Forschungsprojekte
Laufende Forschungsprojekte
In diesem Projekt, das von literarischen Texten Ausgang nimmt, aber gleichermaßen filmische Produktionen berücksichtigen wird, stehen Interferenzen von Realität und Repräsentation im Blickpunkt. Dies meint das Zusammenwirken von politischen, ökonomischen oder sozialen Ereignissen respektive Gemengelagen und deren medialer, etwa literarischer oder filmischer Repräsentation, die in der Gegenwart in veränderter Weise interagieren. Fächerübergreifend lässt sich diesbezüglich in den letzten Jahren eine sichtlich dynamisierte Diskussion zum Zusammenspiel von Fiktionalität und Faktualität festmachen: von Fakten aus der realen Realität und fiktionalen Strategien der Generierung imaginärer Welten, die mitunter in Diskussionen eines Neuen Realismus münden. Das Projekt beschäftigt sich mit textuellen oder filmischen Repräsentation von manchmal latenten, insbesondere aber politisch bzw. sozialpolitisch aktuellen Themen, die nicht ausschließlich im Rahmen tradierter literarischer Konventionen, sondern eben auch mit Hilfe von innovativen, grenzüberschreitenden literarischen oder filmischen Verfahrensweisen, von Hybridisierungen und intermedialen Erweiterungen erstellt werden. Zugriffsbereich ist der italienische Kulturraum, der Resonanzraum der italienischen Erzähl- und Deutungsgemeinschaft also, in welchem sich in den letzten Jahren vermehrt literarischen oder filmischen Narrationen antreffen lassen, die sich explizit mit der politischen Realität des Landes auseinandersetzen.
Der Venezianer Marco Polo war weder der erste spätmittelalterliche Reisende von der italienischen Halbinsel, der langjährige Reisen in ferne Weltregionen unternommen hatte, noch der erste, der davon schriftlich Kunde gegeben hat. Gleichwohl leitet er eine Tradition ein, die bis zum Ende der großen Entdeckungen um 1530 eine größere Zahl von Reiseberichten prägen wird, welche Händler und Bankiers, Seefahrer, Kartographen und sonstige Reisende nach ihrer Rückkehr nach Europa bzw. auf die italienische Halbinsel verfassen. Das Forschungsprojekt untersucht diese Reiseberichte des 15. und 16. Jahrhunderts nicht nur in Hinblick auf eine rinascimentale Gattungs-Kanonisierung, sondern versucht insbesondere, die Modi der Valorisierung des Erfahrungswissens, der epistemisch zusehends zielgerichteten Wissens-Generierung, der humanistisch angeleiteten Klassifizierung und Kodierung der fremden Anderen bzw. ihrer Kulturen, der sinnstiftenden Narrativierung der durchlebten Kulturkontakte sowie der zugehörigen Weltdeutungskonventionen zu beschreiben und zu analysieren, um die italienische Spezifik dieser Verschriftlichungen ferner Welten systematisch zu erfassen.
Abgeschlossene Forschungsprojekte
Teilprojekt M des Sonderforschungsbereichs 1285 https://tu-dresden.de/gsw/sfb1285/forschung/teilprojekte/teilprojekt-m-italianistik
Leitung: Prof. Dr. Elisabeth Tiller
Laufzeit: 2017 – 2022
Das Teilprojekt nimmt literarische und filmische Migrationsnarrationen der italienischen Erzählgemeinschaft in den Blick, um ästhetische Inszenierungen invektiv ausgetragener sozialer Konflikte seit Beginn des 20. Jahrhunderts zu analysieren. Die jüngere Migrationsgeschichte Italiens eröffnet gänzlich unterschiedliche Perspektiven auf Migrationskonflikte, die in Erzählungen kulturelle Sinnzuschreibungen erhalten. Narrativ verhandelt werden dabei Konflikte zwischen Wir- und Sie-Gruppen, die im Kontext von Emigration, Immigration, Binnenmigration, Kolonialismus sowie postkolonialen Konstellationen positioniert werden. Literatur und Film diskutieren also in Anknüpfung an historische Migrationsverläufe Grenzen und Identifikationsmuster imaginärer Gemeinschaften, die an der Aushandlung von kultureller Ordnung beteiligt sind.
Italien ist für eine derartige Untersuchung besonders geeignet, weil hier umfangreiche gegenläufige Migrationsbewegungen zu beobachten sind. Während die italienische Gesellschaft nahezu das gesamte 20. Jahrhundert über insbesondere durch Emigration geprägt wurde, erfährt diese Tendenz seit Beginn der 1990er Jahre eine Umkehrung: Italien vollzieht den Wandel von einer Emigrations- zur Immigrationsgesellschaft – wobei diese Verwandlung ökonomisch, sozial und kulturell erhebliche Friktionen hervorbringt. Dies ermöglicht, divergierende Konfliktlagen, ideologische Kodierungen und kulturelle Deutungen zu beobachten und Variationen oder Kontinuitäten des Invektiven zu bestimmen.
Literarische und filmische Migrationserzählungen beobachten, beschreiben und kodieren nicht nur Invektiven als Teil von Migrationskonflikten. Sie analysieren und deuten zugleich auf einer ästhetischen Metaebene diese Konflikte von Wir-/Sie-Gruppen als Teil der gesellschaftlichen Kommunikation. Das Teilprojekt fragt deshalb
- welche Rolle narrativen Inszenierungen von Invektivität in Migrationserzählungen zukommt,
- wie diese den gesellschaftlichen Migrationsdiskurs und dessen invektive Anteile dynamisieren, reflektieren oder moderieren,
- wie dabei die Aushandlung und Plausibilisierung sozialer Konflikte, politischer Identifikationsweisen und kultureller Skripte historisch und medial erfolgt,
- wie konfrontative Freund-Feind-Konstellationen plausibilisiert und antagonistische Handlungsmuster (de-)legitimiert werden,
- welche historischen Diskurspolitiken, Wissensregime und affektiven Dynamiken invektiv angereicherte Migrationserzählungen fundieren, und schließlich
- wie ästhetisch modellierte Narrationen und Politik interagieren.
Ziel ist es, zu den SFB-Theoriebildungen insbesondere durch Überlegungen beizusteuern, die zeigen, dass und wie (De-)Legitimationsdiskurse sozialer Asymmetrierung immer narrativ verankert sind.
GenderConceptGroup der TU Dresden (Roswitha Böhm / Maria Häusl / Stefan Horlacher / Antonia Kupfer / Susanne Schötz / Wieland Schwanebeck / Elisabeth Tiller)
Laufzeit 2020-2022 (1 Postdoc, 1 WMA 50%)
Das Projekt bewegt sich im Feld der kulturwissenschaftlichen Technikfolgenabschätzung für Digitalisierungsprozesse bzw. der Digitalität der gesellschaftlichen Beziehungen und versucht, Konstitutionsbedingungen des digitalen Wandels an der Schnittstelle von Gender- und Technikforschung kritisch zu reflektieren.
Das über das SMWK (RL TG 70) geförderte Projekt Digital Gender: Verhandlungen von Geschlecht zwischen Neuerfindung und Auflösung im 21. Jahrhundert der GenderConceptGroup der TU Dresden, Laufzeit 2020-2022 (1 Postdoc, 1 WMA 50%), untersucht im Zuge der Digitalisierung aufkommende alltagspraktische Veränderungen sowie fiktionale Repräsentationen des Digitalisierungsprozesses aus gendertheoretischer Perspektive. Gesucht wird nach Erkenntnissen zum einen darüber, wie Geschlechtlichkeit und Digitalität interagieren, d.h. welche Auswirkungen Digitalität in ihren verschiedenen Ausprägungen (von künstlicher Intelligenz über Avatare bis zu Cyborg-Mischwesen) auf geschlechtliche Identitäten, Körper sowie die Geschlechterordnung einer Gesellschaft hat. Zum anderen steht im Blick, welche Geschlechterbilder im Zuge der Digitalisierung aufgegriffen und weiterentwickelt werden. Gegenstand der Analyse sind sowohl aktuelle, fiktional generierte Erzählungen in literarischen und audiovisuellen Medien als auch alltägliche Artefakte der digitalen Mensch-Maschine-Kommunikation (Alexa, Siri und Co.). Das Projekt geht davon aus, dass beide Untersuchungsbereiche aus Sicht der Gender Studies als Seismographen gegenwärtiger und zukünftiger Entwicklungen fungieren können.
Digital Gender bewegt sich im Feld der kulturwissenschaftlichen Technikfolgenabschätzung für Digitalisierungsprozesse bzw. der Digitalität der gesellschaftlichen Beziehungen und versucht, Konstitutionsbedingungen des digitalen Wandels an der Schnittstelle von Gender- und Technikforschung kritisch zu reflektieren. Eines der Projektziele sieht mit Blick auf die Innovationsstrategie des Freistaates Sachsen die Überführung der Forschungsergebnisse in die Lehrer:innenfortbildung vor und reagiert damit gezielt auf Erfordernisse des sächsischen Bildungsbetriebs.
Link zu https://tu-dresden.de/gsw/forschung/projekte/genderconceptgroup
2009-2014: TU-Teilprojekt Baroque Fantasies – Creating Exotic Spaces. The Case of Dresden des europäischen Projekts European Network for Baroque Cultural Heritage (ENBaCH) im Culture Programme der Europäischen Kommission (zus. m. Prof. Dr. Maria Lieber). Das EU-Projekt ENBaCH wurde im November 2015 seitens des Directorate General for Education and Culture (DG EAC) als „Success story“ ausgezeichnet
An ENBaCH beteiligte Projekte/Universitäten:
Università di Roma "La Sapienza"/Facoltà di lettere e filosofia
Universitat de Barcelona/Departament d’Història moderna
Technische Universität Dresden/Fakultät Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifwald/Historisches Institut
École des Hautes Études en Sciences Sociales Paris
Università di Teramo/Dipartimento di Storia e Critica della politica
Uniwersytet Warszawski/Instytut Badan Interdyscyplinarnych „Artes Liberales“
Sammlungen der Medizinischen Universität Wien
Koordination: Prof. Renata Ago, Università degli Studi di Roma “La Sapienza”
17. Mai bis 1. September 2013
Ausstellung "Pöppelmann 3D. Bücher - Pläne - Raumwelten", Buchmuseum der Sächsischen Landesbibliothek, Staats- und Universitätsbibliothek Dresden.
Link zum Ausstellungskatalog
Virtuelle Bibliothek M.D. Pöppelmann (Deutsch)
Virtuelle Bibliothek M.D. Pöppelmann (Englisch)
2015
Elisabeth Tiller (Hg.): Bücherwelten - Raumwelten. Zirkulation von Wissen und Macht im Zeitalter des Barock, Wien/Köln/Weimar: Böhlau.
Der sächsische Kurfürst und polnische König August der Starke beschäftigte einen vielköpfigen künstlerischen Stab, der seinen politischen Plänen prunkvoll Ausdruck verleihen sollte. Einer der Protagonisten der eingeforderten Machtvisualisierung war Hofbaumeister Matthäus Daniel Pöppelmann, der Kraft seines Amtes bemüht war, an Kunst-, Technik- und Wissensentwicklungen in Europas Innovationszentren Anschluss zu halten.
Mit Beiträgen zu Pöppelmann und seiner Privatbibliothek, zu den Büchersammlungen von Berufskollegen und Hofangehörigen wie Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff und Balthasar Neumann, schließlich zur Raum- und Repräsentationspolitik Augusts des Starken veranschaulicht dieser Band ein neu zugeschnittenes Panorama barocker Wissenszirkulation.