Innovationen als roter Faden
(interviewt im Jahr 2024)
Dagmar Möbius
Hannes Klöpper hätte nach seinem Bachelor-Studium der Internationalen Beziehungen Diplomat werden können. Er hat weiter studiert, zwei Start-ups mitgegründet und geführt, ein Buch geschrieben. Als CEO von HelloBetter, einem weltweit führenden Anbieter von digitalen Gesundheitsanwendungen, nutzt er heute sein Verhandlungsgeschick für psychische Gesundheit.
Das Aha-Erlebnis aus der Kindheit, das ihn zu seinem Studienwunsch führte, hat der 40-Jährige nicht parat. Im Jahr 2003 zog es den gebürtigen Göttinger nach Dresden, weil die Technische Universität damals die einzige bundesweit war, die den Bachelor-Studiengang Internationale Beziehungen anbot, und zwar am Zentrum für Internationale Beziehungen (ZIS). Mit einer weiteren Zulassung für St. Gallen in der Tasche entschied sich Hannes Klöpper für die sächsische Landeshauptstadt. Warum? „Dresden, damals ja erst ein Jahrzehnt nach der Wiedervereinigung, schien mir bunter, großstädtischer und dynamischer.“
Innovation als roter Faden
Es war der 5. Jahrgang dieses Studiengangs am Zentrum für internationale Studien. Ein akademisches Start-up sozusagen. „Ich habe mich immer für Dinge interessiert, die mir innovativ erschienen“, sagt Hannes Klöpper und erinnert sich: „Ein Bewerber von 19 wurde angenommen.“ Mit dem Effekt: „Alle, die da waren, wollten unbedingt da sein, alle waren sehr ambitioniert.“ Das Programm war sehr anspruchsvoll: Politik, Recht mit internationaler Perspektive, Geschichte, Wirtschaft. Vor allem von seinen Mitstudierenden hat er viel gelernt. Und er gibt zu: „Das Studium bereitet auf das Auswärtige Amt vor. Das ist jedoch eine relativ statische Welt. Wäre ich allein gewesen, hätte ich mich nicht so reingehangen, viele haben mich mitgezogen.“ Die interdisziplinäre Dialogfähigkeit nennt er als wichtigste Kompetenz, die er aus dem Studium in Dresden und einem Auslandssemester an der Universität Straßburg mitgenommen hat. Für das Leben fühlte er sich gut vorbereitet. Auf Nachfrage fallen ihm ein tolles Seminar mit Prof. em. Dr. Marco Lehmann-Waffenschmidt von der Professur für Volkswirtschaftslehre an der Fakultät Wirtschaftswissenschaften ein, bei dem er viel über die Grenzen menschlicher Rationalität in Entscheidungssituationen lernte.
Weitere Studien, ein Buch und das erste Start-up
In Berlin setzte Hannes Klöpper sein Studium fort. Er studierte Liberal Arts am European College of Liberal Arts und Public Policy an der Hertie School und an der Columbia University in New York. Praktika führten ihn ins Europäische Parlament und zur Stiftung Neue Verantwortung (now interface). „Bildung fand ich immer spannend und habe als Co-Autor ein dazu Buch geschrieben, wie man Hochschullehre weiterentwickeln könnte.“ Die Universität im 21. Jahrhundert: Für eine neue Einheit von Lehre, Forschung und Gesellschaft hatte er gemeinsam mit Yehuda Elkana (†) im Jahr 2012 publiziert. Parallel 2011 gründete Hannes Klöpper das Start-up iversity, das er bis 2017 als Geschäftsführer leitete. Die auf Hochschul- und Weiterbildungsangebote spezialisierte Online-Plattform gehört heute zu Springer Nature. „Ich habe sie in gute Hände abgegeben“, lacht er.
Mit HelloBetter DiGAs in die Versorgung bringen
Schon wartete die nächste Herausforderung. „Ich kam dazu wie die Jungfrau zum Kind“, schmunzelt der seit 18 Jahren in Berlin Lebende und meint HelloBetter, Anbieter von evidenzbasierten digitalen Therapieprogrammen, im Bereich der psychischen Gesundheit. Zunächst beriet Hannes Klöpper das aus einem Forschungsprojekt der Universität Lüneburg hervorgegangene Gründungsteam des GET.ON Instituts für Online Gesundheitstrainings. 2019 stieg er dann selbst ins Gründungsteam mit ein und fungiert seitdem als Chief Executive Officer. Ein Jahr später benannte sich die Firma um. HelloBetter entstand in einem kreativen Prozess. „Es war ein Kompromiss aus zwei Vorschlägen. Wir wollen mit dem Namen unser Wertversprechen transportieren“, erklärt der CEO. Rund zehn Millionen Forschungsgelder flossen über die Jahre in die Entwicklung und die klinischen Studien zu den Produkten. Zudem 25 Millionen an Wagniskapital privater Investoren. „Digitale Anwendungen (DiGAs) in die Versorgung bringen“, ist das erklärte Ziel. Zehn DiGAs hat das Unternehmen entwickelt. Sechs davon sind aktuell vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zugelassen und somit für alle gesetzlich Versicherten kostenfrei auf Rezept verfügbar. Über 80.000 Menschen nutzen diese bereits. Bei Angst, Burnout, Schlafstörungen, Stress oder chronischen Schmerzen, aber auch bei Vaginismus. Für diese und weitere noch nicht im DiGA-Verzeichnis aufgeführten digitalen Therapieprogramme, zum Beispiel zur Behandlung von Depression und Alkoholismus, existieren zudem Verträge mit bestimmten Krankenkassen.
Tägliche Agenda: Strategie & Finanzierung
Hannes Klöppers beruflicher Fokus liegt auf der Finanzierung und strategischen Herausforderungen für HelloBetter. Er verhandelt mit Investoren, führt politische Gespräche und informiert Kostenträger und Multiplikatoren: „Die Leute müssen erfahren, dass es DiGAs gibt.“ Als digitale Anwendung (DiGA) wird ein Programm nur zugelassen, wenn es nachweislich wirksam und datenschutzsicher ist und weitere Vorgaben erfüllt. „Sie werden auch nur zugelassen, wenn sie Behandlungen sind. Präventive Angebote sind keine DiGAs“, erklärt Hannes Klöpper. Das möchte er mit seinem Team aus über 150 Mitarbeitenden in Berlin und Hamburg langfristig gern ändern. .
„Mentale Gesundheit ist ein Menschenrecht“
„Wir glauben, dass mentale Gesundheit ein Menschenrecht ist und unterstützen Menschen dabei, selbstbestimmt ihre psychische Gesundheit zu verbessern“, erklärt er die Mission von HelloBetter. Als Arbeitgeber ist das Unternehmen beliebt. Voriges Jahr gab es 3.000 Bewerbungen, ohne dass dafür groß geworben wurde. „Jeder arbeitet dort, wo er den Laptop aufklappt“, umreißt Hannes Klöpper nur einen praktizierten Aspekt von new work. Zurzeit er mit anderen Unternehmern an Fusionsplänen. Ist alles in trockenen Tüchern, sind weitere Fachkräfte für Entwicklung, IT, Marketing Sales und Vertrieb willkommen. Gern auch von Studierenden oder Alumni der TUD, zu der Hannes Klöpper aktuell keine direkte Verbindung mehr hat. Mit seinen ehemaligen Kommilitoninnen und Kommilitonen steht er jedoch noch immer im Kontakt auch wenn es viele von ihnen eher in den akademischen Bereich gezogen hat
Als Technologie-Pionier ins chinesische Sommer-Davos
Über sich selbst spricht Hannes Klöpper wenig. Auf seine Arbeit aber kann er stolz sein: Gerade wurde HelloBetter vom Weltwirtschaftsforum als einer von 100 Technologiepioniere 2024 ausgezeichnet. Er berät den Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung und nahm am sogenannten Sommer-Davos des Weltwirtschaftsforums mit mehr als 1.500 internationalen Führungskräften aus Wirtschaft, Regierung, Zivilgesellschaft und Wissenschaft in China teil. Sicher ist: Innovationen bleiben der rote Faden in seinem Leben.
Kontakt:
Hannes Klöpper
CEO HelloBetter