Transformationswissen als Problemfeld gesellschaftlichen Wandels: Theorie und regionale Praxis
Inhaltsverzeichnis
Exposé
Transformationsprozesse sind Ausdruck eines umfassenden gesellschaftlichen Wandels und bedürfen der Reflexion in der Wissenschaft, aber auch der bewussten Begleitung in der Praxis auf der Ebene des regionalen Strukturwandels. Zwischen Theorie und Praxis zeichnen sich dabei Spannungsfelder ab, die eine wechselseitige Vergegenwärtigung und Bearbeitung erfordern. So stellt sich einerseits die Frage, inwieweit der Blick aus der wissenschaftlichen Distanz stärker an die realen Erfahrungen vor Ort und die dortigen Akteur:innen der Transformation gebunden werden oder doch eher in einer Objektivität versprechenden Distanz verbleiben sollte. Beide Perspektiven zeugen von der ambivalenten Bedeutung von Wissen im Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft.
Die Ausgangsfrage der Konferenz lautet daher, wie Transformationswissen und der Umgang mit diesem Wissen beschaffen sein müssen, damit gesellschaftliche Transformationen gelingen können. Ein solches Transformationswissen ist damit bewusst nicht auf bestimmte Disziplinen bzw. Wissensformen beschränkt, sondern umfasst wissenschaftlich generiertes Wissen ebenso wie explizite und implizite Wissensbestände der Akteur:innen und Betroffenen in und von Transformationen (Eliten, Bürger:innen, Zivilgesellschaft, etc).
Diese allgemeine Problematik soll mit speziellem Fokus auf den Transformationsprozess in der Lausitz diskutiert werden. Die Lausitz bietet sich als mögliche Modellregion für die Beziehung von Theorie und Praxis in der Transformationsforschung geradezu an. Kulturell, politisch und sozial scheint die Lausitz von Spannungsverhältnissen (Rechtspopulismus, Stadt-Land, demografischer Wandel, Post-Extraktivismus) durchzogen zu sein, die sich exemplarisch für Konflikte der westlichen Moderne lesen lassen. Demgegenüber steht, dass die Lausitz zugleich als Pionierregion verstanden werden kann, insbesondere durch den Umbau zur Wissenschaftsregion mit zahlreichen Förder- und Vernetzungsinitiativen mit teils bereits vorhandenen, teils im Entstehen begriffenen Einrichtungen, deren Wirkungen heute noch nicht absehbar sind, die aber bereits reflektiert und dann auch mitgestaltet werden können.
Der Schwerpunkt auf Gegenwart und Region schließt eine historische bzw. diachrone Dimension ausdrücklich ein. Ausgangspunkt sollen dabei gegenwärtige oder auch zukünftige Herausforderungen sein, wozu auch die vergleichende Rückbindung an Transformationserfahrungen der Vergangenheit oder die vergleichende Analyse heutiger Transformationsprozesse gehören kann. Damit kommt zur zeitlichen eine räumliche Orientierung auf ostmitteleuropäischer, internationaler und globaler Ebene.
Aus den Problemstellungen und dem regionalen Bezug ergeben sich folgende Fragestellungen:
- Welche Rolle hat die Wissenschaft als Akteur in den Transformationsprozessen der letzten Jahre/Jahrzehnte gespielt? Welche Annahmen/Erkenntnisse wurden von den Akteuren und Stakeholdern tatsächlich aufgenommen? Auf welchen Wegen wurden sie kommuniziert und welche Relevanz hatten sie schließlich in den konkreten alltäglichen Handlungsfeldern der regionalen Akteure? Welche Felder und Nützlichkeitsannahmen strukturieren den gesellschaftlichen Gebrauch von Wissen, wozu gibt es eine gesellschaftliche Nachfrage/ wozu nicht - welche Differenzierungen zeigen sich etwa zw. Politik, Planung, Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Kunst, Wissenschaft? Wie gelangt welches wissenschaftliche Wissen in die Gesellschaft und wie und anhand von welchen Mechanismen wirkt es dort? Welche Partnerschaften, Übersetzungs- und Transfermechanismen bilden gesellschaftliche Felder/Akteure aus, um mit wissenschaftlichem Wissen Transformation(en) zu bearbeiten? Wie gelangt das Gesellschaftswissen wieder in die Wissenschaft (Stichwort: Begleitforschung, transformative Wissenschaft etc.)?
- Wie können Ansprüche auf Transparenz und Mitbestimmung unter Wahrung der Prinzipien repräsentativer Demokratie erfüllt werden? Welche Rolle spielt dabei die Wissenschaft? Bedarf es einer ortsspezifischen Interpretation und Ausgestaltung von Konzepten wie Transdisziplinarität und Ko-Produktion oder Transition Management? Welche Anforderungen an Transformationswissen stellen Transformationsakteure vor Ort? Was liegt bereits vor und wie wird es eingebunden? Welche Expertise von extern wird gebraucht?
- Welchen Wissensstand haben wir heute im Vergleich zu früheren einschlägigen Reflexionsprozessen? Was wurde bereits erforscht und wie wurde dabei vorgegangen? Welche Effekte/Wechselwirkungen hat die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Transformationsprozessen bspw. auf das Forschungsdesign?
- Welche Themen und Disziplinen sind handlungs- und erkenntnisrelevant und von wem werden diese gesetzt? Wo kann Wissenschaft im Sinne ihres Praxisbezugs effektiver werden bzw. wo braucht es überhaupt mehr Wissenschaft oder mehr Forschung? Welche unerwünschten Effekte kann wissenschaftliche Einflussnahme zeitigen?
- Welche Methoden, Instrumente oder Theorien sind anschlussfähig, welche Leerstellen sind diesbezüglich sowohl auf Seiten der Wissenschaft als auch auf Seiten der relevanten Transformationsakteure zu identifizieren?
Insgesamt wird nach den Erfahrungen und der Expertise sowohl der Wissenschaft als auch notwendigerweise der jeweiligen Akteure (Unternehmen, Politik, Kommunen etc.) gefragt. Die Konferenz strebt daher einen Austausch an, der beide Perspektiven miteinander verbindet.
Zeit und Ort
Zeit: 06. und 07. November 2025
Orte: Rathaus Zittau, Hochschule Zittau / Görlitz Haus Z IV
Programm und Anmeldung
Weitere Informationen zum Programm befinden sich auf der Programmseite und in den Veranstaltungsunterlagen (Flyer, Plakat, etc).
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Fragen oder Anregungen können an Dr. Lucas von Ramin gesendet werden.
Partnerinstitutionen
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