Ernährungsgeschichte am Lehrstuhl für Sächsische Landesgeschichte
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Ernährungsgeschichte befasst sich mit einem Phänomen, ohne dass es die Menschheit überhaupt nicht gäbe. Jeder Mensch muss essen und trinken und zwar sein Leben lang. Das ist aber nicht nur eine Notwendigkeit. Es kann auch ein Vergnügen sein: Genuss und Lebensfreude! Die Ernährungsgeschichte befasst sich daher nicht allein damit, ob die Menschen hinreichend mit Nahrungsmitteln versorgt waren. Es geht auch um symbolische Akte, die beispielsweise Hierarchien herstellten. Was jemand in einer bestimmten historischen Situation isst oder trinkt, enthält immer auch eine kulturelle Botschaft. Nahrung hat darüber hinaus auch eine ästhetische Dimension. Denn was den Menschen schmeckte, unterscheidet sich je nach Epoche und nach Kulturkreis.

„Creme au cafe, Creme von Kaffee“ nach einem Rezept des Dresdner Hofküchenmeisters Franz Walcha (1771-1838), zubereitet von Sternekoch Benjamin Biedlingmaier (Caroussel Dresden), Foto: Roland Gladasch
Die Spitzenküche Europas fand in vergangenen Jahrhunderten nicht nur in Frankreich statt. Auf höchstem Niveau war die Kochkunst des Okzidents schon während der Frühen Neuzeit durch die Fürstenhäuser, ihre Diplomaten und deren Köche verbunden. Am Dresdner Hof beispielsweise kochte man Jahrhunderte lang auf international respektiertem Niveau. Das erste deutschsprachige Kochbuch für professionelle Köche, Marx Rumpolt: Ein new Kochbuch, Frankfurt 1581, ist der sächsischen Kurfürstin Anna gewidmet. Bald darauf publizierte ein kurfürstlich-sächsischer Hofküchenschreiber das erste in Sachsen gedruckte Kochbuch: Johann Deckhardt: New/ Kunstreich und Nützliches Kochbuch. Leipzig 1611. Am Beginn der kulinarischen Moderne veröffentlichte der Dresdner Hofkoch Franz Walcha ebenfalls ein Kochbuch: Der praktische Koch, Dresden 1819. Walchas Gerichte erhalten ihr Aroma aus dem Eigengeschmack der zentralen Zutaten. Damit gehören diese Zubereitungsvorschriften zu den frühesten Rezepten moderner Kochkunst, wie sie in Paris Marie-Antoine Carême oder in Wien Franz Georg Zenker propagierten. Heute leuchten, sieht man von Berlin ab, in den neuen Bundesländern die meisten Michelin-Sternen (neun von 27) in sächsischen Restaurants.
Am Lehrstuhl für Sächsische Landesgeschichte bildet die Ernährungsgeschichte seit vielen Jahren einen der Schwerpunkte in Forschung und Lehre. Neben mehreren Dissertationen und Editionen wurden die Ergebnisse der bisherigen Projekte auch in verschiedenen Ausstellungen präsentiert. Ein für unsere Arbeit wichtiger und enger Kooperationspartner ist das Deutsche Archiv der Kulinarik an der SLUB. In jüngerer Zeit konstituierte sich die interdisziplinär zusammengesetzte Forschungsgruppe „Geschmackswandel“, die zum Verhältnis von kulinarischer Ästhetik und gesellschaftlichem Wandel arbeitet.
Deutsches Archiv der Kulinarik
Die SLUB Dresden und die TU Dresden haben mit dem Deutschen Archiv der Kulinarik eine deutschlandweit einzigartige Sammlung zur Kochkunst und Esskultur gegründet. Mit Unterstützung starker Partner entsteht ein zukunftsweisender Forschungsort – reich an historischen Rezepten, Menükarten, Medien und mehr. Entdecken Sie ein Archiv, das Genuss-, Kultur- und Wissenschaftsgeschichte auf besondere Weise verbindet auf unserer Projektseite.
Geschmackswandel. Kulinarische Ästhetik und Gesellschaft im deutschsprachigen Raum vom späten 18. bis ins 21. Jahrhundert
Wie wurde exquisite Küche zur Kunstform? Unsere interdisziplinär zusammengesetzte Arbeitsgruppe fokussiert auf die kulinarische Ästhetik als Kern der modernen Kochkunst. Sie untersucht, inwieweit exquisite Küche und Tafelkultur – ähnlich wie bildende Kunst, Musik, Architektur, Medien und Mode – einem Geschmackswandel unterliegen. Mehr zur Verbindung von Kochkunst, Wissenschaft und Geschichte erfahren Sie auf unserer Projektseite.
Verein Ernährungsgeschichte in Sachsen e.V.

SIEBECK, Wolfram / SCHENK, Georg W. / MATZERATH, Josef (Hgg.): Hofmenüs für heute. Rezepte vom Dresdner Hof nachgekocht von sächsischen Köchen und Patissiers, Ostfildern 2013.
Im Verein Ernährungsgeschichte in Sachsen e.V. erschließen Historiker*innen teils in Kooperation oder engem Austausch mit Köchen*innen, Gastronomen*innen und Produzenten*innen handwerklich hergestellter Nahrungsmittel die Geschmacksbilder der exquisiten Kochkunst und Tafelkultur seit dem 16. Jahrhundert.
Weiterlesen: ernaehrungsgeschichte.de
Kontakt

Prof. Dr. Josef Matzerath
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Lehrstuhlinhaber
NameProf. Dr. Andreas Rutz
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Studentische Hilfskraft
NameAnabel Steuber
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