31.03.2020
Professor Gerhard Kühne verstorben
Geboren am 15. Januar 1935 im heute südbrandenburgischen Grünewald, absolvierte er nach dem Besuch der Lessing-Oberschule in Kamenz zunächst in Chemnitz, dann an der Technischen Hochschule Dresden ein Maschinenbaustudium mit dem Abschluss als Diplom-Ingenieur. Wegweisend für seine fachliche Entwicklung war die Spezialisierung am jungen, von Prof. Herbert Flemming 1955 gegründeten Lehrstuhl für Holz- und Faserwerkstofftechnik an der Technischen Hochschule Dresden (heute Technische Universität Dresden).
Der Student Gerhard Kühne konnte sich sehr schnell für die wissenschaftlichen und technischen Ziele seines Vorbildes Prof. Flemming begeistern und legte den Grundstein für sein lebenslanges Arbeiten auf dem Gebiet der effektiven Verwendung von Holz und anderen nachwachsenden Rohstoffen und der Suche nach effektiven Faser-Matrix-Kombinationen.
Die Begeisterung für diese Themen ließ ihn nicht mehr los: Diplomarbeit 1959, Dissertation 1967, wissenschaftlicher Assistent am Universitäts-Institut, Forschungstätigkeit am Zentralinstitut für Schweißtechnik Halle, Technischer Leiter im Sperenberger Werk für Glasfaser-Gips-Platten, viel Engagement beim Aufbau der TU-Technikumseinrichtungen in Pirna und Hainsberg und mehr als ein Jahrzehnt die wissenschaftlich-technische Betreuung der Herstellung der ersten glasfaserverstärkten Kunstoffe-Glakresit-Platten und -Profile in den Chemischen Werken Cottbus.
Nach dem frühen Tod seines Lehrers 1966 übernahm Gerhard Kühne zunächst kommissarisch den Lehrstuhl und nach seiner Berufung zum Dozenten 1969 wurde er mit der Leitung des Wissenschaftsbereiches Holz- und Faserwerkstofftechnik an der TU Dresden beauftragt und 1973 zum Professor berufen. In diesem Jahr hatte er auch seine Habilitation zum Thema „Ein Beitrag zur Methodik des Ermittelns des optimalen Werkstoffeinsatzes im Wohnbereich“ erfolgreich abgeschlossen. Zentraler Punkt seiner langjährigen Tätigkeit waren die Struktur-Eigenschafts-Beziehungen von Werkstoffen einerseits und die technischen Prozesse der Herstellung der Werkstoffkomponenten und der Werkstoffe andererseits, einschließlich der erforderlichen Maschinen- und Anlagentechnik.
Nach der Umstrukturierung der Universität 1990/91 wurden die Lehrstühle neu ausgeschrieben und Gerhard Kühne vom Sächsischen Staatsminister für Wissenschaft und Kunst als Professor auf den Lehrstuhl für Faserwerkstoffe berufen. Unter seiner direkten fachlichen Betreuung promovierten 47 Wissenschaftler zum Doktor-Ingenieur, davon 10 Ausländer. 4 Wissenschaftler habilitierten sich bei ihm zum „Dr. sc. techn.“ bzw. „Dr.-Ing. habil.“. Zahlreiche seiner über 450 von ihm betreuten Absolventen arbeiten weltweit als Führungskräfte in der Industrie oder als Hochschullehrer. So auch der jetzige Inhaber der Professur für Holztechnik und Faserwerkstofftechnik, Prof. Dr.-Ing. André Wagenführ, dessen Doktorvater ebenfalls Gerhard Kühne war.
In seinen wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigte sich Gerhard Kühne mit der Entwicklung neuer Wirkprinzipien zur material- und energieökonomischen, effektiven und komplexen Holzausnutzung, Werkstoffbildung und -vergütung, zur Entwicklung neuer Verbundwerkstoffe insbesondere auf Basis Iignocelluloser Materialien sowie zur stofflich-strukturellen und prozesstechnischen Optimierung dieser Materialien.
Gerhard Kühne kann auf mehr als 160 Publikationen und wissenschaftliche Vorträge im In- und Ausland zurückblicken. Professor Kühne wurde die Ehrendoktorwürde von der Landwirtschaftlichen Universität Warschau (Polen) und von der Technischen Universität Zvolen (Slowakei) verliehen. Dem Lehrstuhl für Holztechnik und Faserwerkstofftechnik der Technischen Universität Dresden wird das Leben und Wirken von Gerhard Kühne in guter Erinnerung bleiben. Dem schließt sich der Verein akademischer Holzingenieure an der TU Dresden e. V., dessen Ehrenmitglied er war, an.