Architekt und Kammerpräsident
(porträtiert im Jahr 2011)
Dagmar Möbius
Alf Furkert kommt aus einer Dresdner Baumeisterfamilie. Sein Berufswunsch stand früh fest. Während der Diplomarbeit seines Architektur-Studiums wurde aus einer Hypothese Realität. Nicht der einzige Glücksfall für den heute freiberuflichen Architekten, der seit zwei Jahren auch Präsident der Architektenkammer Sachsen ist.
„Ich kenne meinen Großvater nur im weißen Kittel am Reißbrett stehend“, erinnert sich Alf Furkert an seine Kindheit, „ich bin in seinem Haus aufgewachsen.“ Schon früh interessierte sich der gebürtige Dresdner für den Beruf des Opas und die Architektur. Auch wenn während der Schulzeit andere Interessen wie die Informatik auftauchten, verfestigte sich sein Berufswunsch bei jeder Ferienarbeit, die er bei einem der wenigen freischaffenden Architekten in der Nachbarschaft absolvierte. „Ansonsten habe ich einen klassischen DDR-Bildungsweg“, schmunzelt der 46-Jährige. Nach dem Abitur am Romain-Rolland-Gymnasium und 18 Monaten Armeezeit arbeitete Alf Furkert im Kombinat Bau und Modernisierung Dresden als Gerüstbauer. Eine gewünschte Notfallvariante, falls er „das geplante Studium nicht überleben würde“. Nach einem Vierteljahr galt er als angelernter Facharbeiter. „Das war mir wichtig“, sagt er. Bei der körperlich schweren Arbeit war er vorwiegend in der Dresdner Neustadt im Rahmen der Komplexsanierung eingesetzt. „Und ich lernte Leute kennen, die ich sonst vermutlich nie kennengelernt hätte.“
Ab 1985 studierte er Architektur an der TU Dresden (TUD). Weimar wäre auch in Frage gekommen. Wegen familiärer Verpflichtungen fiel die Wahl jedoch auf die Heimat-Uni. „Mir hat es dann gefallen, deshalb habe ich mit dieser Entscheidung nie gehadert.“ Die fachliche Seite des Studiums würdigt er als „sehr gut“. Die Grundlagen in Baukonstruktion und Bauphysik beispielsweise. Oder Tragwerkslehre. Weil ihm allgemein Humanistisches fehlte, belegte er Zusatzfächer wie Ästhethik und als Sprache Französisch. Und er studierte westliche Bau-Zeitschriften in der Uni-Bibliothek. „Ja, man staunt, dass es die zu DDR-Zeiten gab“, lacht er.
1989, im Sommer vor der politischen Wende, absolvierte Alf Furkert ein Praktikum beim Leipziger Bezirksarchitekten und betreute die Sanierung des Stadtzentrums in Frohburg im Leipziger Süden. Die Zeit hat sich ihm tief eingeprägt. Nicht nur, weil sein täglicher Arbeitsweg an der Nikolaikirche vorbeiführte: „In Frohburg wohnte ich im Hotel ‚Zur Post‘ und das wurde gleichzeitig im Eulenspiegel, einer Satire-Zeitschrift, abgebildet, weil es so kaputt und marode war.“
Den inneren Konflikt, Fachliches und Politisches schlecht trennen zu können, löste Alf Furkert mit Initiative. So gründete er im Oktober 1989 den Studentenrat in seiner Sektion mit. Die Bürgerinitiative IG Äußere Neustadt beriet er baulich und vertrat sie. Das nützte ihm für seine Diplomarbeit, in der er simulierte, wie das Baugesetzbuch der BRD auf die Äußere Neustadt anzuwenden sei. „Was als Hypothese begann, endete in der Realität“, konstatiert er. Kein Wunder, dass ihn ein Professor bei der Verteidigung der Diplomarbeit, wenige Tage nach der Währungsunion, fragte, worin der Wert seiner Arbeit bestünde.
Nach dem Studium arbeitete Alf Furkert ein Jahr auf Rügen und in Dresden. Seit Oktober 1991 ist er selbstständig in Dresden. Sein erstes größeres Projekt nennt er die „Mutter des Büros“. Die Sanierung des Rathauses Dippoldiswalde zog sich in Bauabschnitten bis 1999 hin. „Kleinere Sachen“ waren die Bauleitung für die Kasematten der Brühlschen Terrasse in Dresden, sprich Freilegung und Erstausbau.
Seit 2005 agiert das Architektenbüro als Partnerschaft hänel furkert | architekten. Mitstreiter ist Dipl.- Ing. Stephan Hänel, auch ein Absolvent der TUD. „Der große Vorteil der Partnerschaft sind gebündelte Kräfte und geteilte Verantwortung.“ Heute beschäftigt das Büro 15 Mitarbeiter: Architekten, Bauingenieure, Dipl.-Ing. Ökonomen, Farbgestalter, Bautechniker und Bauzeichner. Schwerpunkte sind Hochbau mit Neubau, Sanierung und Innenausbau, städtebauliche Konzepte und Planungen sowie denkmalpflegerische Beratung und Gutachten. Die Liste der abgeschlossenen Projekte ist lang. Der 2010 fertiggestellte Victor-Klemperer-Saal an der TUD gehört ebenso dazu wie der Hörsaal 136, der Beyer-Bau oder die Wirbelschichtversuchsanlage der TUD in Pirna, Kindergärten oder Bauten für die HTW Dresden in Pillnitz. An Wettbewerben, der besonders aufwändigen Form von Ausschreibungen, nimmt das Büro hänel furkert etwa fünf- bis achtmal jährlich teil. Mindestens eine höhere vierstellige Summe, oft mehr, muss pro Wettbewerb investiert werden. Ein Modell kostet allein bis 1.500 Euro. „Ein bis zwei Leute sitzen drei, vier Wochen daran“, erklärt der Architekt. Aber: „Ein gewonnener Wettbewerb adelt das Projekt und ist im Kollegenkreis anerkannt“, so die Begründung.
Lieblingsprojekte sind für Alf Furkert Archive. Warum? „Es hat sich ergeben. Das Bewahren von Dingen für die Zukunft ist Dienst an der Zeit, es ist weit mehr, als ein paar Ordner in den Keller zu tragen.“ Der Wettbewerb für das Landeskirchliche Archiv in Nürnberg, das Archiv der Evangelischen Brüder-Unität in Herrnhut oder das Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt in Magdeburg sind nur einige Beispiele. Aktuell laufen mehrere Projekte: die Sanierung der Pferdeställe im Gestüt Graditz bei Torgau, Schul- und Wohnungsneubau in Chemnitz oder die Sanierung der Teichhäuser am Schloss Moritzburg. Dass Architekten bei Veröffentlichungen oft nicht genannt werden, findet er ärgerlich: „Ich wünsche mir da mehr Bewusstsein bei den Auftraggebern.“
Zum Zeichnen am Computer kommt Alf Furkert allerdings nicht mehr. Im April 2009 wurde er als Präsident der Architektenkammer Sachsen gewählt, der er seit 1992 angehört. Etwa ein Drittel seiner Arbeitszeit investiert er in dieses Amt. Auch für die Architektenkammer pflegt er Kontakte zur Architekturfakultät an der TU Dresden.
Verbindungen zu „seiner Universität“ hat Alf Furkert fast täglich: „Unser Jahrgang scheint sich gut verbreitet zu haben“, schmunzelt er. Oft trifft er ehemalige Kommilitonen als Kollegen auf Ämtern, in Behörden oder in Partnerbüros. Mit dem Landschaftsarchitekturbüro Rehwaldt oder FMS-Freiraumplanung mit System arbeitet er kontinuierlich zusammen.
Würde er wieder Architektur studieren? Auf jeden Fall. „Zu DDR-Zeiten bin ich oft gefragt worden, ob ich Plattenbauten entwerfen wolle“, erzählt er. „Man darf sich nicht beirren lassen. Es hat sich gelohnt – der Markt war frei, als ich mit dem Studium fertig war.“