02.04.2024
Tierisch Reich: Rentiert sich ein Elefant für den Dresdner Zoo?
In Deutschland sind Zoos unglaublich beliebt und bieten Spaß und Bildung für Menschen aller Altersgruppen. Auch wenn die Gäste Eintritt zahlen, entstehen viele Kosten für die Pflege der Tiere. Es stellt sich also die Frage: Ist es tatsächlich rentabel einen Zoo zu unterhalten? Um diese Frage zu beantworten, werde ich die wirtschaftliche Bedeutung von Sawu, der Matriarchin der Elefantenherde im Dresdner Zoo untersuchen. Sawu wurde in freier Wildbahn geboren, lebt seit 1999 in Dresden und trägt direkt zu den Einnahmen des Zoos bei. Um ihren individuellen Wert für den Zoo zu ermitteln, müssen Einnahmen und Ausgaben des Zoos betrachtet werden. Im Jahr 2019 hatte der Dresdner Zoo 884.270 Besucher, deren Eintrittsgelder sich auf insgesamt 3.534.606 €1 beliefen. Das Elefantengehege ist 4837 m2 groß2. Für die Berechnung werden anhand des Lageplans2 etwa 1500 m2 ergänzt, notwendiger Platz für Tierpfleger und Besucher, sowie Gehwege und Sicherheitszonen. Daraus ergibt sich eine finale Fläche von 6337 m2. Das entspricht 4,87 % der Gesamtfläche des Zoos1. Da außer Sawu noch drei weitere Elefanten im selben Bereich leben, beträgt Sawus Anteil an der Gesamtfläche des Zoos etwa 1,22 %. Sawus finanzieller Beitrag beträgt also 45.066€, wenn ihr Anteil an den Einnahmen 2019 genauso groß ist wie die Fläche, die sie im Zoo belegt.
Aber wie hoch sind die Kosten für die Unterbringung von Sawu? Das Elefantenhaus wurde 1999 gebaut und von 2015 bis 2018 für 8,62€ Millionen renoviert. Im Jahr 2021 wurde das Außengehege für 750.000€ erweitert2, 3. Bei einer Dauer von 25 Jahren entspricht dies 374.800€ pro Jahr für die Unterbringung der Elefanten bzw. 93.700€ jährlich nur für Sawu. Sie wird hauptsächlich mit Heu gefüttert, 150kg pro Tag3 - das entspricht 54,75 Tonnen pro Jahr. Bei einem Preis von 130€ pro Tonne4 werden 7.117,5€ pro Jahr für das Futter von Sawu ausgegeben. Außerdem müssen Personalkosten einberechnet werden. Der Zoo Dresden beschäftigt fünf Elefantenpfleger3- 1,25 pro Elefant. Sie sind in der Entgeltstufe TV-L 6 beschäftigt, und verdienen 2019 schätzungsweise 2843,94€ pro Monat (Stufe 3)5. Die Sozialversicherungsbeiträge erhöhen diesen Betrag auf 3445€ bzw. 52.274,1€ jährlich. Alle diese Ausgaben summieren sich auf 153.091,6€ pro Jahr für die Betreuung von Sawu. Im Vergleich zu ihren Einnahmen von 45.066€ bedeutet dies, dass der Zoo im Jahr 100.000€ Verlust mit Sawu macht. Es ist klar, dass es keinen finanziellen Gewinn bringt sie zu halten und bei anderen Tieren dürfte es sich ähnlich verhalten. Aus diesem Grund kann sich der Zoo im Allgemeinen nicht selbst finanzieren und ist auf Zuschüsse der Stadtverwaltung angewiesen. 2019 waren das 2,295 mio€1. Auch wenn der Dresdner Zoo nicht profitabel ist, trägt er zur Wirtschaft bei, indem er über 100 Arbeitsplätze3 und zusätzliche Arbeitsplätze aufgrund von Bauprojekten bietet.
Es ist wichtig zu wissen, dass Sawu jenseits aller wirtschaftlichen Überlegungen einen Beitrag zum Dresdner Zoo als Ort der Bildung und des Artenschutzes leistet. Bezüglich des Naturschutzes ist sie besonders wertvoll. Da sie in freier Wildbahn gefangen wurde, sind ihre Gene nicht in der Population der Zooelefanten verbreitet. Mit dem Eintrittspreis können die Besucher freiwillig den "Naturschutz-Euro" zahlen, der in einen Fond fließt, der verschiedene Erhaltungsprojekte unterstützt. Ein Projekt ist zum Beispiel die Big Life Foundation für den Wildtierschutz in Ostafrika und kommt wilden Elefanten zugute1. Sawu ist auch für die Forschung wertvoll. Dank ihrer hervorragenden Ausbildung ist es möglich, biologische Proben (wie z. B. Speichel) zu nehmen, die sonst in freier Wildbahn nur sehr schwer zu gewinnen sind6. Zoos eröffnen im Allgemeinen Chancen für die Forschung, die in freier Wildbahn nicht möglich wären.
Letztendlich gibt es keinen wirtschaftlichen Grund, Sawu im Dresdner Zoo zu behalten bzw. den Zoo zu betreiben. Warum also sollte man ihn offenlassen? Die Haltung von Tieren in Zoos und die Bedeutung von Zoos ist moralisch sehr umstritten. Ein Argument für Zoos ist, dass sie Möglichkeiten für Forschung bieten, die sonst nicht möglich wäre. Der Beitrag von Zoos zur Forschung, Erhaltung und Bildung ist also eher ein gesellschaftlicher und finanziell schwer zu bemessen.
1 – Zoo Dresden, Jahresbericht 2019. 2020.
2 – T. Brockmann, “Der Umbau des Afrikahauses im Zoo Dresden – Zusammenfassung und Erfahrungen innerhalb einer 3-Jahres-Retrospektive,” Zool. Garten, no. 89, pp. 67-92, 2021. Online version not available
3 – persönliche Mitteilung
Jana Skrobanek, Übersetzung Sophie Merz