16.01.2025
Fakten-Check: Hilft Lichttherapie gegen die Winterdepression?
Kennst du dieses Gefühl - es ist Winter, kalt und grau und man kann es kaum erwarten, wieder die Wärme der Sonne auf der Haut zu spüren? Wenn deine Antwort „Ja!“ lautet, dann mach dir keine Sorgen – du bist damit nicht allein!
Manche Menschen verspüren depressionsähnliche Symptome vom Winter- bis zum Frühlingsanfang [1] . Was den meisten Menschen als „Winterdespression“ oder „Winterblues“ bekannt ist, heißt eigentlich saisonal-abhängige Depression (SAD). Allein im Jahr 2023 waren 280 Millionen Menschen [2] weltweit von Depressionen betroffen, was diese zur häufigsten psychischen Krankheit macht. In den Vereinigten Staaten sind jährlich 11 Millionen Menschen von SAD betroffen, während weitere 25 Millionen Menschen einen milderen Verlauf erleben [1]. Die Ursache für diese Störung ist nicht bekannt, aber es gibt zwei mögliche Erklärungen: Die eine führt die Symptome auf einen verzögerten zirkadianen Rhythmus zurück, und die andere auf eine veränderte Aufnahme von Serotonin, einem Neurotransmitter, der die Stimmung beeinflusst. Für beide Hypothesen gilt, dass eine Behandlung mit Lichttherapie die Symptome zu lindern scheint [3]. Um SAD vorzubeugen, empfehlen Ärzte, sich im Freien aufzuhalten, Sport zu treiben, sich ausgewogen zu ernähren und soziale Kontakte zu pflegen [1].
Die Lichttherapie (LT) ist eine gängige Behandlung bei SAD und wird seit über 40 Jahren eingesetzt. Während der LT-Sitzungen werden die Patienten etwa 20 bis 30 Minuten lang einer Lichtbehandlung mit 10.000 Lux ausgesetzt. Dies wird in der Regel morgens durchgeführt [4]. Der genaue Effekt der LT ist unklar, doch es wird angenommen, dass sie das natürliche Sonnenlicht simuliert, und somit den inneren zirkadianen Rhythmus und Neurotransmitterspiegel reguliert [5,6]. Einige Übersichtsarbeiten und Meta-Analysen haben die Wirksamkeit von LT bei SAD nachgewiesen. In einer dieser Meta-Analysen wurde eine signifikante Verbesserung bei LT-behandelten Patienten festgestellt: Diese beinhaltete 21 Studien mit 1037 Patienten und verglich pharmakologische und nicht pharmakologische Behandlungen [7]. Eine weitere Meta-Analyse aus dem Jahr 2020 zeigte, dass die LT einem Placebo überlegen ist, was die LT zu einer hochwirksamen und zur bevorzugten Behandlungsoption für SAD-Patienten macht [8].
Die wichtigsten Parameter bei einer LT sind Intensität, Wellenlänge, Dauer und Tageszeitpunkt der Belichtung. Dabei soll es hinsichtlich der Wirksamkeit keinen signifikanten Unterschied zwischen einer Behandlung am Morgen, am Nachmittag oder am Abend geben [9]. Andere Studien deuten jedoch darauf hin, dass die LT am Morgen wirksamer ist [10]. Der Unterschied in diesen Ergebnissen könnte mit der Verwendung unterschiedlicher Lichtintensitäten und Belichtungszeiten zusammenhängen – ein eindeutiges Fazit steht jedoch noch aus. Bei der Wahl der Wellenlänge der LT gibt es die Hypothese, dass blaues Licht effektiver sein könnte, allerdings haben bisherige Experimente diese Annahme noch nicht bestätigen können [11].
Dennoch gibt es unterschiedliche Meinungen zur Effektivität von Lichttherapie, was sich in den veröffentlichten Arbeiten widerspiegelt. Während mehrere Studien bestätigen, dass LT bei der Linderung depressiver Symptome hilft [12,13,14,15], gibt es auch andere, kritischere Stimmen [8,9,16,17,18]. Die wichtigsten Hauptkritikpunkte sind die Zeitspannen der Studien, die Stichprobengrößen und die fehlende Standardisierung der LT-Parameter [16,17]. Wo eine Studie eine antidepressive Wirkung der LT gegenüber einem Placebo nach drei Wochen zeigt [13], konnte eine Meta-Analyse dies nur für zwei der darin aufgenommenen Studien bestätigen [16].
Auf die Frage, ob die LT zu einer Verbesserung der SAD-Symptome führt, oder ob dies durch andere therapeutische Variablen erklärt werden kann, die nichts mit dem Licht zu tun haben (z. B. Verbesserung der Tag-Nacht-Struktur oder Anerkennung von Beschwerden) [11], scheint unter Psycholog*innen nicht eindeutig zu sein. Da die LT jedoch von den Patienten gut vertragen wird [17] und eine hohe Sicherheit gewährleistet ist [19], ist sie nach wie vor eine gängige Methode. Worauf sich alle Forscher einigen konnten, ist, dass „angemessen kontrollierte klinische Studien zu LT-Behandlungsprotokollen“ [16] erforderlich sind, um effiziente und akzeptierte Behandlungsstrategien entwickeln zu können. Zum jetzigen Zeitpunkt scheint vor allem eines wichtig zu sein: Bei der Behandlung kommt niemand zu Schaden!
Min Mao, Sophie Merz, Arezou Aminizadeh, Niloofar Norooziheris, Abiyamol Joy
Übersetzung: Simon Schäfer