Reaktionsmechanismus des Polyol-Prozesses im intermetallischen Bi-Ni System
Typischerweise werden intermetallische Verbindungen in Festkörperreaktionen oder bei der Kristallisation aus Schmelzen gewonnen, die sehr energie- und zeitaufwendig sind. Das Polyolverfahren nutzt die Vorteile niedriger Temperaturen und kurzer Reaktionszeiten unter Verwendung leicht erhältlicher Ausgangsmaterialien. Hierbei fungiert das Polyol gleichzeitig als Lösungsmittel für die Metallsalze als auch als Reduktionsmittel für die Metallkationen.
Dem Entstehungsmechanismus dieser intermetallischen meso- und nanoskaligen Teilchen wurde bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt, auch wenn ein tieferes Verständnis eine bessere Syntheseplanung ermöglichen kann. In dieser Studie hat Matthias Smuda aus dem Arbeitskreis von Prof. Dr. Michael Ruck deshalb die Bildung von BiNi-Partikeln in dem Polyol Ethylenglykol, unterstützt durch eine Synthesemikrowelle, die eine genaue Parametrisierung der Reaktion ermöglicht, mechanistisch untersucht. Das Koordinationsverhalten in Lösung wurde mittels HPLC-MS und UV-Vis analysiert. Die Verfolgung der Reaktion mit PXRD-Messungen, FT-IR-Spektroskopie und HR-TEM ergab eine sukzessive Reduktion von Bi3+ und Ni2+, die in einem ersten Reaktionsschritt zu einer neuartigen kugelförmigen Kern-Schale-Struktur führte. Bi-Partikel sind von einer Matrix aus Ni-Nanopartikeln mit einem Durchmesser von 2 nm bis 6 nm und Oxidationsprodukten von Ethylenglykol umhüllt. Durch stufenweise Diffusion von Ni in das Bi-Partikel entsteht intermediär die bismutreiche Verbindung Bi3Ni, die im weiteren Verlauf der Reaktion in die BiNi-Phase übergeht.
Die Auswirkungen des Anionentyps, der Temperatur und des pH-Werts wurden ebenfalls untersucht. Eine Erhöhung der Reaktionstemperatur fördert die Reduktionskraft und beschleunigt die Diffusion. Bei erhöhtem pH-Wert entstehen Ethylenglykolate, die eine erhöhte Koordinationsaffinität zu den Metallkationen haben und somit die Reduktionsreaktion begünstigen. Die Anionen der Salze haben unterschiedliche Bindungsaffinitäten und können dadurch die Reaktion begünstigen oder verlangsamen. Hierbei ließ sich die Abfolge AcO– > NO3– > Br– > Cl– festlegen.
Der Artikel wurde mit einem Front Cover gewürdigt und kann in ChemistryOpen abgerufen werden:
Smuda, M., Damm, C., Ruck, M., Doert, T., ChemistryOpen 2020, 9(11), 1085–1094.