04.11.2021
Studentisches Ehrenamt des Monats: „Ein Ehrenamt gibt sowohl Dir selbst als auch anderen Menschen etwas“ – Lotta Borkhardt von „Amnesty International" im Interview
Amnesty International gilt als die weltweit größte Bewegung, welche für Menschenrechte eintritt und sich gegen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen stark macht. Ein engagiertes Mitglied der Hochschulgruppe Amnesty International Dresden ist Lotta Borkhardt. Neben ihrem Politikwissenschafts-Studium an der TU Dresden engagiert sich Lotta bereits seit über einem Jahr ehrenamtlich. Bei Amnesty ist sie unter anderem in zwei der sechs unterschiedlichen Untergruppen eingebunden, welche sich mit verschiedenen Themen wie Menschenrechtbildung oder Frauenrechte beschäftigen.
Die TU Dresden verfügt über zahlreiche Hochschulgruppen, welche Studierenden die Möglichkeit geben, sich ehrenamtlich zu engagieren. Kannst Du uns mehr darüber erzählen, wie du dazu gekommen bist, dich zusätzlich zu deinem Studium ehrenamtlich zu engagieren?
Ich studiere mittlerweile schon im 5. Semester Politikwissenschaft im Bachelor an der TU Dresden. So war auch der Weg zu Amnesty Dresden relativ naheliegend. In meiner Tätigkeit bei Amnesty sehe ich, dass mein Studium auch praktische Anwendungen finden kann. Bei der ganzen Theorie in der Uni ist es schön auch zu sehen, wie man aktiv etwas bewirken kann.
Bei Amnesty bist du als Gruppensprecherinnen tätig. Wie würdest du eine typische Woche bei dir in der Amnesty-Arbeit beschreiben? Oder gibt es diese gar nicht?
Ich bin seit Frühling 2021 eine der beiden Gruppensprecherinnen bei Amnesty. Das bedeutet, dass ich unsere Treffen leite, welche alle zwei Wochen stattfinden und beispielsweise Anfragen und Termine im Blick habe. Der einzig beständige Planungspunkt bei jedem unserer Treffen ist eigentlich ein kurzes Update aus allen Untergruppen. Weil diese die meiste Arbeit zwischen den Plena machen, berichten wir uns dabei gegenseitig kurz, was in den einzelnen Untergruppen gerade so ansteht und passiert. Ansonsten sprechen wir über verschiedene Aktionen, die demnächst anstehen, wie zum Beispiel der Abend für die Erstsemestler:innen am 10. November, den Briefmarathon oder größere Amnesty Konferenzen.
Du hast eben schon von Untergruppen gesprochen. Wie kann man sich das genau vorstellen? Wie setzt sich eure Hochschulgruppe zusammen?
Wir bei der Hochschulgruppe Amnesty in Dresden sind in sechs unterschiedlichen Untergruppen organisiert, die sich mit verschiedenen Themen beschäftigen. Dazu zählen unter anderem Menschenrechtsbildung, Wirtschaft und Digitalisierung, Frauenrechte oder unsere Gruppe für Flucht und Asyl. Die Untergruppe zu Menschenrechtsbildung hält zum Beispiel Workshops oder geht an Schulen, um über Menschenrechte zu sprechen. Hingegen hat unsere Frauenrechtsuntergruppe aktuell eine Ringvorlesung in Kooperation mit der Hochschulgruppe GeNOW an der Uni organisiert. Als ganze Gruppe machen wir auch größere Aktionen, die sich allgemein mit Menschenrechten beschäftigen, wie zum Beispiel der Briefmarathon im Dezember, bei dem wir Unterschriften sammeln wollen.
Die Arbeit rund um die Thematik Menschenrechte und deren Verletzungen ist sicherlich oftmals gar nicht so leicht. Was motiviert dich dennoch immer weiterzumachen?
Tatsächlich kann es manchmal etwas ernüchternd sein, sich mit all den Menschenrechtsverletzungen auseinander zu setzen, die überall und andauernd auf der Welt passieren. Umso schöner ist es, dann aber auch Berichte darüber zu bekommen, wie unsere Arbeit tatsächlich etwas bewirkt hat. Das erinnert mich daran, dass ich persönlich aktiv dabei helfen kann, tatsächlich etwas für andere Menschen zu ändern.
Was denkst Du, war bisher die größte Herausforderung, die du im Rahmen deiner ehrenamtlichen Tätigkeit bewältigen musstest?
Manchmal ist es schwierig die Motivation zu behalten, vor allem, wenn man zum Beispiel die Nachrichten schaut. Da scheint es so, als ob alle Arbeit nichts bringt und wir sowieso nichts ändern können. In einem anderen Moment ist es aber auch immer wieder motivierend einen Bericht von einer Freilassung, einem faireren Gerichtsprozess oder der Verhinderung einer Todesstrafe zu lesen, die Amnesty bewirkt hat.
Würdest du dein Engagement bei Amnesty als eine Herzensangelegenheit beschreiben? Wenn ja, kannst du uns erklären warum?
Auf jeden Fall. Ein Ehrenamt ist wahrscheinlich immer eine Herzensangelegenheit, sonst würde man es nicht freiwillig tun. Ich habe einfach das Gefühl irgendetwas tun zu müssen, wenn ich mir die Situation auf der Welt anschaue. Meine Arbeit bei Amnesty ermöglicht mir das zumindest in meinem eigenen Rahmen.
Wenn du auf die Zeit vor deiner Mitgliedschaft in der Hochschulgruppe zurückblickst – Würdest du sagen, dass sich dein Leben auch in anderen Bereichen oder deinem sozialen Umfeld verändert hat?
Es fällt mir schwer das festzumachen. Ich würde auf jeden Fall sagen, dass sich mein Leben und soziales Umfeld in den letzten 1 1/2 Jahren verändert hat, vor allem im Vergleich zu meiner Schulzeit. Ob das jetzt an Amnesty, meinem Studium oder auch der Corona-Pandemie liegt ist schwer zu sagen. Wahrscheinlich ist es eine Kombination aus allem.
Hast du bestimmte Ziele für die kommende Zeit bezüglich deiner Tätigkeit im studentischen Ehrenamt? Stehen größere Projekte an?
Unser nächstes größeres Projekt ist wohl der Briefmarathon im Dezember. Dabei werden für zehn, vorher von Amnesty International ausgewählte Fälle von Menschenrechtsverletzungen deutschlandweit versucht, möglichst viele Unterschriften zu sammeln. Jede dieser Unterschriften steht dabei für einen einzelnen Brief oder eine E-Mail, die die zuständigen Stellen, welche für diese Verletzungen verantwortlich sind, dann überschwemmen sollen. In etwa 30 Prozent dieser Fälle tritt nach dem Briefmarathon tatsächlich eine Verbesserung ein – denn genau das ist unser Ziel.
Kannst du dir vorstellen, dich nach Abschluss deines Studiums noch ehrenamtlich zu engagieren oder vielleicht sogar hauptberuflich bei Amnesty International zu arbeiten?
Ich könnte mir auf jeden Fall vorstellen auch nach meinem Studium noch ehrenamtlich weiter aktiv zu sein. Amnesty bietet an dieser Stelle auch deutschlandweit zahlreiche Möglichkeiten. Teil einer Amnesty Gruppe zu werden, wäre also auch außerhalb von Dresden möglich.
Was würdest du anderen Studierenden, die auch darüber nachdenken sich ehrenamtlich zu engagieren oder vielleicht sogar in deine Fußstapfen treten wollen, mit auf den Weg geben?
Ein Ehrenamt gibt sowohl Dir selbst als auch anderen Menschen etwas. Im Unialltag haben viele den Eindruck gar nichts nebenbei schaffen zu können. Für mich sind die Sitzungen in unserer Hochschulgruppe aber immer auch eine Gelegenheit, mich mit Anderen auszutauschen, denen ich in meinem Studiengang vielleicht gar nicht über den Weg gelaufen wäre. Man hat immer die Möglichkeit je nach Zeit mal mehr oder weniger aktiv zu sein, aber besser als gar nichts zu tun, ist es allemal.
Das Interview führte Lu Ann Bahmann, studentische Mitarbeiterin in der Pressestelle.