Glücklich geworden mit zweiter Wahl
(porträtiert im Jahr 2022)
Dagmar Möbius
Anna Menschner wäre gern Tierärztin geworden. Beim Girls´ Day in der 10. Klasse hatte sie ihre Faszination für Elektrotechnik entdeckt. Obwohl das Fach nicht ihre erste Wahl war, ist die 35-jährige Diplom-Ingenieurin heute froh mit ihrer Berufswahl, die sie vor drei Jahren zur Gründerin werden ließ.
„Man muss die Dinge nehmen, wie sie kommen“, sagt Anna Menschner, wenn sie auf die Zeit ihrer Studienentscheidung zurückblickt. Das Traumstudium Veterinärmedizin blieb nach dem Abitur ein Traum. Die Alternative? Ihre Interessen waren vielfältig. Politikwissenschaften oder Wirtschaftswissenschaften kamen infrage. In Erinnerung an den Girls' Day an der TUD, den die heute 35-Jährige in der 10. Klasse besucht hatte, begann sie 2007 Elektrotechnik zu studieren.
Die nervige Frauenquotenfrage
„Ja, ich weiß: Strom macht schwarz, klein und hässlich“, zitiert sie lachend ihren ersten Elektronik-Professor. Über eine Frauenquote hat sie sich nie den Kopf zerbrochen. Die Frage ist für Anna Menschner unerheblich. „Wir waren einige Frauen“, sagt sie. „Alle Geschlechter waren dabei.“ Punkt. Das Studienfach war nicht ihre erste Wahl, gibt sie zu. Aber die TU Dresden sollte der Studienort sein, weil sie aus der Umgebung kam und sich keine Wohnung in einer anderen Stadt suchen musste. Zudem war sie so nicht an die Regelstudienzeit gebunden und musste nicht befürchten, das BAföG zu verlieren. „Rein praktische Gründe also“, fasst sie zusammen.
Faible für Konzeptionelles
Das Studium fiel ihr nicht leicht. „Aber in Mathe war ich gut“, erzählt sie. „Ich musste nicht darüber nachdenken.“ Sich schnell und effizient in neue Sachverhalte einzuarbeiten und Wissen systematisch und priorisiert aufzuarbeiten nützt ihr heute sehr. Fachlich allerdings konnte sie für sich nicht so viel herausziehen. In Automatisierungstechnik begeisterte sie Frau Dr. Annerose Braune, auch die praxisrelevanten Vorlesungen von Professor Leon Urbas von der Professur für Prozessleittechnik. „Mikroelektronik war nicht meins“, sagt Anna Menschner. Konzeptionelles liegt ihr dafür sehr. Technisches Verständnis auf jeden Fall auch. Ein halbes Jahr verbrachte sie im schwedischen Västerås, arbeitete dort an einem Automatisierungskonzept für den Bergbau.
Erkannte Probleme der Prozessindustrie
Nach dem Studium war sie ab 2014 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TUD-Professur für Prozessleittechnik und Arbeitsgruppe Systemverfahrenstechnik tätig. Das in ihrer Diplomarbeit bearbeitete Forschungsthema war der Grundstein dafür, die entwickelte Technologie in die Industrie zu überführen. Im Mai 2019 gründete Anna Menschner mit drei Co-Foundern mit einer dresden ∣ exists-Förderung die Firma SEMODIA. Als eine Geschäftsführerin ist sie für Produktentwicklung, Marketing und Vertrieb zuständig. Ein typischer Arbeitstag? „PowerPoint und Videokonferenzen.“ Der Name Semodia steht für „SEmantic MODelling In Automation“. Der Name ist Programm, sagt Anna Menschner, die mit ihrem Team die Probleme der Prozessindustrie erkannt hat und lösen möchte.
Für wen und wie SEMODIA arbeitet
Industrieanlagen sind sehr starr, müssen aber regelmäßig umgestellt werden, zum Beispiel in der Pharma-Industrie. Die unterschiedliche Automatisierungstechnik verträgt sich jedoch meist nicht. Dafür hat das SEMODIA-Team eine Art modularen Baukasten entwickelt. Eine Software, die wie ein Plug & Play-Drucker funktioniert, beschreibt jedes Modul. Gebraucht wird das in der Feinchemie und in der Pharmazie, in der Lebensmittelindustrie und in der Getränkebranche. Aber auch die Schifffahrt und die Wasserstoffindustrie profitieren von der Hightech-Technologie. Das Unternehmen liefert in den DACH-Bereich, europaweit und nach Singapur. „Während der Corona-Pandemie brachen die Messen weg. Für ein erklärungsbedürftiges Produkt ist das schwierig“, berichtet Anna Menschner. Das Team nutzte die Zeit, um das Produktportfolio zu erweitern. „Wir haben uns keine utopischen Kennzahlen vorgenommen“, nennt sie einen Grundsatz.
Chance ergriffen und glücklich damit
Dass sie einmal gründen würde war für die Diplom-Ingenieurin nicht von vornherein klar. „Wir haben die Chance ergriffen“, sagt sie und ist dankbar, viel Unterstützung bekommen zu haben. Das Beste ist für Anna Menschner die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „In der Corona-Zeit hat sich das besonders gezeigt“, sagt sie. Auch die Verantwortung und den freien Gestaltungsraum schätzt sie sehr. Heute möchte sie andere ermutigen, selbst ein Unternehmen zu gründen. Und sie wünscht sich, dass es ihre Firma in 30 Jahren noch gibt. Verbindungen zu ihrer Uni bestehen einige: ein TUD-Professor ist Gesellschafter und SEMODIA hat schon einige Studierende und Alumni eingestellt.
Mit ihrer Studienfachwahl ist Anna Menschner im Rückblick sehr glücklich. Sie sagt: „Ich wäre nicht dort, wo ich heute bin.“ Und: Ihren Mann und andere tolle Menschen hätte sie nicht kennengelernt. „Es ist alles gut, wie es gekommen ist“, findet sie.
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Anna Menschner
Managing Director & Co-Founder
SEMODIA GmbH
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