Forschungslage zum Zusammenhang von "Sprache und Religion" im deutschsprachigen Raum
Die Linguistik scheute sich lange davor, Texte, die der Domäne „Religion“ zugeordnet werden, zu untersuchen. Dem lag sowohl auf Seiten der Linguistik als auch der Theologie das Missverständnis und die Befürchtung zu Grunde, dass man die Deutungskompetenz und Deutungshoheit der jeweils anderen textauslegenden Disziplin damit in Frage stellte. Indiz dafür ist, dass sowohl Hugo Mosers Arbeit zu Sprache und Religion als auch August Langens Wortschatz des deutschen Pietismus zwar heute noch mit Gewinn rezipiert werden, allerdings in den Folgejahren kaum Arbeiten an ihre Fragestellungen anschlossen. Dass Linguistik und Theologie verschiedene Erkenntnisinteressen haben und unterschiedliche Ziele verfolgen, erwies sich zwar bereits bei Moser und Langen, allerdings öffnete erst die so genannte pragmatische Wende innerhalb der Linguistik, die die Aufmerksamkeit und das Forschungsinteresse weg vom Wort und Satz hin zum Sprachgebrauch lenkte, den Weg zur wissenschaftlichen Begründung des genuin differenten Forschungsinteresses der Linguistik. Jetzt gerieten Fragen der Produktion, Rezeption und Kommunikation in den Blick, die hinsichtlich ihrer Bedingungen und Konsequenzen befragt werden konnten. Eine weitere Voraussetzung stellte innerhalb der Linguistik die Rezeption der soziologischen Studien zum Ritual dar. Für die Linguistik erwiesen sich dabei sowohl der Gegenstand als auch die Perspektive der Soziologie als wegweisend: Diese abstrahierte nämlich von einzelkulturellen Erscheinungen und suchte generelle Handlungsmuster des Rituellen zu erarbeiten, die sie nicht mehr nur auf die Domäne „Religion“ beschränkt sah. Als einschlägig haben hier die Publikationen von Viktor Turner und Hans Georg Soeffner zu gelten. Dennoch ist die Forschungslage auch heute noch dürftig: Einzeluntersuchungen wurden zwar vorgelegt etwa zu den Textsorten Kirchenlied, Predigt und Lebensbeschreibung oder zum Themenkomplex Rhetorik und Stilistik der ‚religiösen Sprache‘, kommunikationstypologische Studien, die den Zusammenhang von Verkündigung, Verehrung und Vergegenwärtigung auch vergleichend zwischen verschiedenen Religionsgemeinschaften beschreiben und erhellen, sind Desiderat.
Projektziele
Ziel des Projektes ist es, einen umfassenden Einblick in die Kommunikationsstrukturen und -kulturen des religiösen Raumes zu bieten aus spezifisch sprachwissenschaftlicher Perspektive. Das Projekt wird – gegen die aktuelle Tendenz – vor allem Gemeinsamkeiten der Religionsgemeinschaften erarbeiten und sie damit als prägend für Zusammenhalt des abend- und morgenländischen Kulturraums und darüber hinaus ausweisen.