Oct 22, 2021
Episoden aus den 60-Jahren
Dr. sc. Peter John, Lichtenberg im Erzgebirge:
Ich habe mich 1964 für die TU Dresden entschieden und würde es erst recht heute wieder tun. Eine richtige Entscheidung für eine gute Mischung aus Ingenieur und Betriebswirt im Sinne von Goethe:
Wasser allein macht stumm, das zeigen im Bache die Fische.
Wein allein macht dumm, siehe die Herren am Tische.
Da ich keins von beiden will sein,
trinke ich Wasser mit Wein.
Diese sinnvolle gegenseitige Ergänzung hat mir bis heute 57 Jahre lang riesigen Spaß gemacht und Erfolg gebracht, wirtschaftlich sinnvolle Entscheidungen für die Entwicklung und Nutzung innovativer Maschinenbaulösungen zu treffen.
Heute bin ich 80 Jahre und entwickle gerade zusammen mit deutschen, chinesischen und australischen Partnern dank dieser goldenen Paarung und per Zoom u.ä. weltweit führende Photonik-Technologien für einen effizienteren Wasserstoff. Damit kann viel schneller und mit geringeren Kosten ein besseres Klima auf dieser Welt für die Menschen geschaffen werden als mit schon moralisch veralteten Technologien. Das auch symbolisch für meine Enkel und Urenkel, die sich wie viele andere gerade erst jetzt und aus diesem Grund für die TU Dresden und solch einen oder ähnlichen Weg entscheiden werden. Das ist mein Vermächtnis für viele, die gern an der Verwirklichung dieses Ziels für eine bessere Welt mitwirken möchten. Ich werde es mit hundert Jahren noch erleben, weil mich das Ganze so quicklebendig hält, wie die Fische im sauberen Bache.
Tamás Szabó, Ungarn:
Die Technikgeschichte kann viel Lustiges, Kurioses enthalten, auch etwas zum Nachdenken überliefern, nützliche oder absurde Zukunftsvisionen. Absurde Fragestellungen wurden früher richtig ernst genommen, wie zum Beispiel:
- Ist technisches Design automatisierbar?
- Programmierung als Fließbandfertigung?
Das waren umstrittene Fragen in den späten 1970ern und bis Ende der 1980er-Jahre, heute Hirngespinste. Meine Berufswahl war wirklich etwas Kurioses. Lange zehn Jahre technische Ausbildung und dann vom ersten Tag der Arbeit etwas ganz anderes. Warum?
Arbeitskollegen
Peter Schnupp wundert sich 1996 etwas zu spät , wie die früher strengen „wissenschaftlichen" Lehren der Softwaretechnologie, die Dogmen der 1970er-Jahre langsam durch die Erfahrung auch öffentlich widerlegt wurden. Er schreibt in einem Aufsatz: „Der Autor kennt bisher aus eigener Anschauung kein größeres, erfolgreiches Softwareprojekt, welches entsprechend den strengen Lehren der Softwaretechnologie spezifiziert und geplant wurde. Dagegen gibt es keinerlei Grund, ein erfolgreiches Projekt zu verheimlichen, bei welchem die klassische Regel der ausführlichen Spezifikation vor der Codierung in geradezu groteskem Maße missachtet wurde."
Christiane Floyd
über die Ernüchterung (auch etwas zu spät erkannt):
- Es ist ein Irrtum, wenn man geglaubt, dass nach einer saubern, guten Vorgabe oder logischer Modellierung die folgende Arbeit, das technische Design und die Programmierung kein Problem mehr ist, sogar bald automatisiert (!) sein würde.
- In den letzten Jahren gibt es immer mehr Veröffentlichungen in die entgegengesetzte Richtung.
- Design besteht aus einem Geflecht von Designentscheidungen, die in ihrer Gesamtheit einen Lösungsvorschlag ausmachen. ...
- Ihr Zustandekommen ist für den individuellen Design-Prozeß spezifisch, es ist nicht vom vorgegebenen Problem determiniert. ... somit nicht automatisierbar. Designentscheidungen sind die komplexen Perspektiven im Kopf des Softwaredesigners aus jahrelanger Programmierpraxis begründet!
- Mein eigentliches Thema beginnt dort, wo wir erkennen, dass die Sicht der Softwareentwicklung als Produktion, Fließband (willkürlich) erfunden ist. Sie ist brauchbar, um bestimmte Aspekte der Softwareentwicklung zu verstehen, und versagt bei anderen. Daher ist es wichtig, ihr andere Sichten gegenüberzustellen.
Ist Software mehr Wissenschaft oder Erfahrung?
Scheinwissenschaft ist ein Begriff für Behauptungen, Theorien, die beanspruchen, wissenschaftlich zu sein bzw. scheinbar wissenschaftlich sind, aber die Ansprüche an Wissenschaftlichkeit, insbesondere das Kriterium der praktischen Nachprüfbarkeit, nicht erfüllen. Diese können zwar methodisch korrekt oder oberflächlich betrachtet stimmige Ergebnisse liefern, die aber sinnlos geworden sind. Erfahrung ist schwer vermittelbar. Bitte über Erfahrung die Anekdoten lesen:
Mehr Anekdoten aus der Informatik 1968 - 2018 / 50 Jahre Diplom Technische Universität Dresden.
Jede Menge Erzählungen aus der Studienzeit von Absolventen der 60er- und 70er-Jahre gibt es hier.
Die nebenstehende TUD-Edition erzählt Geschichten an und aus der TH/TU Dresden. Die Autoren lassen den Leser an den Befindlichkeiten der Studenten-generationen der ersten TU-Jahrzehnte teilhaben.
Zu dem Titel meint Rolf Ohl, einer der 17 Autoren des Buches: „Der Vorlesungsabschluss wurde damals gebührend gefeiert, so hatten wir uns etwas Besonderes einfallen lassen: Von fünf Motorrädern wurde der Auspuff abgeschraubt. Mit höllischem Lärm und unter viel Beifall sind immer vier von uns auf einer 250er-Maschine durch den Zeuner-Bau gefahren ..."
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