre Kenntnisse in der Textphilologie zu vertiefen. Sie lernten selbständig und gezielt neue Verknüpfungen und Assoziationsketten zu entwickeln, die für vielfältige textgebundene Berufsfelder wichtig sind.
Die Zusammenarbeit zwischen Prof. Fabio Marri und der TU Dresden besteht schon lange. Er war bereits mehrfach an verschiedenen Veranstaltungen beteiligt, u.a. bei der Ringvorlesung "Italia – Fabbrica delle idee: Gestern, Heute, Morgen" (WS 2007/08) und bei einer Tagung zur Philosophie der italienischen Aufklärung (2009). Das erste Mal war er bereits 1993 in Dresden. Damals gab es ein Treffen mit Prof. Walter Schmitz, dem damaligen Dekan der Fakultät Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften, bei dem sie über ein gemeinsames Forschungsprojekt zur italienischen Präsenz in Dresden sprachen. Daraus entwickelte sich auch die Zusammenarbeit mit Frau Prof. Lieber. „Der Anfang unserer gemeinsamen Forschung war die Untersuchung der Beziehungen zwischen Dresden und Modena im 18. Jahrhundert. Wir haben einen Artikel über Lodovico Antonio Muratori und seine Verbindungen zu Deutschland geschrieben. Muratori hatte sehr enge Beziehungen zu August III. Er widmete sein Werk ‚Antiquitates Italicae Medii Aevi‘ August III. und seinen Söhnen.“ Prof. Marri beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit dem Werk Muratoris. Als Präsident des Centro muratoriano gibt er u. a. die „Edizione nazionale del carteggio muratoriano“ heraus. Als Prof. Marri diesen Sommer die TU Dresden als Dresden Fellow besuchte, erschien der siebte Band der Briefwechsel, an dem er maßgeblich mitwirkte. Aus der gemeinsamen Forschungsarbeit mit Frau Prof. Lieber entstand u.a. das Buch „Lodovico Antonio Muratori und Deutschland. Studien zur Kultur- und Geistesgeschichte der Frühaufklärung“ (1997). Das Werk enthält den vollständigen Briefwechsel zwischen Muratori und ausgewählten deutschen Korrespondenzpartnern, einen philologischen Teil und ein Verzeichnis sämtlicher deutscher Übersetzungen der Werke Muratoris während des 18. Jahrhunderts. Eine Publikation zu den kleineren Briefwechseln mit deutschsprachigen Korrespondenzpartnern Muratoris aus dem Jahre 2010 rundet die bisherige Tätigkeit ab.
Für Prof. Fabio Marri war die Zeit in Dresden sehr produktiv und er hofft, dass die Arbeit von einer jüngeren Generation fortgesetzt wird. „In diesen drei Monaten habe ich über 50 Handschriften eingesehen, bearbeiten und studieren können. Aber es gibt ja fast 300 Manuskripte in der SLUB und ich hoffe, dass die Studierenden die Arbeit fortsetzen werden. Die vier Doktorandinnen können zukünftig die Arbeit mit Manuskripten jungen Studierenden beibringen und so die Lehre unterstützen und die Forschung fortsetzten. Wenn es möglich ist, würde ich sehr gern nochmal nach Dresden kommen, um an den Handschriften zu arbeiten und um den wissenschaftlichen Werdegang der Studierenden bis zu ihrer Vollendung zu begleiten.“