Das Projekt
Die Kunstfreiheit und die Reisefreiheit in der DDR wurden in der öffentlichen Wahrnehmung lange als gleichermaßen eingeschränkt bewertet. Kaum bekannt ist daher, dass Künstler:innen aus der DDR durchaus über den Eisernen Vorhang hinaus ins Ausland reisten. Die dort erlebten Erfahrungen und Eindrücke wurden vielfach künstlerisch verarbeitet. Diesem in der bisherigen Forschung kaum beachteten Aspekt des internationalen Kulturaustauschs zwischen der DDR und Ländern auch jenseits des sogenannten Ostblocks möchte sich das Forschungsprojekt „Affektive Archive – Auslandsreisen von Künstler:innen zur Zeit der DDR“ widmen. Im Zentrum der Untersuchung stehen die politischen Rahmenbedingungen für Künstler:innenreisen, die verschiedenen Anlässe für Auslandsreisen, die persönlichen Beweggründe und Erfahrungen sowie ihr Niederschlag in der Bildenden Kunst. Um das Spannungsfeld zwischen Reise(un)freiheiten, Kulturpolitik und privaten Interessen zu analysieren, werden unterschiedliche Quellenkorpora aus Archiven und Museen herangezogen und miteinander verknüpft. In öffentlichen Archiven zeugen Spuren wie Reiseberichte, Dienstreiseanträge und Presseartikel vom Wunsch vieler Künstler:innen, die Welt hinter der Mauer zu entdecken – aber auch von den Schwierigkeiten, die den Anträgen durch politische und bürokratische Hürden in der Einparteien-Diktatur im Weg standen. Das Projekt möchte eine Brücke zwischen diesen Archivbeständen und der Arbeit mit Zeitzeug:innen in Form von Videointerviews mit Künstler:innen sowie der Sichtung von Privatarchiven schlagen. Dabei sollen Kunstwerke mit einbezogen und analysiert werden, die im Zusammenhang mit Auslandreisen stehen. Hier wird auch nach Projektionen auf andere Kulturen und Formen des ‘Othering’ gefragt.
Das Projekt wird vom 01.04.2023 - 31.03.2025 von der Fritz Thyssen Stiftung gefördert.