Down to earth: Kunst und Bodenwissenschaft im Dialog
Mit Werken von Betty Beier, Anne Carnein, Veronika Pfaffinger, Asad Raza
Laufzeit: 4. Mai bis 8. Juli 2022
Ein Ausstellungsprojekt der Kustodie der TU Dresden in Kooperation mit dem Institut für Bodenkunde und Standortslehre, Fakultät Umweltwissenschaften (Forstwissenschaften in Tharandt) der TU Dresden, der Galerie Ursula Walter, Dresden, sowie der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft (DBG) Orte: Galerie der Kustodie im Görges-Bau der TU Dresden, Helmholtzstraße 9, 01069 Dresden sowie Galerie Ursula Walter, Neustädter Markt 10, 01097 Dresden |
Im Sommersemester 2022 (Mai bis Juli) veranstaltet die Kustodie der TUD in Kooperation mit dem Institut für Bodenkunde und Standortslehre, Fakultät Umweltwissenschaften (Forstwissenschaften in Tharandt) der TUD, und der Galerie Ursula Walter die Ausstellung Down to earth: Kunst und Bodenwissenschaft im Dialog.
Das Universalgenie Leonardo da Vinci schrieb bereits im 16. Jahrhundert: „Wir wissen mehr über die Bewegung der Himmelskörper als über den Boden unter unseren Füßen". Ein halbes Jahrtausend später, mitten im Zeitalter des Anthropozäns, ist da Vincis Feststellung so aktuell wie nie.
Seit rund 40 Jahren werden wir Menschen Zeugen, dass sich die Erde zurückmeldet, ja auf unsere Eingriffe und letztlich auf unser Fortschrittsstreben unmittelbar reagiert, und manchmal sogar zurückschlägt. Böden, unsere fundamentale Grundlage des Lebens, nehmen nicht mehr still und leise Eigenmächtigkeiten und Übergriffe in Kauf, sondern klagen an und wehren sich gegen diese Verletzungen. Die durch Übernutzung und Klimaveränderung heraufbeschworenen globalen Katastrophen machen unser Abhängigkeitsverhältnis immer deutlicher. Diese Auswirkungen zeigen sich nicht zuletzt in den sich verändernden Ökosystemen und Landschaften auf der ganzen Welt.
Die Böden selbst sind es, die von diesem unaufhörlichen Prozess am stärksten betroffen sind und dabei unter, aber auch über der Erde die Erscheinung von Welt und ihrer Zukunftsgeschichte bedingen.
Für das Ausstellungs- und Lehrprojekt wurden die international bekannten zeitgenössischen Künstler:innen Betty Beier (*1965), Anne Carnein (*1982), Veronika Pfaffinger (*1990) und Asad Raza (*1974) eingeladen, sich mit dem globalen Thema Boden als Naturkörper und Umweltmedium auseinandersetzen. In enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Bodenkunde und Standortslehre schufen sie eigens für die Ausstellung ortsspezifische Kunstwerke.
Weiterführende Links |
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Ausstellungs- und Programmflyer |
Veranstaltungskalender |
Betty Beier dokumentiert in ihrem „Erdschollenarchiv“ seit rund 30 Jahren menschliche Eingriffe und Abdrücke in Landschaften, die einem stetigen Transformationsprozess unterworfen sind. Die Künstlerin konserviert Boden-Zustände und ihren Wandel durch menschliche Interventionen, in dem sie sogenannte Erdschollen sichert. Ihre künstlerische Praxis macht Spuren im Sinne einer forensischen Sichtung und gleichzeitiger Sicherung evident und hält fest, was Klimawandel und Umweltzerstörung wie Überflutung, Rodung oder die menschliche Nutzbarmachung von Landschaften für urbane, militärische oder wirtschaftliche Zwecke auf der obersten Schicht der Erde an Abdrücken und Relikten hinterlassen und diese transformieren oder gar zerstören und vernichten.
Anne Carnein bewegt sich mit ihren fragilen Stoffinstallationen von Pflanzen und Wurzeln in der Abbildtradition von Maria Sybilla Merian und greift gleichermaßen zurück auf die uralte Überlieferung in Kräuter- und Bestimmungsbüchern oder auf Herbarbelege in Botanischen Sammlungen. Dabei spielt das, was über und unter der Erde passiert, eine gleichberechtigte Rolle in ihren Modellierungen von Pilzen, Blütenpflanzen und anderen Gewächsen. Ausgehend von abgelegten Kleidungsstücken, Stoffresten und gefundenen Textilien entstehen plastisch aufgebaute zarte Transformationen von Naturstücken, die das Verhältnis von Menschen und Natur, von Körpern an sich untersuchen und dabei Fragen nach dem Memento mori in einer sehr eigenwilligen und außergewöhnlichen bildhauerischen Praxis stellen.
Veronika Pfaffinger konzipierte gemeinsam mit dem Bodenkundler Prof. Karl-Heinz Feger ein künstlerisches Analogiesystem des Porenraums im Boden. Die Installation in einer Parkanlage besteht aus großen gebrannten Tongefäßen, die in den Boden eingelassen sind und an der Erdoberfläche Infiltrationswasser aufnehmen können. Sie macht so auf die Thematik der bedrohten „Schwammstadt“ mit zunehmender Versiegelung im urbanen Raum und damit dem Fehlen intakter Böden aufmerksam. Die „Trichter", die sich über der Erde befinden, sind eine ästhetische Erfahrung für zufällige Passant:innen. Sie verweisen auf bzw. „in" das Ökosystem Boden und dessen Wert und Leistungsfähigkeit im Naturhaushalt. Damit lassen sich auch zentrale Fragen der Anpassung an den Klimawandel (Flut versus Dürre), etwa im Rahmen der Stadt- und Landschaftsplanung vermitteln und intuitive Hinweise auf Lösungsmöglichkeiten geben.
Zu Asad Razas Projekten „Root sequence. Electric company“ in der Universitätsgalerie und „Neosoil“, einer Installation mit großer sinnlicher und poetischer Kraft, sowie Filmen in der Galerie Ursula Walter findet sich eine Gruppe von „Kultivator:innen“ bzw. „Caretakern“ zusammen. Sie übernehmen vor Ort verschiedene Aufgaben im Zusammenhang mit den Installationen: Interaktion mit den Besucher:innen, Vermittlung des Werks sowie die Pflege der 26 lebenden Bäume in ihren Bodengefäßen.
Die Ausstellung zeigt darüber hinaus historische und aktuelle Objekte aus den Lehrsammlungen der TUD, dem Institut für Bodenkunde, dem Herbarium Dresdense, der Historischen Farbstoffsammlung, der Sammlung Farbenlehre und den Sammlungen der 1811 gegründeten Forstakademie Tharandt.
Der Dialog zu dieser Thematik an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft erlaubt es, eine breite Öffentlichkeit für virulente und drängende Herausforderungen des Anthropozäns zu sensibilisieren und dabei die Möglichkeiten der Kunst als Erweiterung des Diskurses um (Landschafts-)Ökologie, Nachhaltigkeit und Klimapolitik sichtbar und erlebbar zu machen.
Die Ausstellung und die Begleitpublikation (de/en) möchten die globale Relevanz von Boden als Bestandteil der Nachhaltigkeits- und Zukunftsforschung in Kunst und Wissenschaft sichtbar machen. Ein umfangreiches Begleitprogramm mit Ringvorlesung, Workshops, Talks und einer Tagung zu Künstlerischer Forschung wird im Sommersemester 2022 stattfinden.
In Kooperation mit:
Green Office, TU Dresden
tuuwi – TU Umweltinitiative
Mit freundlicher Unterstützung durch:
Rektorat der TU Dresden
Kommission Umwelt der TU Dresden
Stiftung Kunst und Musik für Dresden
Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Kunstkommission der Landeshauptstadt Dresden
Stadtentwässerung Dresden GmbH