28.03.2023
Faktencheck: Mythos - schützt Vitamin D vor Krebs?
Vielen Menschen wird empfohlen, Vitamin D zu supplementieren. Vitamin-D-Mangel ist ein weltweit auftretendes Phänomen: Aus einer Studie aus dem Jahr 2014 ging hervor, dass rund 45% der Teilnehmer*innen aus aller Welt zu geringe Vitamin D Werte vorwiesen. Doch was bedeutet das? Es wird vermutet, dass Vitamin-D-Mangel zu einer geringeren Immunabwehr führen könnte. Umgekehrt sollen Vitamin-D-Ergänzungsmittel daher vorbeugend gegen Diabetes, Depression und sogar Krebs wirken können.
Doch was steckt hinter diesen Behauptungen?
Vitamin D ist ein Hormon, das in der Haut bei Kontakt mit Sonnenlicht gebildet wird. Vitamin D kann dem Körper auch über Nahrungsmittel zugeführt werden, allerdings kann durch eine ausgewogene Ernährung nur ein kleiner Bruchteil des Vitamin D Bedarfs gedeckt werden. Wie viel Vitamin D der Körper braucht, ist individuell. Zum Beispiel wird der Bedarf von Alter oder Schwangerschaft beeinflusst. Die Versorgung mit Vitamin D wird, neben der Ernährung, durch viele Faktoren bedingt. Die individuelle geographische Lage spielt dabei eine Rolle, da sich die Sonneneinstrahlung auf der Welt von Ort zu Ort unterscheidet. Auch Luftqualität, wie viel Zeit an der frischen Luft verbracht wird, und die Kleidung bestimmen, wie viel von der Strahlung die Haut erreicht. Zusätzlich hängt die Versorgung mit Vitamin D von der Menge an Pigmenten in der Haut ab.
Vitamin D ist vor allem für die Knochenmineralisation und Regulation des Calciumstoffwechsels essenziell, und trägt letztendlich zum Erhalt stabiler, gesunder Knochen bei. In einer Reihe an Versuchen konnte entdeckt werden, dass Vitamin D krebshemmende Eigenschaften besitzen kann. Im Gegensatz zu krebsfördernden Mechanismen, kann Vitamin D also unter anderem das Zellwachstum hemmen oder den Tod einer Zelle auslösen. Diese Ergebnisse konnten in im Labor kultivierten Zellen und auch in Tieren beobachtet werden. Wissenschaftler*innen hoffen aber, eine ähnliche krebshemmende Wirkung auch in Menschen entdecken und nutzen zu können.
Die tatsächliche Forschung über die Wirkung von Vitamin D im Menschen ist etwas komplizierter, da mit Menschen eben nicht so gearbeitet werden kann wie mit kultivierten Zellen oder Tieren. Um trotzdem untersuchen zu können, ob Vitamin D eine präventative Wirkung gegen Krebs hat und das Sterblichkeitsrisiko beeinflusst, werden klinische Studien durchgeführt. In diesem Bericht wird die derzeitige Studienlage zur Wirksamkeit von Vitamin D gegen Krebs beleuchtet.
Um einen Überblick über einzelne Studien zu erhalten und deren Ergebnisse zu einem Gesamtbild vereinen zu können, werden sogenannte Metaanalysen durchgeführt. Metaanalysen sind große statistische Auswertungen über die Ergebnisse vieler Einzelstudien. In diesem Bericht beziehen wir uns daher auf Metaanalysen, die den Einfluss von Vitamin-D-Ergänzungsmitteln auf Krebserkrankung und Sterblichkeit untersuchen.
Derzeit existiert keine eindeutige Beweislage dafür, dass Vitamin-D-Supplemente in Menschen eine krebshemmende Wirkung haben. Es gibt jedoch Anzeichen dafür, dass die ergänzende Einnahme von Vitamin D das Sterblichkeitsrisiko von Krebspatient*innen verringern könnte. Diese Indikation konnte vor allem bei Patient*innen mit Darmkrebs festgestellt werden. Es ist allgemein wichtig Studienergebnisse dieser Art mit Vorsicht zu genießen. Zitierte Studien untersuchen häufig nur bestimmte Populationsgruppen und sind zum Beispiel eingeschränkt auf Teilnehmer*innen bestimmter geographischer Regionen und Altersgruppen oder eines bestimmten biologischen Geschlechts. Außerdem ist häufig die Anzahl der Studienteilnehmer*innen unzureichend und die Studie daher wenig aussagekräftig. Zusätzlich kann die Vergleichbarkeit der Studien begrenzt sein, etwa weil in verschiedenen Versuchen unterschiedliche Konzentrationen des Vitamin-D-Supplements untersucht werden. Nicht zu vergessen ist außerdem, dass Krebs multifaktoriell ist und verschiedene krebsfördernde genetische Veranlagungen und Eigenschaften, wie Alkoholkonsum oder Rauchen, vorliegen können.
Eine klare Trennung des Einflusses krebsfördernder Faktoren von der möglichen präventativen Wirkung des Vitamin D ist daher sehr kompliziert. Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus ist es daher sehr riskant, den Mythos, dass Vitamin D vor Krebs schütze, zu verbreiten. Behauptungen dieser Art sind nicht von Studien belegt.
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Issue 3
Elisa Peters, Emily Fichter, Leonard Kurzweg, Charlotte Kricke; Übersetzung Helen Rothfuß