TUDiSC-Projekte
Inhaltsverzeichnis
- Digitalisierung als Disruption von Wissenssystemen: Open(ing) Knowledge (DiaDisK)
- Disruption im Internet: Mehr Souveränität gegenüber Deceptive Technologies (DESIGNATE)
- Disruptionen vernetzter Privatheit (DIPCY)
- Transformative Place-Making for Uncertain Futures: Integrative Perspektiven auf Narrative, Bildung und Gestaltung (TPM)
- Disrupt!Research. Dynamische Zusammenarbeit unter den Bedingungen der Störung
- The Disruptivity of the Others in Transformations (.DOT)
- Many Moving Parts: Continuity, Disruption, and Change in Global Humanitarian Aid Relations (HumGlobal)
Die Projekte werden in der fünfjährigen Förderperiode Disruption als Grundlagenkategorie der Erforschung gesellschaftlichen Wandels profilieren und in ihren Voraussetzungen, Logiken und Effekten grundlagenorientiert wie exemplarisch-gegenstandsbezogen erfassen.
Digitalisierung als Disruption von Wissenssystemen: Open(ing) Knowledge (DiaDisK)
- Prof. Dr. Simon Meier-Vieracker (Professur für Angewandte Linguistik)
- Prof. Dr. Alexander Lasch (Professur für Germanistische Linguistik und Sprachgeschichte)
- Prof. Dr. Stefan Scherbaum (Professur für Methoden der Psychologie und kognitive Modellierung)
DiaDisK fragt nach den disruptiven Auswirkungen der Digitalisierung in den für die Wissensgesellschaft zentralen Institutionen Universität, Bibliothek und Schule und nimmt hierfür in Dresden lokalisierte Institutionen (Open Science@TUD, SLUB und Universitätsschule) in den Blick. Mit einer Kombination aus linguistischen und psychologischen Zugriffen wird untersucht, wie die etablierten und monopolhaft organisierten wissensinfrastrukturellen Ordnungen in den drei Feldern in offene Wissenssysteme transformiert werden und wie diese Störungs- und Innovationspotenziale der Digitalisierung auf diskursiver und individueller Ebene konstruiert und gedeutet werden. Durch die Entwicklung und Erprobung einer integrativen Methodologie zur Analyse disruptiver Phänomene und ihrer Deutungen, welche deren kognitiv-affektive Verankerungen systematisch mit ihren diskursiv-epistemischen Prägungen verschränkt, bietet das Projekt Ansätze für empirisch umfassend abgesichertes Changemanagement.
Disruption im Internet: Mehr Souveränität gegenüber Deceptive Technologies (DESIGNATE)
- Prof. Dr. Sebastian Pannasch (Professur für Ingenieurpsychologie und angewandte Kognitionsforschung)
- Prof. Dr. Anne Lauber-Rönsberg (Professur für Bürgerliches Recht, Immaterialgüterrecht, Medien- und Datenschutzrecht)
- Prof. Dr. Thorsten Strufe (Honorarprofessur Privacy und Netzwerksicherheit)
Bei der Interaktion mit digitalen Nutzungsoberflächen im Internet finden zunehmend Entscheidungsarchitekturen Einsatz, die den eigentlichen Interessen der Nutzer:innen zuwiderlaufen. Dabei handelt es sich um sogenannte Dark Patterns. Durch die Zusammenarbeit von Informatik, Psychologie und Rechtwissenschaft sollen innerhalb des Projekts folgende Fragen untersucht werden: (i) Inwieweit ist eine Verhaltensbeeinflussung durch ausgewählte Dark Patterns möglich? (ii) Konzeption und Effektivitätsanalyse von softwareseitigen Gegenmaßnahmen. (iii) Untersuchung der rechtlichen Zulässigkeit von Dark Patterns sowie Bedarf nach zusätzlicher rechtlicher Regulierung.
Disruptionen vernetzter Privatheit (DIPCY)
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Jun.-Prof. Susann Wagenknecht, PhD (Juniorprofessur für Mikrosoziologie und techno-soziale Interaktion)
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Dr. Johanna E. Möller (Institut für Kommunikationswissenschaft)
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Prof. Dr. Sven Engesser (Professur für Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Wissenschafts- und Technikkommunikation)
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Dr. Stefan Köpsell (Professur für Datenschutz und Datensicherheit)
Das Projekt untersucht Störungen von und durch Privatheit im Kontext des Internet of Things. Ziel ist, die Disruptionsforschung konzeptionell zu stärken und empirisch zu fundieren. Der Fokus liegt auf der Verletzung der Privatheit Dritter, die durch Handlungen anderer Personen zustande kommt und an denen die betroffenen Personen nicht direkt beteiligt sind. Solche Verletzungen bergen ein besonders hohes Disruptionspotenzial, da damit bestehende Privatheitsordnungen ge- oder gar zerstört werden. Entsprechend dem aktuellen Stand der Privatheitsforschung verfolgt das Projekt einen kontextsensiblen, relationalen, interdisziplinären und methodenpluralen Ansatz. Es kombiniert soziologische, kommunikations- und medienwissenschaftliche sowie technikwissenschaftliche Perspektiven auf Privatheit. Mittels dreier Teilstudien, (1) einer ethnografischen Situationsanalyse, (2) einer teil-automatischen Inhaltsanalyse und (3) der Entwicklung und Evaluation von Prototypen verschränken und ergänzen die jeweiligen Projektpartner:innen fachspezifische Expertise und Theorie.
Transformative Place-Making for Uncertain Futures: Integrative Perspektiven auf Narrative, Bildung und Gestaltung (TPM)
- Jun.-Prof. Dr. Moritz Ingwersen (Juniorprofessur für Literatur Nordamerikas mit Schwerpunkt Future Studies)
- Jun.-Prof. Dr. Nicole Raschke (Juniorprofessur für Didaktik der Geographie und Umweltkommunikation)
- Prof. Dipl.-Ing. Melanie Humann (Professur für Urbanismus und Entwerfen, Institut für Städtebau und Regionalplanung)
Das Projekt liefert eine integrative Untersuchung von Narrativen, Bildungsanlässen und Gestaltungen transformativer Verortungen als Beitrag zu nachhaltigen und sozial gerechteren Zukunftsentwürfen im Spiegel der Klimakrise und ihrer Auswirkungen auf konkrete Lebensumwelten. Anhand der Grundbegriffe Ort, Agency und Zukunft wird ein theoretisch-konzeptioneller Rahmen entwickelt, durch den die Situierung von Handlungsmacht als Grundlage emanzipatorischer Zukunftsmodelle erfasst wird. Durch die Analyse von Verortungen transformativer Prozesse in und durch ökotopische Narrative, Stadtentwicklungsentwürfe und Lehr-Lernarrangements werden paradigmatische Ortsbeziehungen identifiziert, die anschließend anhand konkreter Fallbeispiele im Dialog mit außeruniversitären Akteur*innen modifiziert und kritisch weiterentwickelt werden. Ausgehend von einem Verständnis der Umwelt- und Klimakrise als eine tiefgreifende systemische Disruption gewohnter Beziehungen zwischen handelnden Akteur*innen und Lebensumwelten, deren Erfahrbarkeit sich in den Wechselwirkungen sozialer, kultureller, materieller, politischer, affektiver und ökonomischer Strukturen niederschlägt, möchte dieses Projekt einen theoretischen und empirischen Beitrag zu interdisziplinären und selbst-reflexiven Perspektiven auf gesellschaftliche Transformation leisten.
Disrupt!Research. Dynamische Zusammenarbeit unter den Bedingungen der Störung
- Dr. Solvejg Nitzke (Professur für Medienwissenschaft und Neuere deutsche Literatur)
- Dr. Martina Pieperhoff (Professur für Entrepreneurship und Innovation)
- Prof. Dr. Jens Krzywinski (Professur für Technisches Design)
Disrupt!Research ist ein exploratives Projekt, das Wissenschaftskommunikation unter den Bedingungen der Störung untersucht und auf dieser Grundlage Formate dynamischer Zusammenarbeit entwickelt. Ziel ist es, Disruptivität als integrativen Bestandteil der Kommunikation in und über Wissenschaft zu konzeptualisieren und zu erproben. Dazu verbindet Disrupt! Research drei Fachrichtungen: Literatur-/Kulturwissenschaft, Design und Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Das Projekt geht von der These aus, dass wiss. Kommunikation (fachintern, interdisziplinär und öffentlich) ein zentraler Schauplatz von Disruptivität ist, weil die verschiedenen Interessen der beteiligten Akteur:innen, die Objekte und Räume der Forschung und Kommunikation jederzeit Gegenstand und Ausgangspunkt von Störung werden können. Störung ist in den untersuchten Konstellationen aber nicht nur als destruktives Element präsent, vielmehr zeigen sich hier Potenziale, die es auszuschöpfen gilt.
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The Disruptivity of the Others in Transformations (.DOT)
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Prof. Dr. Stefan Scherbaum (Professur für Methoden der Psychologie und kognitive Modellierung)
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Prof. Dr. Moritz Schulz (Professur für Theoretische Philosophie)
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Prof. Dr. Marc Wolfram (Professur für Raumentwicklung und Transformation)
Für eine beschleunigte gesellschaftliche Nachhaltigkeits-Transformation sind Disruptionen maßgeblich. Deren Emergenz, Merkmale und Wirkungen hängen jedoch wesentlich mit der Rolle von Außenseiter:innen zusammen. Dieses Vorhaben zielt daher darauf ab, ein umfassendes Verständnis der Relation von Außenseiter:innen und Disruptionen, sowie ihrer Wirkung auf Transformationen zu entwickeln. Es erarbeitet neues Grundlagenwissen, um im Sinne gesellschaftlicher Ziele die Nutzung des transformativen Potenzials von Außenseiter:innen zu begünstigen, sowie ihre mögliche Marginalisierung, Radikalisierung oder obstruktiven Effekte verhindern zu können. Das Design verbindet Ansätze der Psychologie, Philosophie und Transformationsforschung und ermöglicht eine interdisziplinäre Mehrebenen-Analyse kognitiver, institutioneller und normativer Aspekte vom Individuum bis zur Gesellschaft. Empirisch wird in Kooperation zwischen TUD und IÖR eine vergleichende Untersuchung in vier Städten durchgeführt.
Many Moving Parts: Continuity, Disruption, and Change in Global Humanitarian Aid Relations (HumGlobal)
Dr. Patricia Ward
Der Nahe Osten ist weltweit die größte Region mit Geflüchteten in ungelösten, langwierigen humanitären Krisen. Infolgedessen hat sich die Forschung zu Migration, Flucht und Entwicklungshilfe überwiegend auf die Bedeutung von Hilfsangeboten, insbesondere aus dem globalen Norden konzentriert. Dieses Framing stellt die Region des Nahen Ostens als einen Ort dar, der in erster Linie Hilfe erhält. Doch Akteur:innen aus dem Nahen Osten sind - und waren - als Spender:innen, Lieferant:innen, Unterstützer:innen und Logistikvermittler:innen wichtige globale Akteur:innen in solchen humanitären Krisen. So rangieren die Golfstaaten seit den 1970er Jahren beständig an der Spitze der humanitären Unterstützer:innen weltweit und auch die Mitglieder der königlichen Familien in der Region zählen zu den wichtigsten Einzelspender:innen in diesem Sektor. Die Region verfügt über eine der größten Einrichtung für die Lagerung und Koordination humanitärer Hilfsgüter weltweit (International Humanitarian City in Dubai): Auf sie entfallen 80 Prozent der weltweiten humanitären Hilfslieferungen im Jahr 2020. In der Forschung zur Entwicklungshilfe, wie auch in der Forschung zu globalen Standards, Migration und Mobilität im weiteren Sinne, werden die Ressourcen und Agenden der humanitären Hilfe jedoch häufig in Form von "Strömen" zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden konzeptualisiert, z. B. indem Akteur:innen aus dem globalen Norden Ressourcen zur Verfügung stellen, Standards setzen oder der globale Süden als "empfandende" Region dargestellt wird. Die Annahme, dass Ressourcen aus dem globalen Norden dem globalen Süden zur Verfügung gestellt werden, ist teilweise damit verknüpft, wie Kolonialismus und westlicher Imperialismus die humanitären Hilfsmaßnahmen beeinflusst haben und weiterhin beeinflussen. Dies bedeutet auch, dass die Rolle von "nicht-westlichen" Akteur:innen im Hilfssektor, die nicht in den Rahmen der globalen Hilfsbeziehungen "passt", trotz ihrer bedeutenden Rolle empirisch und theoretisch weitgehend unberücksichtigt bleibt.
Das Projekt "HumGlobal" untersucht die historische und gegenwärtige Rolle von Akteur:innen und ihren Praktiken aus dem Nahen Osten bei der Gestaltung der globalen Entwicklungshilfe. Obwohl sich dieses Projekt noch in einem frühen Entwicklungsstadium befindet, soll die Forschung zu einem genaueren Verständnis der Beziehung zwischen humanitärer Hilfe und Mobilität beitragen und zeigen wie Hilfe jenseits globaler Nord-Süd-Erklärungen funktionieren kann.
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Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Freistaat Sachsen im Rahmen der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern