Belagssensorsystem
Projektname:
In-situ-Sensorsystem zur Optimierung der Anlagen- und Reinigungseffizienz durch die Ermittlung von Ablagerungseigenschaften
Bearbeiter:
Matthias Reiche, Sebastian Grahl, Klaus Vogel
Laufzeit:
03/2014-07/2016
Kooperationspartner:
CheMin GmbH, Zweckverband für Abfallwirtschaft in Nordwest-Oberfranken
Förderung:
Das Vorhaben wurde über die AiF im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM, FK: KF2006424ST4) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
Kurzbeschreibung
Hintergrund:
Während der Verbrennung fossiler Brennstoffe, wie Abfall oder Biomasse, kommt es unweigerlich zur Verschmutzung des Dampferzeugers. Die Verschmutzungen bzw. Ablagerungen hindern die Wärmeauskopplung vom Rauchgas an den Wasser-Dampf-Kreislauf. Durch die verschlechterte Wärmeauskopplung verschmutzt der Kessel umso schneller. Eine Folge kann das Zusetzen des Strömungskanals im Bereich der Überhitzer sein durch Überschreitung der Ascheschmelztemperatur. Weiterhin führen erhöhte Temperaturen zu teilweise kritischen Bauteilbeanspruchungen und, wie auch die Ablagerungsbestandteile an sich, zu korrosiven Abzehrungen der Dampferzeugerkomponenten. Um die Heizflächen des Dampferzeugers während des Betriebes je nach vorliegender, lokaler Verschmutzungssituation bedarfsgerecht zu reinigen (Online-Reinigung), ist eine Charakterisierung, d.h. quantitativen Beschreibung, der lokal vorliegenden Verschmutzung notwendig. Ein derartiges Monitoring von Verschmutzungen ist mit den auf dem Markt befindlichen Sensorsystemen nicht möglich.
Das Ziel des Projektes war die Entwicklung eines Sensorsystems, mit welchem Verschmutzungen an Dampferzeugerheizflächen ohne Probennahme bzw. deren Beeinflussung quantitativ charakterisiert werden können. Mit dem Sensorsystem ist es beispielsweise möglich, lokale Ablagerungsschichtdicken und Festigkeitswerte zu bestimmen. Eine Online-Reinigung von Dampferzeugerheizflächen kann damit bedarfsgerecht und gezielt eingesetzt werden, was die Reinigungs- und Anlageneffizienz verbessert.
Das Sensorsystem beobachtet die zugestellte Kesselwand mittels einer Infrarotkamera bzw. Pyrometer und der Rohr-Steg-Sensorik (Thermoelemente an der Kesselaußenwand). Durch die Analyse und dem Vergleich von Fluktuationen in beiden Signalen wird die Ablagerung hinsichtlich dessen Eigenschaften charakterisiert (bestimmbar sind bspw.: Schichtdicke, Wärmeleitfähigkeit, Festigkeit). Diese Fluktuationen, welche im Kesselinneren durch das Verbrennen des heterogenen Brennstoffs auftreten, bilden sich an der Ablagerungsoberfläche ab und werden durch die endliche Temperaturleitfähigkeit der Verschmutzung zeitlich verzögert und gedämpft an die Membranwand hindurchgelassen. Das In-situ-Sensorsystem wertet Dämpfung und zeitliche Verzögerung der Signale an den diskreten Stellen x=0 und x=δB aus (vgl. Abbildung oben), und berechnet aus diesen wiederum die Stoffeigenschaften der Ablagerung.
Umsetzung und Test des Sensorsystems:
Das In-situ-Sensorsystem wurde am Müllheizkraftwerk Coburg (MHKW) getestet und weiterentwickelt. Das MHKW ist ein Kraftwerk mit 2 Abfallverbrennungslinien. Die Versuche zur Qualifizierung des Sensorsystems wurden an einer Feuerfestzustellung im 2. Zug einer dieser Linien durchgeführt. Neben Untersuchungen an einem künstlich applizierten Modell-Belag wurden mehrere Feldtests an realen Ablagerungen, also solchen die sich während des Betriebes auf der Feuerfestzustellung bilden, durchgeführt. Bei letzteren sollten Ablagerungsschichtdicken bestimmt werden, was als Referenz zeitgleich mittels eines Laserabstandssensors geschah.
Ergebnisse:
Das Sensorsystem liefert plausible Werte für die Eigenschaften von Verschmutzungen an Dampferzeugerheizflächen. Anhand der ermittelten Schichtdickenwerte konnte gezeigt werden, dass sowohl der Reinigungsvorgang (plötzlicher Abfall der Schichtdicke) als auch der Verschmutzungsvorgang (allmählicher Anstieg der Schichtdicke) mittels dem entwickelten Sensorsystem erfasst werden können. Es treten erwartungsgemäß geringfügige Abweichungen gegenüber den Daten des Laserabstandssensors auf (Referenzmesssystem), die durch die inhomogene, unebene Belagsoberfläche, der ungleichmäßigen Abreinigung durch das Shower-Cleaning sowie durch die Abschätzung der Belagsparameter, insbesondere des Wärmeleitmodells des porösen Feststoffs, entstehen. Eine Optimierung der Sensorsystems ist in weiteren Projekten mit der CheMin GmbH geplant.
Bei einem ersten Test des Sensorsystems zur gezielten Verbesserung der Online-Reinigung konnte bis zu 50 % des Reinigungsmediums Wasser gegenüber einer Standardreinigung eingespart werden. Der Reinigungseffekt war dabei marginal schlechter als beim Referenzfall und wurde als ausreichend erachtet.
- Publikationen und weiterführende Literatur
- Reiche, M.; Grahl, S.; Beckmann, M.; Kaiser, M.; Taubner, S.; Spiegel, W.; Schindhelm, M.; Baj, P.: Neue Monitoring-Konzepte zur Charakterisierung von Verschmutzungen an Dampferzeugerflächen mit dem Ziel einer optimierten Online-Reinigung. In: Beckmann, M.; Hurtado, A.: Kraftwerkstechnik 2016- Strategien, Anlagentechnik und Betrieb. Freiberg: SAXONIA Standortentwicklungs- und-verwaltungsgesellschaft mbH, 2016, S. 419-432. ISBN 978-3-934409-69-9
- Reiche, M.; Graube, F.; Grahl, S.; Beckmann, M.; Kaiser, M.; Taubner, S.; Spiegel, W.; Schindhelm, M.; Baj, P.: Verschmutzung und optimierte Abreinigung der Heizflächen in der Abfallverbrennungsanlage Coburg. In: Thomé-Kozmiensky, K. J. und Beckmann, M.: Energie aus Abfall. Neuruppin: TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky, 2016, Band 13, S. 173-187. ISBN 978-3-944310-24-4.
- Grahl, S.; Graube, F.; Reiche, M.; Thiel, C.; Beckmann, M.: Methoden zur ganzheitlichen Betrachtung der Belagsbildung, Korrosion und Reinigung an Dampferzeugerheizflächen. Vortrag auf dem Jahrestreffen der ProcessNet Fachgruppen Energieverfahrenstechnik und Abfallbehandlung und Werkstoffrückgewinnung, 23. und 24. Februar 2016 in Frankfurt.
- Grahl, S.; Graube, F.; Beckmann, M.: In-situ method for determining the fire-side slagging and fouling behavior on steam generator water walls. In: Proceedings of 10th European Conference on Industrial Furnaces and Boilers (INFUB-10), 07.-10.04.2015, Gaia, Portugal.
- Grahl, S.: Charakterisierung von Ablagerungen an Membranwänden von Dampferzeugern. Dissertation an der Technischen Universität Dresden : 2013.