Dissertationsprojekte
Hier finden Sie eine Übersicht über die an der Professur entstehenden Dissertationen.
Kleine, unscheinbare Beiträge und Nachrichten können in sozialen Netzwerken innerhalb kürzester Zeit eine enorme Reichweite erlangen. Viralität als inhärente Eigenschaft der Social Media-Kommunikation führt immer wieder dazu, dass sich aus der dort stattfindenden Interaktion Gemeinschaften bilden, die auch außerhalb der sozialen Medien Beachtung finden und so den gesellschaftlichen und politischen Diskurs mitbestimmen.
Das Dissertationsprojekt zielt darauf ab, sprachliche Praktiken zu untersuchen, die Nutzer*innen anwenden, um sich in sozialen Netzwerken miteinander zu solidarisieren. Der Fokus liegt dabei auf der sprachlichen Analyse von Diskursmustern, dem Aufbau und Verlauf von Kommentarsträngen, sowie den semantischen und pragmatischen Aspekten sprachlicher Loyalitäts- und Solidarisierungspraktiken. In einem netzwerkübergreifenden Vergleich sollen so sprachliche Strategien der Solidarisierung aufgezeigt und sowohl quantitativ als auch qualitativ untersucht werden.
Alignment beschreibt das psycholinguistische Phänomen, dass Gesprächspartner sich auf verschiedenen linguistischen Ebenen einander angleichen, z.B. lexikalisch: Wenn Sprecherin A den Ausdruck x einführt, um eine Entität zu referenzieren, so ist es wahrscheinlich, dass ihre Gesprächspartnerin B ebendiesen Ausdruck aufgreift, um auf dieselbe Entität zu verweisen. Dies wurde sowohl für die Mensch-Mensch-Interaktion als auch für die Mensch-Maschine-Interaktion (HMI) gezeigt, unter anderem für Lexik, Syntax und Prosodie sowie für diverse Settings wie Interaktionen mit Chatbots, Robotern und mündlichen Sprachassistenten. Der Großteil der Forschung zu Alignment in Mensch-Maschine-Interaktion ist experimenteller Natur. Während solche Designs gut kontrollierbar sind, emulieren sie doch Szenarien, die fernab von realer HMI stehen, was die ökologische Validität solcher Erkenntnisse herabsetzt. Auf der anderen Seite kann eine korpusbasierte Herangehensweise Alignmentprozesse im Gehirn nicht direkt nachweisen, sondern nur die Persistenz linguistischer Strukturen aufzeigen. Gleichzeitig bietet sie den Vorteil, dass (einigermaßen) authentische Interaktionen zwischen Menschen und tatsächlichen Maschinen ausgewertet werden können. Nichtsdestotrotz gibt es kaum korpusbasierte Forschung zu Alignment in der HMI. Komplett absent ist korpusbasierte Forschung zu Persistenz in der Interaktion zwischen Menschen und mündlichen Sprachassistenten. Dieses Dissertationsprojekt zielt darauf ab, diese Forschungslücke zu füllen, indem mehrere deutschsprachige Korpora mit Interaktionen zwischen Menschen und Alexa auf Persistenz hin untersucht werden.
Das Promotionsvorhaben geht der Fragestellung nach, wie mit Künstlicher Intelligenz (KI) in der sächsischen Wirtschaft interagiert wird und analysiert daraus Bedarfe für potenzielle Weiterbildungen im Umgang mit textbasierter KI. Hierfür wird sich zudem mit dem Konzept der AI-Literacy auseinandergesetzt, welches dir Fähigkeit beschreibt, KI-Tools so zu nutzen, dass Probleme effektiv und ethisch richtig in einem Umfeld von soziokulturellen Kontexten gelöst werden können. Aus dieser Analyse soll ein Fortbildungskonzept entwickelt werden, welches Mitarbeitende von Unternehmen passgenau im Umgang mit KI schulen kann. Dazu zählt insbesondere das Verfassen aussagekräftiger "Prompts". Mithilfe dieser Kompetenz wird es den Anwender:innen ermöglicht, ihre Problemstellungen so zu formulieren, dass ein möglichst passendes Ergebnis von der KI ausgegeben wird. Da so der Fokus der Weiterbildung auf der sprachlichen Interaktion mit der KI liegt, kann eine Fortbildung auch für Personen ohne erhöhtes technisches Verständnis von Interesse sein.
Gegenstand der Dissertation ist das Reden über Angst. Sie fußt auf der Feststellung, dass die Angst, neben ihrer körperlichen Verankerung als Emotion, über die Sprache als sozial konstruiertes Konzept erfassbar und beschreibbar ist. Den Rahmen der Untersuchung bilden öffentliche und halböffentliche Diskurse unterschiedlicher Kollektive. Die Eingrenzung erfolgt auf die Annahme hin, dass Angstthematisierungen, also der Gebrauch des Lexems Angst und ähnlicher Lexeme, in Diskursen mit spezifischen Funktionen verbunden sind, die sich in Angstmanagement, Angstreflexion und Angstbewältigung unterteilen lassen. So werden Plenarprotokolle des deutschen Bundestages untersucht, da angenommen wird, dass in diesem Kontext die Funktion des Angstmanagements zentral ist. Die reflexive Funktion ist hingegen charakteristisch für Artikel in Wochenzeitungen, die eine weitere Untersuchungsgrundlage darstellen. Zudem werden Chats von Online-Selbsthilfeforen zu Angsterkrankungen untersucht, da diesen primär die Funktion der Angstbewältigung zugeschrieben wird. Dabei wird weiterhin angenommen, dass die unterschiedlichen Funktionen der Angstthematisierung mit unterschiedlichen, durchaus kontrastiven Angstkonzepten verbunden sind, die es zu ermitteln gilt. Im Rahmen der Korpusstudie werden zunächst ausgehend von den Angstthematisierungen sprachliche Muster bestimmt, die als Spuren von Angstkonzepten angesehen werden. Die Beschreibung der Angstkonzepte erfolgt anschließend über einen hermeneutischen Zugang, der die interdisziplinären Erkenntnisse zum Thema Angst einschließt. Aus den Unterschieden der Ergebnisse der Korpora lassen sich Eigenheiten der jeweiligen Akteursgruppen ableiten. Gemeinsamkeiten in den Korpora werden schließlich kulturanalytisch gedeutet.
Am globalen Erfolg neurechter Bewegungen und Parteien lässt sich eindrucksvoll das Wiedererstarken und die gesellschaftliche Kraft eindringlicher (Polit-)Erzählungen beobachten. Derartige Narrative – so die Grundthese der Dissertation – entwickeln eine hochemotionalisierte Kausalität, die das legitimatorische Fundament für Radikalisierung, Feindsetzungen und ideologisierte Wahrheitskonstruktionen bildet. Die Strategien, Funktionsweisen und (Dis-)Kontinuitäten neurechter Diskurse werden deshalb in der Arbeit im analytischen Rahmen der Narratologie als Theorie kultureller Sinngenese erschlossen. Methodologisch wird dabei ein innovativer Ansatz verfolgt, der datengeleitete und generalisierende Verfahren mit qualitativ hermeneutischen kombiniert, um die strukturelle Komplexität und die interpretatorische Offenheit kultureller Narrative adäquat abbilden zu können.
Erlebt jemand ein Ereignis, welches so weit aus dem bisher Bekannten herausfällt, dass es der alltagsweltlichen Wirklichkeit bzw. den eigenen Vorstellungen von dem, was für einen selbst und gemeinhin als wahr, plausibel, vernünftig gilt, widerspricht, so müssen mehrere Probleme bewältigt werden: Zum einen muss sich die betroffene Person entscheiden, inwieweit sie eine Abweichung vom Normalen für sich selbst ‚erlauben‘ will. Zum anderen muss das Erlebte eingeordnet werden, in dem Sinne, dass entschieden werden muss, ob es graduell noch den bisherigen Vorstellungen von dem, was wahr ist, zuzurechnen ist. Sobald von einem solchen Erlebnis berichtet wird, tritt dann noch ein drittes Problem hinzu: Es muss neben den genannten Problemen auch überzeugend berichtet werden, also auf eine Art, die bei Rezipienten nicht eine sofortige Ablehnung auslöst. Das Auftreten dieser Probleme als kommunikative Akte soll anhand von Korpora aus Berichten von UFO-Sichtungen – welche eine Form von Wissen repräsentieren, das verbreitet, aber stigmatisiert ist – sichtbar gemacht werden und auf seinen Ursprung in einer spezifischen gesellschaftlichen Wissenshierarchie zurückgeführt werden.
Die mit der kommerziellen Verbreitung des Internets entstandene Open Access-Bewegung und die an sie anschließende rezente Entwicklung hin zur Öffnung des gesamten wissenschaftlichen Produktionsprozesses stehen symptomatisch für gegenwärtige Forderungen nach mehr Demokratie, Offenheit und Transparenz von gesellschaftlich relevanten Domänen. Dabei leistet das Zusammenspiel politischer und wissenschaftsethischer Postulate mit den Affordanzen der neuen digitalen Medien einer radikalen Transformation des wissenschaftliche Kommunikationssystems Vorschub. Am Beispiel der der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB) und der Open Science Initiative der psychologischen Fakultät der TU Dresden (OSIP) fragt das Dissertationsprojekt nach den diskursiven Deutungsmustern, die den Prozess der Öffnung einer vermeintlich geschlossenen Wissenschaft flankieren bzw. diesen überhaupt erst sinnhaft als solchen konstruieren und legitimieren. Von Interesse ist dabei auch, inwieweit die Wissenschaftler:innen und bibliothekarischen Mitarbeiter:innen die Wissenskonstruktionen des übergeordneten Diskurses aufgreifen und welche sprachlichen Handlungen der Selbstpositionierung sie vollziehen. Dazu werden Textkorpora generiert und qualitative Interviews durchgeführt, die mit quantitativen als auch qualitativen Methoden ausgewertet werden.
Multimodale Kommunikate und die mit ihnen verbundene Wirklichkeits- und Bedeutungskonstruktion dominieren zusehends den webbasierten Diskursalltag politischer Parteien und ihres potenziellen Elektorats. Auch rechtspopulistische Akteur*innen nutzen Soziale Medien u.a. als Resonanzräume für eine dichotome Identitätskonstruktion, die sich entlang eines diskursiv ausgeformten Freund-Feind-Schemas vollzieht und die In- und Exklusion bestimmter sozialer Gruppen relevant setzt. Dabei realisieren sie ihre Diskurshandlungen vielfach durch multimodale Kommunikate in Form von Sprache-Bild-Texten.
Vor diesem Hintergrund zielt das Dissertationsprojekt darauf ab, die sprachlich-bildliche Konstruktion rechtspopulistischer Denkmuster und Weltdeutungen und die daraus abgeleiteten In- und Outgroupidentitäten auf Grundlage multimodaler Kommunikate offenzulegen. Dazu wird ein methodisches Analyseverfahren für qualitativ ausgerichtete, multimodale Online-Diskursanalysen entwickelt, das die Vorgehensweise einer semiotisch erweiterten Diskurslinguistik mit der Methodik der Grounded Theory verschränkt.
Ein Gespenst geht um in der Welt: Das Gespenst der Ideologie. Nach den diversen diskursiven Verschiebungen der vergangenen Jahre liest man diese altehrwürdige Vokabel wieder öfter: Sei es als Stigmawort für die Position des politischen Gegners, als Fachausdruck in politischen Leitartikeln oder allenthalben als Füllwort oder Floskel. Gleichzeitig erfuhr das epistemologisch orientierte Konzept Ideologie in der englischsprachigen Forschung eine ungeahnte Renaissance und reifte somit zu einem mächtigen Analyseinstrument für (politische) Weltanschauungen und alltägliche Überzeugungen heran. Das Promotionsprojekt möchte den Versuch unternehmen, eine Neubegründung des Terminus für die Linguistik zu wagen. Der Ideologiebegriff wird durch theoretische Reflexion und sprachanalytische Modellierung für eine kulturwissenschaftliche interessierte Forschung operationalisiert, um eine neuartige Methode für die qualitative und quantitative Untersuchung von Weltanschauungen bereitzustellen.