10.01.2019; Vorlesung
Ringvorlesung: "Inklusion: Interdisziplinäre Perspektiven"Ringvorlesung Inklusion: E Pluribus Unum: Überlegungen zum Inklusionsbegriff aus Amerikanistischer Perspektive
Hervorgegangen aus der US-amerikanischen (und britischen) Behindertenbewegung der 1970er Jahre, bedient sich das interdisziplinäre Forschungsfeld der Disability Studies seit Beginn des 21. Jahrhunderts zunehmend kultur- und literaturwissenschaftlicher Analyseinstrumente. Indem Behinderung nicht länger als körperlich-medizinisches Phänomen, sondern primär als soziales und gesellschaftliches Geschehen verstanden wird, rücken kulturspezifische Auseinandersetzungen mit Behinderung und Fragen der Inklusion – insbesondere im US-amerikanischen Kulturraum – in den Vordergrund wissenschaftlicher Untersuchungen. Der Vortrag wirft anhand von Beispielen aus der US-amerikanischen Populärkultur einen Blick auf diesen „cultural turn“ innerhalb der Disability Studies. Dabei erhalten neben dem Begriff der Behinderung und des „behindert werden“ weitere Differenzkategorien wie race, class, gender und sexuality Einzug in die Analyse. Durch einen intersektionalen Zugang, der diese Kategorien als interdependent versteht, werden insbesondere dis/ability, race und gender als gegenseitige Hervorbringungs- und Durchdringungsverhältnisse diskutiert. Ein solch intersektionaler Zugang ermöglicht es, so möchte ich anlehnend an die Arbeiten von David Mitchell und Sharon Snyder zeigen, Behinderung als einen übergreifenden Modus zu verstehen, der in den USA spätestens seit Ende des 19. Jahrhunderts genutzt wird, um soziale Hierarchien in Bezug auf race und gender aufrecht zu erhalten. Behinderung fungiert so als grundlegendes Vokabular und Vehikel für eine Vielzahl verschiedenster Exklusionspraktiken, die es im Rahmen moderner Inklusionsbestrebungen zu verstehen und beachten gilt.