17.06.2022
Scham und Beschämungen in kolonialen und postkolonialen Zeiten: Internationale Tagung zu (post)kolonialer Herabsetzung in Dresden und Leipzig
Beschämung und Demütigung waren zentral für die Etablierung kolonialer Machtgefüge. Die vermeintliche Überlegenheit der kolonialen „Mutterländer“ wurde z.B. materiell durch Technik, Infrastruktur, Architektur, Kleidung u.a. demonstriert und war mit ganz unterschiedlichen Gefühlen wie z.B. Stolz, Kompetenz, Ohnmacht oder Scham u.a. verbunden.
Die Tagung, die vom 16. bis 18. Juni in Dresden und Leipzig stattfindet, fragt, welche Gefühle konkret mit kolonialen Praktiken und Dingen aus der Kolonialzeit verbunden waren und wie diese heute erinnert, verändert oder verdrängt werden. Sie verknüpft damit erstmalig Perspektiven der Emotionsforschung mit Forschungen zu (Post)Kolonialismus.
Die ersten beiden Konferenztage finden im Festsaal Dülferstraße der TU Dresden statt. Ein Höhepunkt ist am Freitagabend, 18.30 Uhr, die Lesung der Bachmann-Preisträgerin Sharon Dodua Otoo aus ihrem aktuellen Roman „Adas Raum“. Das 2021 erschienene Werk verbindet über fünf Jahrhunderte und unterschiedliche kulturelle Räume hinweg die Lebensgeschichten von vier schwarzen wie weißen Adas, deren soziale und materielle Umgebung, die jeweiligen Gewaltkontexte, die Rassismen und die Selbstbestimmungsversuche der vier Frauen, die vielfach miteinander verbunden sind. Die Lesung ist öffentlich.
Am 18. Juni ist die Tagung zu Gast in Leipzig. Das Panel „Ongoing Shaming? Consequences of Colonial Contexts“ findet im Seminargebäude der Universität Leipzig in der Schillerstraße statt. Die öffentliche Podiumsdiskussion zu „Shaming in Memory Cultures“ über postkoloniale Erinnerungskulturen bildet den Abschluss der Tagung und wird am Samstagabend 18 Uhr im GRASSI Museum für Angewandte Kunst stattfinden. Auf dem Podium diskutieren Wissenschaftler:innen und Aktivist:innen: Léontine Meijer-van Mensch, Direktorin der Staatlichen Ethnographischen Sammlungen, die Autorin und Aktivistin Sharon Dodua Otoo, George Abungu, Generaldirektor von Okello Abungu Heritage Consultants, sowie David Simo, Direktor des Deutsch-Afrikanischen Zentrums für wissenschaftliche Zusammenarbeit. Moderiert wird das Gespräch von Friedrich von Bose, Leiter Wissenschaft und Ausstellungen der Staatlichen Ethnographischen Sammlungen, und Dagmar Ellerbrock, Inhaberin der Professur für Neuere und Neueste Geschichte an der TU Dresden. Katja Kanzler, Professorin für amerikanische Literatur und amerikanische Literaturwissenschaft an der Universität Leipzig, wird die Tagung abschließend aus der Perspektive der Invektivitätsforschung kommentieren.
Organisiert wird die Veranstaltung von Dagmar Ellerbrock, Elisabeth Tiller, Torsten König und Sabine Küntzel im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 1285 „Invektivität. Konstellationen und Dynamiken der Herabsetzung“ der TU Dresden in Zusammenarbeit mit Felix Brahm von der Universität Bielefeld. Kooperationspartner:innen sind das GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig, die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) sowie die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB).
Internationale Konferenz (Post)koloniales Shaming
Praktiken und Materialitäten der Herabsetzung
16./17. Juni an der TU Dresden, Festsaal Dülferstraße
17. Juni, 18:30 Uhr Öffentliche Lesung: Sharon Dodua Otoo liest „Adas Raum“ (Festsaal Dülferstraße)
18. Juni Leipzig, Grassi Museum, Großer Vortragssaal