09.06.2025
Tierisch Reich: Fichtenborkenkäfer - Der stille Eindringling in deutschen Wäldern
Der stille Befall durch einen winzigen Käfer verwandelt Deutschlands grüne Wälder in Friedhöfe und führt zu einer verehrenden Umweltkrise. Wälder bieten eine Heimat für über 50 % der terrestrischen Arten weltweit und wirken durch die Bindung von Kohlenstoff dem Klimawandel entgegen [1]. Außerdem regulieren sie den Wasserstand, verhindern Erosion und können sogar den Blutdruck und Stress bei einigen Tieren senken [2]. Die Rolle der Wälder bei der Verwirklichung des 1,5°C-Ziels gegen die Klimaerwärmung ist besonders wichtig. Dieses Ziel kann erreicht werden, indem die Entwaldung gestoppt und die Waldbewirtschaftung und Wiederaufforstung verstärkt wird [1].
In Deutschland bedecken Wälder knapp ein Drittel des Landes. Das sind 11,4 Millionen Hektar mit mehr als 90 Milliarden Bäumen. In diesen Wäldern halten sich Laub- und Nadelbäume in etwa die Waage, wobei der Anteil an Nadelbäumen wie Fichte und Kiefer mit 54,2 % etwas höher liegt. Die Fichte (𝘗𝘪𝘤𝘦𝘢 𝘢𝘣𝘪𝘦𝘴) ist mit 25,4% die häufigste Baumart [2]. Die Wälder sind mit einer sich ständig verändernden Umwelt konfrontiert, was zu Anpassungen oder - im schlimmsten Fall - zum Verlust wertvoller Waldflächen führt. Und leider ist der Waldverlust in Deutschland viel höher als bisher angenommen [3].
In deutschen Wäldern ist der Borkenkäfer (𝘐𝘱𝘴 𝘵𝘺𝘱𝘰𝘨𝘳𝘢𝘱𝘩𝘶𝘴) ein Sekundärschädling, der vor allem geschwächte Fichten befällt - eines der wichtigsten Hölzer für die europäische Holzindustrie. Der Klimawandel verschlimmert diese Situation durch zunehmende Käferausbrüche, die selbst gesunde Bäume treffen können [4, 5]. Käferbefall bringt auch Pilze in die Bäume ein, die die physikalisch-mechanischen Eigenschaften des Holzes wie Festigkeit, Elastizität, Färbung und Gewicht mit der Zeit erheblich beeinträchtigen [6, 7]. Zudem kann bei Ausbrüchen der Anteil der Weibchen in der Käferpopulation von 50 % auf 72 % ansteigen [8]. Mehr Weibchen in der Population ermöglichen eine schnellere Vermehrung, was zu einer größeren Zerstörung in kurzer Zeit führt.
In Europa ist das Fichtensterben durch den Fichtenborkenkäfer im Jahr 2019 dramatisch angestiegen: von 2-14 Millionen auf 118 Millionen Kubikmeter! Dies war vor allem auf die trockenen und heißen Sommer zurückzuführen [9]. Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt Zentrum (DLR) haben mit Hilfe von Satellitendaten herausgefunden, dass in Deutschland von Januar 2018 bis April 2021 rund 501.000 Hektar Wald zerstört werden. Das sind fast 5 % der gesamten Waldfläche und deutlich mehr als bisher geschätzt [3]. Im Jahr 2019 wurden in Deutschland zwischen 83 und 85 Millionen Kubikmeter Holz geerntet (einschließlich Laubholz). Über 80 % der Ernte war Schadholz aus Nadelbäumen, das mit einem Abschlag verkauft werden musste [10]. Der Preis für Fichtenholz lag normalerweise zwischen 105 und 110 Euro pro Kubikmeter, während Käfer-geschädigtes Holz einen Wertverlust von 25-30 Euro pro Kubikmeter besaß [11]. Unter Berücksichtigung, dass nun 68 Millionen Kubikmeter Holz zu 80 Euro verkauft wurden und nur 17 Millionen Kubikmeter Holz zum vollen Preis verkauft wurden, lässt sich für das Jahr 2019 ein Gesamtverlust von 2 Milliarden Euro errechnen. Klimavorhersagen deuten darauf hin, dass die Schäden durch Wind, Borkenkäfer und Waldbrände einen Verlust von 910.000 Kubikmetern Holz pro Jahr bis 2030 verursachen werden [12]. Um diesen Schäden entgegenzuwirken, müsste Deutschland die betroffenen Gebiete wieder aufforsten und die verbleibenden Wälder umgestalten, sodass sie resilienter sind. All das könnte bis 2050 bis zu 43 Milliarden Euro kosten [13].
Trotz des derzeit hohen Exports von Nadelholz könnte Europa in Zukunft mit Engpässen konfrontiert werden - ausgelöst durch Borkenkäferschäden. Die europäischen Sägewerke stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen, und es wird erwartet, dass die Ausfuhren von verarbeiteten Holzprodukten voraussichtlich zurückgehen werden. In dem Maße, wie das europäische Angebot an Rundholz zurückgeht, könnten die Vereinigten Staaten ihren Exportanteil nach China zurückgewinnen und die europäischen Länder weiter beliefern, bis sich ihre Wälder erholt haben [14].
Arezou Aminizadeh, Übersetzung Simon Schäfer