Nov 07, 2017; Talk
Ringvorlesung: Machtvolle Sprache(n). Perspektiven auf sprachliche Bildung in Schule und Ausbildung’Adam, der Rest des Menschwesens’. Geschlechtergerechtigkeit in deutschen Bibelübersetzungen
01069 Dresden
ABSTRACT
Die Bibel hat wie kein anderer Text die europäische Kultur geformt, Bibelübersetzungen haben Sprachen nachhaltig geprägt, man denke nur an die Übersetzung Martin Luthers.
Die in den vergangenen 10 Jahren erschienen Revisionen großer deutscher Übersetzungen, die Revision der Zürcher Bibel 2007, die Einheitsübersetzung 2016 und die Lutherbibel 2017 achten alle auch auf Geschlechtergerechtigkeit. Dies ist nicht zuletzt durch die 2006 erschienene „Bibel in gerechter Sprache“ angestoßen.
Von einer Bibelübersetzung erwartet man, dass sie sowohl die Fremdheit der biblischen Welt erhält als auch heutige Menschen anspricht. Auch der Anspruch der Geschlechtergerechtigkeit steht daher im Spannungsfeld von Zielsprache und Ausgangssprache. Die patriarchalen Gesellschaftsstrukturen und herrschenden Geschlechterstereotypen, aber auch die Befreiung aus solchen Strukturen und das Verändern der Stereotypen in der Entstehungszeit der Texte sollen sichtbar werden. Zugleich ist aber auf eine Zielsprache zu achten, die übersetzungsbedingte Androzentrismen und Geschlechterstereotypen vermeidet.
In der Revisionsarbeit kommt hinzu, dass die Vorgängerversionen im kirchlichen Raum stark identifizierend wirken sowie als Wort Gottes die Glaubenssprache prägen und im kulturellen Raum eine hohe Prägekraft besitzen.
Ein Blick in die neuen Bibeltexte zeigt, dass die Revisionen Geschlechtergerechtigkeit unterschiedlich berücksichtigen. Sie entziehen sich aber alle der simplen Bewertung, dass Geschlechtergerechtigkeit (in Bibelübersetzungen) nur eine Anpassung an eine Zeitströmung sei. Es zeigt sich vielmehr, dass eine sogfältig umgesetzte Geschlechtergerechtigkeit in biblischen Texten aufhorchen lässt und neugierig auf die biblische Welt und die Botschaft der Bibel.
Moderation: Dr. Andrea Taschl-Erber (Alttestamentliche Bibelwissenschaft, Universität Graz)